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Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 3. Nürnberg, 1653.

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VIII.
staben b durch die vorsylben ver nicht geändert
wird. Wann auch das Wort zweydeutig ist/
wird es doch keinen richtigen Reimen schliessen/
wie in folgenden Exempel:

------ es bleibet das Gebürg
deß Volkes Sicherheit wolangesetzter Bürg.

74. Es ist in dem Poetischen Trüchter an vor-
gemeldem Ort gehandelt/ was für ein Vnter-
scheid/ zwischen den reinen und unreinen Reimen.
Hier fället nun ferners zu erinnern/ daß die rei-
nen Reimen
das Gedicht lieblich und leicht/ die
unreinen Reimen aber solcher hart/ schwer und
unangenehm machen/ dardurch nemlich die Re-
de gezwungen und hart wird/ zumahlen man der
Reimwörter eine grosse Anzahl findet/ und man
Ursach hat die gar zuschweren drey oder vierrei-
mige Gebände/ wie auch die harten Reimwort
zu fliehen. Wann aber solche eigne Nahmen in
den Jnhalt kommen müssen/ die entweder die Tro-
chäisch od' Jabisch wie Alexander/ Xenocrates rc
so darff ich/ nach dem wolgegründen Reim-
recht/
kein dactylisches Gebänd gebrauchen: Jn
dem Gegenstand/ sollen die dactyli zu den zwey-
sylbigen Reimgliedern nicht gebrauchet werden.
"Der lieblichste Reimschluß soll gleichsam selb-
"sten in die Rede fliessen und der Sachen gantz
"gemäß seyn/ welches in unsrer nicht weniger
"Wort-als Reimreichen Sprache/ sonder Ab-

bruch

VIII.
ſtaben b durch die vorſylben ver nicht geaͤndert
wird. Wann auch das Wort zweydeutig iſt/
wird es doch keinen richtigen Reimen ſchlieſſen/
wie in folgenden Exempel:

——— es bleibet das Gebuͤrg
deß Volkes Sicherheit wolangeſetzter Buͤrg.

74. Es iſt in dem Poëtiſchen Truͤchter an vor-
gemeldem Ort gehandelt/ was fuͤr ein Vnter-
ſcheid/ zwiſchen den reinen und unreinen Reimẽ.
Hier faͤllet nun ferners zu erinnern/ daß die rei-
nen Reimen
das Gedicht lieblich und leicht/ die
unreinen Reimen aber ſolcher hart/ ſchwer und
unangenehm machen/ dardurch nemlich die Re-
de gezwungen und hart wird/ zumahlen man der
Reimwoͤrter eine groſſe Anzahl findet/ und man
Urſach hat die gar zuſchweren drey oder vierrei-
mige Gebaͤnde/ wie auch die harten Reimwort
zu fliehen. Wann aber ſolche eigne Nahmen in
den Jnhalt kommen muͤſſen/ die entweder die Tro-
chaͤiſch od’ Jãbiſch wie Alexander/ Xenocrates ꝛc
ſo darff ich/ nach dem wolgegruͤnden Reim-
recht/
kein dactyliſches Gebaͤnd gebrauchen: Jn
dem Gegenſtand/ ſollen die dactyli zu den zwey-
ſylbigen Reimgliedern nicht gebrauchet werden.
„Der lieblichſte Reimſchluß ſoll gleichſam ſelb-
„ſten in die Rede flieſſen und der Sachen gantz
„gemaͤß ſeyn/ welches in unſrer nicht weniger
„Wort-als Reimreichen Sprache/ ſonder Ab-

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[78/0110] VIII. ſtaben b durch die vorſylben ver nicht geaͤndert wird. Wann auch das Wort zweydeutig iſt/ wird es doch keinen richtigen Reimen ſchlieſſen/ wie in folgenden Exempel: ——— es bleibet das Gebuͤrg deß Volkes Sicherheit wolangeſetzter Buͤrg. 74. Es iſt in dem Poëtiſchen Truͤchter an vor- gemeldem Ort gehandelt/ was fuͤr ein Vnter- ſcheid/ zwiſchen den reinen und unreinen Reimẽ. Hier faͤllet nun ferners zu erinnern/ daß die rei- nen Reimen das Gedicht lieblich und leicht/ die unreinen Reimen aber ſolcher hart/ ſchwer und unangenehm machen/ dardurch nemlich die Re- de gezwungen und hart wird/ zumahlen man der Reimwoͤrter eine groſſe Anzahl findet/ und man Urſach hat die gar zuſchweren drey oder vierrei- mige Gebaͤnde/ wie auch die harten Reimwort zu fliehen. Wann aber ſolche eigne Nahmen in den Jnhalt kommen muͤſſen/ die entweder die Tro- chaͤiſch od’ Jãbiſch wie Alexander/ Xenocrates ꝛc ſo darff ich/ nach dem wolgegruͤnden Reim- recht/ kein dactyliſches Gebaͤnd gebrauchen: Jn dem Gegenſtand/ ſollen die dactyli zu den zwey- ſylbigen Reimgliedern nicht gebrauchet werden. „Der lieblichſte Reimſchluß ſoll gleichſam ſelb- „ſten in die Rede flieſſen und der Sachen gantz „gemaͤß ſeyn/ welches in unſrer nicht weniger „Wort-als Reimreichen Sprache/ ſonder Ab- bruch

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Zitationshilfe: Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 3. Nürnberg, 1653, S. 78. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/harsdoerffer_trichter03_1653/110>, abgerufen am 24.11.2024.