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Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 1. 2. Aufl. Nürnberg, 1650.

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Die VI. Stund.
Von Zierlichkeit und Fehlern in den
Gedichten.

ES ist noch übrig von der Zierlichkeit
und den Fehlern in den Gedichten
mit wenigen zu gedenken/ und zwar

I. von der Zierlichkeit der Er-
findung/ und des Jnhalts.

II. von der Zierlichkeit der Wörter.
III. von den Fehlern und dem Mißklang
der übelgesetzten Wörter in den Ge-
dichten.

IV. von den Fehlern in dem Reimschluß/
und dem Gebände.

I.

Der Philosophus bringt seine Sachen mit
schlechten Worten für/ weil seine Gedanken hoch
und sinnreich sind/ und sonst nicht könten verstan-
den werden. Der Redner bringt seinen Handel
prächtig und beweglich zu Markt/ bedienet sich
auch zuzeiten der poetischen Wortgleichung und
solcher Figuren/ welche ihm mit dem Poeten ge-
mein sind. Der Dichter aber führt eine gantz an-
dere Art/ indem er gleichsam aus etwas nichts

bil-
G


Die VI. Stund.
Von Zierlichkeit und Fehlern in den
Gedichten.

ES iſt noch uͤbrig võ der Zierlichkeit
und den Fehlern in den Gedichten
mit wenigen zu gedenken/ und zwar

I. von der Zierlichkeit der Er-
findung/ und des Jnhalts.

II. von der Zierlichkeit der Woͤrter.
III. von den Fehlern und dem Mißklang
der uͤbelgeſetzten Woͤrter in den Ge-
dichten.

IV. von den Fehlern in dem Reimſchluß/
und dem Gebaͤnde.

I.

Der Philoſophus bringt ſeine Sachen mit
ſchlechten Worten fuͤr/ weil ſeine Gedanken hoch
und ſiñreich ſind/ und ſonſt nicht koͤnten verſtan-
den werden. Der Redner bringt ſeinen Handel
praͤchtig und beweglich zu Markt/ bedienet ſich
auch zuzeiten der poetiſchen Wortgleichung und
ſolcher Figuren/ welche ihm mit dem Poeten ge-
mein ſind. Der Dichter aber fuͤhrt eine gantz an-
dere Art/ indem er gleichſam aus etwas nichts

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[101[97]/0115] Die VI. Stund. Von Zierlichkeit und Fehlern in den Gedichten. ES iſt noch uͤbrig võ der Zierlichkeit und den Fehlern in den Gedichten mit wenigen zu gedenken/ und zwar I. von der Zierlichkeit der Er- findung/ und des Jnhalts. II. von der Zierlichkeit der Woͤrter. III. von den Fehlern und dem Mißklang der uͤbelgeſetzten Woͤrter in den Ge- dichten. IV. von den Fehlern in dem Reimſchluß/ und dem Gebaͤnde. I. Der Philoſophus bringt ſeine Sachen mit ſchlechten Worten fuͤr/ weil ſeine Gedanken hoch und ſiñreich ſind/ und ſonſt nicht koͤnten verſtan- den werden. Der Redner bringt ſeinen Handel praͤchtig und beweglich zu Markt/ bedienet ſich auch zuzeiten der poetiſchen Wortgleichung und ſolcher Figuren/ welche ihm mit dem Poeten ge- mein ſind. Der Dichter aber fuͤhrt eine gantz an- dere Art/ indem er gleichſam aus etwas nichts bil- G

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Zitationshilfe: Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 1. 2. Aufl. Nürnberg, 1650, S. 101[97]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/harsdoerffer_trichter01_1650/115>, abgerufen am 23.11.2024.