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Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 2. Nürnberg, 1648.

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Die eilffte Stund.
weil die Gemüter eiferigst sollen bewegt werden/
ist zu den Trauer- und Hirtenspielen das Reimge-
bänd gebräuchlich/ welches gleich einer Trompeten
die Wort/ und Stimme einzwenget/ daß sie so
viel grössern Nachdruk haben. Zu den Freuden-
spielen dienet auch die ungebundene Rede/ in wel-
cher der Dichter gleichsowol seine Enfindung kan
sehen lassen.

8. VI. Kommen oftermeldte Schauspiele
miteinander überein in den Worten; wann nem-
lich sowol in dem Trauer als Freudenspielen hohe
Sachen mit hohen Worten/ und hingegen gerin-
ge Sachen mit schlechten und gemeinen Reden
fürgebracht werden sollen. Ein alter Mann sol
keine Kindische/ und ein Knab keine verständige
Reden führen. Jedoch werden hier ausgenom-
men die Hirten und Schäfer/ welchen zugelassen
aus allerhand Wissenschaften schickliche Einfäl-
le mit unterzumischen/ wie hiervon in dem ersten
Theil der Pegnitz-Schäferey aus Mesuardiere
Meldung beschehen.

9. Folget nun von jeden absonderlich/ und
zwar erstlich von den Trauerspielen/ also benamt/
weil in denselben traurige Geschichte verhandelt
werden; nicht zwar dergestalt/ wie etliche vermei-
nen/ daß der Ausgang nohtwendig traurig seyn

müsse

Die eilffte Stund.
weil die Gemuͤter eiferigſt ſollen bewegt werden/
iſt zu den Trauer- und Hirtenſpielen das Reimge-
baͤnd gebraͤuchlich/ welches gleich einer Trompetẽ
die Wort/ und Stimme einzwenget/ daß ſie ſo
viel groͤſſern Nachdruk haben. Zu den Freuden-
ſpielen dienet auch die ungebundene Rede/ in wel-
cher der Dichter gleichſowol ſeine Enfindung kan
ſehen laſſen.

8. VI. Kommen oftermeldte Schauſpiele
miteinander uͤberein in den Worten; wann nem-
lich ſowol in dem Trauer als Freudenſpielen hohe
Sachen mit hohen Worten/ und hingegen gerin-
ge Sachen mit ſchlechten und gemeinen Reden
fuͤrgebracht werden ſollen. Ein alter Mann ſol
keine Kindiſche/ und ein Knab keine verſtaͤndige
Reden fuͤhren. Jedoch werden hier ausgenom-
men die Hirten und Schaͤfer/ welchen zugelaſſen
aus allerhand Wiſſenſchaften ſchickliche Einfaͤl-
le mit unterzumiſchen/ wie hiervon in dem erſten
Theil der Pegnitz-Schaͤferey aus Meſuardiere
Meldung beſchehen.

9. Folget nun von jeden abſonderlich/ und
zwar erſtlich von den Trauerſpielen/ alſo benamt/
weil in denſelben traurige Geſchichte verhandelt
werden; nicht zwar dergeſtalt/ wie etliche vermei-
nen/ daß der Ausgang nohtwendig traurig ſeyn

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[79/0093] Die eilffte Stund. weil die Gemuͤter eiferigſt ſollen bewegt werden/ iſt zu den Trauer- und Hirtenſpielen das Reimge- baͤnd gebraͤuchlich/ welches gleich einer Trompetẽ die Wort/ und Stimme einzwenget/ daß ſie ſo viel groͤſſern Nachdruk haben. Zu den Freuden- ſpielen dienet auch die ungebundene Rede/ in wel- cher der Dichter gleichſowol ſeine Enfindung kan ſehen laſſen. 8. VI. Kommen oftermeldte Schauſpiele miteinander uͤberein in den Worten; wann nem- lich ſowol in dem Trauer als Freudenſpielen hohe Sachen mit hohen Worten/ und hingegen gerin- ge Sachen mit ſchlechten und gemeinen Reden fuͤrgebracht werden ſollen. Ein alter Mann ſol keine Kindiſche/ und ein Knab keine verſtaͤndige Reden fuͤhren. Jedoch werden hier ausgenom- men die Hirten und Schaͤfer/ welchen zugelaſſen aus allerhand Wiſſenſchaften ſchickliche Einfaͤl- le mit unterzumiſchen/ wie hiervon in dem erſten Theil der Pegnitz-Schaͤferey aus Meſuardiere Meldung beſchehen. 9. Folget nun von jeden abſonderlich/ und zwar erſtlich von den Trauerſpielen/ alſo benamt/ weil in denſelben traurige Geſchichte verhandelt werden; nicht zwar dergeſtalt/ wie etliche vermei- nen/ daß der Ausgang nohtwendig traurig ſeyn muͤſſe

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Zitationshilfe: Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 2. Nürnberg, 1648, S. 79. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/harsdoerffer_trichter02_1648/93>, abgerufen am 27.04.2024.