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Harenberg, Johann Christoph: Vernünftige und Christliche Gedancken Uber die VAMPIRS Oder Bluhtsaugende Todten. Wolfenbüttel, 1733.

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daß einige lebendige die Gestalt der Wölffe annehmen und die andern Menschen erwürgen. Die erste Meinung ist so alt, daß man sie annoch über die Zeit der geschriebenen Bücher hinaussetzen muß. Denn albereits zu den Zeiten Mosis hat man den Leichnahmen und Seelen in den Gräbern sonderbahre Würckungen über die lebendigen zugeschrieben: Und die Dido (a) drohet dem Aeneae, ihrem Geliebten, daß sie ihn, wenn sie gestorben, plagen und verfolgen wolle. Virgilius, der diese Geschichte also erdichtet, hat sich alzeit nach den alten Meinungen der Griechen, so bey dem Homero (b) vorkommen, gerichtet, und seinem Gedichte die Glaubwürdigkeit, so viel möglich war, gegeben. Die andere Meinung von den Wehrwölffen komt albereits bey dem Herodoto vor, welcher fünfhundert Jahr vor der Geburt Christi gelebet hat. Einige haben annoch hinzugefüget, daß die bösen Seelen der Leichnahme und die Teufels den andern todten Leichnahmen schaden können. Die Juden schneiden die vier Zipfel von den Todten-Leibach, damit der gestorbene nicht anfan-

(a) VIRGILIVS Aen. IV. v 385. Sqq.
(b) EVERHARDVS FEITHIVS Antiqq. Homer. L.I. c.17.

daß einige lebendige die Gestalt der Wölffe annehmen und die andern Menschen erwürgen. Die erste Meinung ist so alt, daß man sie annoch über die Zeit der geschriebenen Bücher hinaussetzen muß. Denn albereits zu den Zeiten Mosis hat man den Leichnahmen und Seelen in den Gräbern sonderbahre Würckungen über die lebendigen zugeschrieben: Und die Dido (a) drohet dem Aeneae, ihrem Geliebten, daß sie ihn, wenn sie gestorben, plagen und verfolgen wolle. Virgilius, der diese Geschichte also erdichtet, hat sich alzeit nach den alten Meinungen der Griechen, so bey dem Homero (b) vorkommen, gerichtet, und seinem Gedichte die Glaubwürdigkeit, so viel möglich war, gegeben. Die andere Meinung von den Wehrwölffen komt albereits bey dem Herodoto vor, welcher fünfhundert Jahr vor der Geburt Christi gelebet hat. Einige haben annoch hinzugefüget, daß die bösen Seelen der Leichnahme und die Teufels den andern todten Leichnahmen schaden können. Die Juden schneiden die vier Zipfel von den Todten-Leibach, damit der gestorbene nicht anfan-

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[8/0006] daß einige lebendige die Gestalt der Wölffe annehmen und die andern Menschen erwürgen. Die erste Meinung ist so alt, daß man sie annoch über die Zeit der geschriebenen Bücher hinaussetzen muß. Denn albereits zu den Zeiten Mosis hat man den Leichnahmen und Seelen in den Gräbern sonderbahre Würckungen über die lebendigen zugeschrieben: Und die Dido (a) drohet dem Aeneae, ihrem Geliebten, daß sie ihn, wenn sie gestorben, plagen und verfolgen wolle. Virgilius, der diese Geschichte also erdichtet, hat sich alzeit nach den alten Meinungen der Griechen, so bey dem Homero (b) vorkommen, gerichtet, und seinem Gedichte die Glaubwürdigkeit, so viel möglich war, gegeben. Die andere Meinung von den Wehrwölffen komt albereits bey dem Herodoto vor, welcher fünfhundert Jahr vor der Geburt Christi gelebet hat. Einige haben annoch hinzugefüget, daß die bösen Seelen der Leichnahme und die Teufels den andern todten Leichnahmen schaden können. Die Juden schneiden die vier Zipfel von den Todten-Leibach, damit der gestorbene nicht anfan- (a) VIRGILIVS Aen. IV. v 385. Sqq. (b) EVERHARDVS FEITHIVS Antiqq. Homer. L.I. c.17.

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Zitationshilfe: Harenberg, Johann Christoph: Vernünftige und Christliche Gedancken Uber die VAMPIRS Oder Bluhtsaugende Todten. Wolfenbüttel, 1733, S. 8. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/harenberg_vampirs_1733/6>, abgerufen am 24.04.2024.