Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 2. Nürnberg, 1648.Die zwölffte Stund. Exempel ist die Japeta aus dem Frantzösischenübersetzet/ und kan man solche Freudenspiele/ son- der dem darzugehörigen Schlüssel nicht völlig ver- stehen. Solcher massen solte man können einfüh- ren den Krieg als einen König/ die Vngerechtig- keit als einen Feldherrn/ den Betrug als seinen Cantzler/ den Raub als seine Schatzmeister/ den Brand als seine Hofmeister/ die Armut/ Hunger und Durst/ als Hofdiener. Hingegen könte der Fried als eine verjagte Königin vorgestellet werden/ welche vermittelst der Tugenden und Wissenschaften geringen Aufenthalt hat/ und den Teutschen Heldenmut absondert/ die Ei- nigkeit zu suchen/ und des alten Vertrauens Ehrenseule/ mit Verwilligung des Kriegs-Kö- nigs aufzurichten/ und den güldnen Frieden in vorigen Besitz wieder zu bringen. Zu dieser Hand- lung wird abgeordnet der Betrug/ etc. Wolte man jetzt besagte Personen in einem Trauer-Freu- denspiele vorstellen/ so könte die Vorrednerin seyn die Christliche Kirche/ oder auch Teutsch- land/ und könte auch alles in ein Gedicht verfasset werden. Dem Verständigen gnug gesagt. 8. Der Schauplatz in den Trauerspielen ist ser/
Die zwoͤlffte Stund. Exempel iſt die Japeta aus dem Frantzoͤſiſchenuͤberſetzet/ und kan man ſolche Freudenſpiele/ ſon- der dem darzugehoͤrigen Schluͤſſel nicht voͤllig ver- ſtehen. Solcher maſſen ſolte man koͤnnen einfuͤh- ren den Krieg als einen Koͤnig/ die Vngerechtig- keit als einen Feldherrn/ den Betrug als ſeinen Cantzler/ den Raub als ſeine Schatzmeiſter/ den Brand als ſeine Hofmeiſter/ die Armut/ Hunger und Durſt/ als Hofdiener. Hingegen koͤnte der Fried als eine verjagte Koͤnigin vorgeſtellet werden/ welche vermittelſt der Tugenden und Wiſſenſchaften geringen Aufenthalt hat/ und den Teutſchen Heldenmut abſondert/ die Ei- nigkeit zu ſuchen/ und des alten Vertrauens Ehrenſeule/ mit Verwilligung des Kriegs-Koͤ- nigs aufzurichten/ und den guͤldnen Frieden in vorigen Beſitz wieder zu bringen. Zu dieſer Hand- lung wird abgeordnet der Betrug/ ꝛc. Wolte man jetzt beſagte Perſonen in einem Trauer-Freu- denſpiele vorſtellen/ ſo koͤnte die Vorrednerin ſeyn die Chriſtliche Kirche/ oder auch Teutſch- land/ und koͤnte auch alles in ein Gedicht verfaſſet werden. Dem Verſtaͤndigen gnug geſagt. 8. Der Schauplatz in den Trauerſpielen iſt ſer/
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Die zwoͤlffte Stund.
Exempel iſt die Japeta aus dem Frantzoͤſiſchen
uͤberſetzet/ und kan man ſolche Freudenſpiele/ ſon-
der dem darzugehoͤrigen Schluͤſſel nicht voͤllig ver-
ſtehen. Solcher maſſen ſolte man koͤnnen einfuͤh-
ren den Krieg als einen Koͤnig/ die Vngerechtig-
keit als einen Feldherrn/ den Betrug als ſeinen
Cantzler/ den Raub als ſeine Schatzmeiſter/ den
Brand als ſeine Hofmeiſter/ die Armut/ Hunger
und Durſt/ als Hofdiener. Hingegen koͤnte
der Fried als eine verjagte Koͤnigin vorgeſtellet
werden/ welche vermittelſt der Tugenden und
Wiſſenſchaften geringen Aufenthalt hat/ und
den Teutſchen Heldenmut abſondert/ die Ei-
nigkeit zu ſuchen/ und des alten Vertrauens
Ehrenſeule/ mit Verwilligung des Kriegs-Koͤ-
nigs aufzurichten/ und den guͤldnen Frieden in
vorigen Beſitz wieder zu bringen. Zu dieſer Hand-
lung wird abgeordnet der Betrug/ ꝛc. Wolte man
jetzt beſagte Perſonen in einem Trauer-Freu-
denſpiele vorſtellen/ ſo koͤnte die Vorrednerin
ſeyn die Chriſtliche Kirche/ oder auch Teutſch-
land/ und koͤnte auch alles in ein Gedicht verfaſſet
werden. Dem Verſtaͤndigen gnug geſagt.
8. Der Schauplatz in den Trauerſpielen iſt
beſetzt mit Koͤniglichen Palaͤſten/ wolgezierten
Gaͤrten/ Jagthaͤuſern/ Thiergaͤrtẽ/ ꝛc. der Schau-
platz zu den Freudenſpielen erfordert Wirtshaͤu-
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