Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 1. 2. Aufl. Nürnberg, 1650.

Bild:
<< vorherige Seite
Die sechste Stund.
[Abbildung] [Abbildung] allen/ die darum bitten dich etc.

da doch das en in allen und bitten nicht lang ste-
hen kan.

28. Also ist auch gröblich gefehlt/ wann die
Wörter nicht in gebührlicher Ordnung aufein-
ander folgen/ und wegen deß Reimens versetzet
werden.

Nur Staub wir Menschen sind und Er-
den/
was ich bin/ du das auch must werden.

Oder:

Ach lieben Leute nicht so übel lebet!
vielmehr der Tugend allezeit euch gebet.

Also sind die Wörter verkehrt wann man sagt:
Die Blumen schön/ die Röslein roht/ die
Sinne klug/ etc.

Findet man doch mehrmals rechtgemässne
Reimzeilen/ in ungebundner Rede/ warüm solte
man die Ordnung der Wörter nicht in der ge-
bundnen Rede beobachten können? Als im 23
Psalm.

[Abbildung] Er weidet mich auf einer grünen Auen.

Jm 25. Psalm.

Gedenke nicht der Sünden meiner Jugend.
Jm
Die ſechſte Stund.
[Abbildung] [Abbildung] allen/ die darum bitten dich ꝛc.

da doch das en in allen und bitten nicht lang ſte-
hen kan.

28. Alſo iſt auch groͤblich gefehlt/ wann die
Woͤrter nicht in gebuͤhrlicher Ordnung aufein-
ander folgen/ und wegen deß Reimens verſetzet
werden.

Nur Staub wir Menſchen ſind und Er-
den/
was ich bin/ du das auch muſt werden.

Oder:

Ach lieben Leute nicht ſo uͤbel lebet!
vielmehr der Tugend allezeit euch gebet.

Alſo ſind die Woͤrter verkehrt wann man ſagt:
Die Blumen ſchoͤn/ die Roͤslein roht/ die
Sinne klug/ ꝛc.

Findet man doch mehrmals rechtgemaͤſſne
Reimzeilen/ in ungebundner Rede/ waruͤm ſolte
man die Ordnung der Woͤrter nicht in der ge-
bundnen Rede beobachten koͤnnen? Als im 23
Pſalm.

[Abbildung] Er weidet mich auf einer gruͤnen Auen.

Jm 25. Pſalm.

Gedenke nicht der Suͤnden meiner Jugend.
Jm
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0134" n="120[116]"/>
          <fw place="top" type="header">Die &#x017F;ech&#x017F;te Stund.</fw><lb/>
          <lg type="poem">
            <l>
              <figure/>
            </l>
            <l>
              <figure/> <hi rendition="#fr">allen/ die darum bitten dich &#xA75B;c.</hi> </l>
          </lg><lb/>
          <p>da doch das <hi rendition="#fr">en</hi> in <hi rendition="#fr">allen</hi> und <hi rendition="#fr">bitten</hi> nicht lang &#x017F;te-<lb/>
hen kan.</p><lb/>
          <p>28. Al&#x017F;o i&#x017F;t auch gro&#x0364;blich gefehlt/ wann die<lb/>
Wo&#x0364;rter nicht in gebu&#x0364;hrlicher Ordnung aufein-<lb/>
ander folgen/ und wegen deß Reimens ver&#x017F;etzet<lb/>
werden.</p><lb/>
          <lg type="poem">
            <l> <hi rendition="#fr">Nur Staub wir Men&#x017F;chen &#x017F;ind und Er-</hi> </l><lb/>
            <l> <hi rendition="#fr"> <hi rendition="#et">den/</hi> </hi> </l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">was ich bin/ du das auch mu&#x017F;t werden.</hi> </l>
          </lg><lb/>
          <p> <hi rendition="#c">Oder:</hi> </p><lb/>
          <lg type="poem">
            <l> <hi rendition="#fr">Ach lieben Leute nicht &#x017F;o u&#x0364;bel lebet!</hi> </l><lb/>
            <l> <hi rendition="#fr">vielmehr der Tugend allezeit euch gebet.</hi> </l>
          </lg><lb/>
          <p>Al&#x017F;o &#x017F;ind die Wo&#x0364;rter verkehrt wann man &#x017F;agt:<lb/>
Die <hi rendition="#fr">Blumen &#x017F;cho&#x0364;n/</hi> die <hi rendition="#fr">Ro&#x0364;slein roht/</hi> die<lb/><hi rendition="#fr">Sinne klug/</hi> &#xA75B;c.</p><lb/>
          <p>Findet man doch mehrmals rechtgema&#x0364;&#x017F;&#x017F;ne<lb/>
Reimzeilen/ in ungebundner Rede/ waru&#x0364;m &#x017F;olte<lb/>
man die Ordnung der Wo&#x0364;rter nicht in der ge-<lb/>
bundnen Rede beobachten ko&#x0364;nnen? Als im 23<lb/>
P&#x017F;alm.</p><lb/>
          <figure/>
          <cit>
            <quote>Er weidet mich auf einer gru&#x0364;nen Auen.</quote>
          </cit><lb/>
          <p> <hi rendition="#c">Jm 25. P&#x017F;alm.</hi> </p><lb/>
          <cit>
            <quote>Gedenke nicht der Su&#x0364;nden meiner Jugend.</quote>
          </cit><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">Jm</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[120[116]/0134] Die ſechſte Stund. [Abbildung] [Abbildung] allen/ die darum bitten dich ꝛc. da doch das en in allen und bitten nicht lang ſte- hen kan. 28. Alſo iſt auch groͤblich gefehlt/ wann die Woͤrter nicht in gebuͤhrlicher Ordnung aufein- ander folgen/ und wegen deß Reimens verſetzet werden. Nur Staub wir Menſchen ſind und Er- den/ was ich bin/ du das auch muſt werden. Oder: Ach lieben Leute nicht ſo uͤbel lebet! vielmehr der Tugend allezeit euch gebet. Alſo ſind die Woͤrter verkehrt wann man ſagt: Die Blumen ſchoͤn/ die Roͤslein roht/ die Sinne klug/ ꝛc. Findet man doch mehrmals rechtgemaͤſſne Reimzeilen/ in ungebundner Rede/ waruͤm ſolte man die Ordnung der Woͤrter nicht in der ge- bundnen Rede beobachten koͤnnen? Als im 23 Pſalm. [Abbildung] Er weidet mich auf einer gruͤnen Auen. Jm 25. Pſalm. Gedenke nicht der Suͤnden meiner Jugend. Jm

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/harsdoerffer_trichter01_1650
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/harsdoerffer_trichter01_1650/134
Zitationshilfe: Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 1. 2. Aufl. Nürnberg, 1650, S. 120[116]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/harsdoerffer_trichter01_1650/134>, abgerufen am 30.11.2024.