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Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 1. 2. Aufl. Nürnberg, 1650.

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Die erste Stund.
tet; allermassen ihnen auch gleichergestalt von den
Oraculis, oder Götzen-Stimmen geweissaget
worden. *

4. Wir Christen/ die wir den allmächtigen
Gott/ nicht nur aus seinen Wercken/ sondern auch
aus seinem Wort erkennen/ sollen uns der Hey-
den Fabelwerk enthalten: die sich auch nicht ge-
scheuet/ ihren Göttern solche Laster anzudichten/
mit welchen die Dichter selbsten schändlichst befle-
cket gewesen. Doch kan man mit Bescheidenheit
derer Fabel wol gebrauchen/ in welchen natürliche
Ursachen bedeutet/ oder sondere Lehren verborgen
sind. Daß aber auch in geistlichen Sachen/ wel-
che durch das Liecht der verständigen Seele er-
leuchtet werden müssen/ ein Poetischer Geist zu er-
weisen/ ist unter andern zu ersehen in den Son-
tagsandachten/ bestehend in einem neulich her-
aus gegebenem Bild-Lieder-vnd Gesangbuch/ in
dessen Vorrede viel hieher gehöriges zu lesen.

II.

5. Der Poet handelt von allen und ieden Sa-
chen/ die ihm vorkommen/ wie der Mahler alles/
was er sihet/ bildet; ja auch/ was er nie gesehen/ als
in seinen sinnreichen Gedanken: Deswegen wird
er auch ein Poet/ oder Dichter genennet/ daß er

nem-
* Hierinnen hat der böse Feind/ als Gottes Aff/ der He-
breer Gebrauch bey den Opfern nachahmen wollen.
A ij

Die erſte Stund.
tet; allermaſſen ihnen auch gleichergeſtalt von den
Oraculis, oder Goͤtzen-Stimmen geweiſſaget
worden. *

4. Wir Chriſten/ die wir den allmaͤchtigen
Gott/ nicht nur aus ſeinen Werckẽ/ ſondern auch
aus ſeinem Wort erkennen/ ſollen uns der Hey-
den Fabelwerk enthalten: die ſich auch nicht ge-
ſcheuet/ ihren Goͤttern ſolche Laſter anzudichten/
mit welchen die Dichter ſelbſten ſchaͤndlichſt befle-
cket geweſen. Doch kan man mit Beſcheidenheit
derer Fabel wol gebrauchen/ in welchen natuͤrliche
Urſachen bedeutet/ oder ſondere Lehren verborgen
ſind. Daß aber auch in geiſtlichen Sachen/ wel-
che durch das Liecht der verſtaͤndigen Seele er-
leuchtet werden muͤſſen/ ein Poetiſcher Geiſt zu er-
weiſen/ iſt unter andern zu erſehen in den Son-
tagsandachten/ beſtehend in einem neulich her-
aus gegebenem Bild-Lieder-vnd Geſangbuch/ in
deſſen Vorrede viel hieher gehoͤriges zu leſen.

II.

5. Der Poet handelt von allen und ieden Sa-
chen/ die ihm vorkommen/ wie der Mahler alles/
was er ſihet/ bildet; ja auch/ was er nie geſehen/ als
in ſeinen ſinnreichen Gedanken: Deswegen wird
er auch ein Poet/ oder Dichter genennet/ daß er

nem-
* Hierinnen hat der boͤſe Feind/ als Gottes Aff/ der He-
breer Gebrauch bey den Opfern nachahmen wollen.
A ij
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[3/0021] Die erſte Stund. tet; allermaſſen ihnen auch gleichergeſtalt von den Oraculis, oder Goͤtzen-Stimmen geweiſſaget worden. * 4. Wir Chriſten/ die wir den allmaͤchtigen Gott/ nicht nur aus ſeinen Werckẽ/ ſondern auch aus ſeinem Wort erkennen/ ſollen uns der Hey- den Fabelwerk enthalten: die ſich auch nicht ge- ſcheuet/ ihren Goͤttern ſolche Laſter anzudichten/ mit welchen die Dichter ſelbſten ſchaͤndlichſt befle- cket geweſen. Doch kan man mit Beſcheidenheit derer Fabel wol gebrauchen/ in welchen natuͤrliche Urſachen bedeutet/ oder ſondere Lehren verborgen ſind. Daß aber auch in geiſtlichen Sachen/ wel- che durch das Liecht der verſtaͤndigen Seele er- leuchtet werden muͤſſen/ ein Poetiſcher Geiſt zu er- weiſen/ iſt unter andern zu erſehen in den Son- tagsandachten/ beſtehend in einem neulich her- aus gegebenem Bild-Lieder-vnd Geſangbuch/ in deſſen Vorrede viel hieher gehoͤriges zu leſen. II. 5. Der Poet handelt von allen und ieden Sa- chen/ die ihm vorkommen/ wie der Mahler alles/ was er ſihet/ bildet; ja auch/ was er nie geſehen/ als in ſeinen ſinnreichen Gedanken: Deswegen wird er auch ein Poet/ oder Dichter genennet/ daß er nem- * Hierinnen hat der boͤſe Feind/ als Gottes Aff/ der He- breer Gebrauch bey den Opfern nachahmen wollen. A ij

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Zitationshilfe: Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 1. 2. Aufl. Nürnberg, 1650, S. 3. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/harsdoerffer_trichter01_1650/21>, abgerufen am 25.11.2024.