Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 1. 2. Aufl. Nürnberg, 1650.

Bild:
<< vorherige Seite
Die erste Stund.
Ja gute Werke sind bey Gott nicht ange-
sehen/
wann sie von uns ohn Lieb- und Glau-
bensliecht geschehen.

Diese und noch viel dergleichen Reimen kön-
nen/ mit Fug/ kein Gedicht genennet werden/ weil
keine sinnreiche Erfindung angebracht und diese
Reimwörter kein Gedicht machen: Vielleicht a-
ber solt obgemeldter Jnhalt füglicher durch eine
Gleichniß ausgebildet werden: wann wir unsren
Glauben mit einer Laute/ die Werke aber mit de-
roselben Säiten vereinbahren/ folgender Gestalt.

DIe Laute redet.
ICh konte vor der Zeit das Sorgen-
wachen stillen/
die Furcht/ die blasse Furcht mit meinem
Ton verhüllen.
Die Winde hörten mich/ der Bäche Li-
spelgang (Klang.
verzögert' auenwarts/ ob meinem süssen
Nun ist mein Freudenlied in neues Leid ge-
wendet/ (schändet/
Jch bin ein leeres Holtz/ beraubet und ge-
geschän-
Die erſte Stund.
Ja gute Werke ſind bey Gott nicht ange-
ſehen/
wann ſie von uns ohn Lieb- und Glau-
bensliecht geſchehen.

Dieſe und noch viel dergleichen Reimen koͤn-
nen/ mit Fug/ kein Gedicht genennet werden/ weil
keine ſinnreiche Erfindung angebracht und dieſe
Reimwoͤrter kein Gedicht machen: Vielleicht a-
ber ſolt obgemeldter Jnhalt fuͤglicher durch eine
Gleichniß ausgebildet werden: wann wir unſren
Glauben mit einer Laute/ die Werke aber mit de-
roſelben Saͤiten vereinbahren/ folgender Geſtalt.

DIe Laute redet.
ICh konte vor der Zeit das Sorgen-
wachen ſtillen/
die Furcht/ die blaſſe Furcht mit meinem
Ton verhuͤllen.
Die Winde hoͤrten mich/ der Baͤche Li-
ſpelgang (Klang.
verzoͤgert’ auenwarts/ ob meinem ſuͤſſen
Nun iſt mein Freudenlied in neues Leid ge-
wendet/ (ſchaͤndet/
Jch bin ein leeres Holtz/ beraubet und ge-
geſchaͤn-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <pb facs="#f0031" n="13"/>
            <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Die er&#x017F;te Stund.</hi> </fw><lb/>
            <l> <hi rendition="#fr">Ja gute Werke &#x017F;ind bey Gott nicht ange-</hi> </l><lb/>
            <l> <hi rendition="#fr"> <hi rendition="#et">&#x017F;ehen/</hi> </hi> </l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">wann &#x017F;ie von uns ohn Lieb- und Glau-</hi> </l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et"> <hi rendition="#et">bensliecht ge&#x017F;chehen.</hi> </hi> </l>
          </lg><lb/>
          <p>Die&#x017F;e und noch viel dergleichen Reimen ko&#x0364;n-<lb/>
nen/ mit Fug/ kein Gedicht genennet werden/ weil<lb/>
keine &#x017F;innreiche Erfindung angebracht und die&#x017F;e<lb/>
Reimwo&#x0364;rter kein Gedicht machen: Vielleicht a-<lb/>
ber &#x017F;olt obgemeldter Jnhalt fu&#x0364;glicher durch eine<lb/>
Gleichniß ausgebildet werden: wann wir un&#x017F;ren<lb/>
Glauben mit einer Laute/ die Werke aber mit de-<lb/>
ro&#x017F;elben Sa&#x0364;iten vereinbahren/ folgender Ge&#x017F;talt.</p><lb/><lb/>
          <lg type="poem">
            <head> <hi rendition="#fr"><hi rendition="#in">D</hi>Ie Laute redet.</hi> </head>
            <l> <hi rendition="#fr"><hi rendition="#in">I</hi>Ch konte vor der Zeit das Sorgen-</hi> </l><lb/>
            <l> <hi rendition="#in"> <hi rendition="#et">wachen &#x017F;tillen/</hi> </hi> </l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">die Furcht/ die bla&#x017F;&#x017F;e Furcht mit meinem</hi> </l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et"> <hi rendition="#et">Ton verhu&#x0364;llen.</hi> </hi> </l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">Die Winde ho&#x0364;rten mich/ der Ba&#x0364;che Li-</hi> </l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et"> <hi rendition="#et">&#x017F;pelgang (Klang.</hi> </hi> </l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">verzo&#x0364;gert&#x2019; auenwarts/ ob meinem &#x017F;u&#x0364;&#x017F;&#x017F;en</hi> </l><lb/>
            <l><hi rendition="#et">Nun i&#x017F;t mein Freuden</hi>lied <hi rendition="#fr">in neues</hi> Leid <hi rendition="#fr">ge-</hi></l><lb/>
            <l> <hi rendition="#fr"> <hi rendition="#et">wendet/ (&#x017F;cha&#x0364;ndet/</hi> </hi> </l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">Jch bin ein leeres Holtz/ beraubet und ge-</hi> </l><lb/>
            <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#fr">ge&#x017F;cha&#x0364;n-</hi> </fw><lb/>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[13/0031] Die erſte Stund. Ja gute Werke ſind bey Gott nicht ange- ſehen/ wann ſie von uns ohn Lieb- und Glau- bensliecht geſchehen. Dieſe und noch viel dergleichen Reimen koͤn- nen/ mit Fug/ kein Gedicht genennet werden/ weil keine ſinnreiche Erfindung angebracht und dieſe Reimwoͤrter kein Gedicht machen: Vielleicht a- ber ſolt obgemeldter Jnhalt fuͤglicher durch eine Gleichniß ausgebildet werden: wann wir unſren Glauben mit einer Laute/ die Werke aber mit de- roſelben Saͤiten vereinbahren/ folgender Geſtalt. DIe Laute redet.ICh konte vor der Zeit das Sorgen- wachen ſtillen/ die Furcht/ die blaſſe Furcht mit meinem Ton verhuͤllen. Die Winde hoͤrten mich/ der Baͤche Li- ſpelgang (Klang. verzoͤgert’ auenwarts/ ob meinem ſuͤſſen Nun iſt mein Freudenlied in neues Leid ge- wendet/ (ſchaͤndet/ Jch bin ein leeres Holtz/ beraubet und ge- geſchaͤn-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/harsdoerffer_trichter01_1650
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/harsdoerffer_trichter01_1650/31
Zitationshilfe: Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 1. 2. Aufl. Nürnberg, 1650, S. 13. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/harsdoerffer_trichter01_1650/31>, abgerufen am 23.11.2024.