Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690.

Bild:
<< vorherige Seite

Romans II. Buch.
seinen Feind erblicket/ so nahm er einen Sprung von
20. oder 24. Fuß auf ihn. Er war ein Magister Ar-
tium,
ein Magister Medicinae, ein Doctor Legum und
Canonum, auch ein Doctor Theologiae. Jm Disputi-
ren in dem Navarrischen Collegio unter 50. der ge-
lehrtesten Männer und 3000. Studenten hat er mit
solcher höchst- verwunderlicher Subtilität auf alle
Fragen geantwortet/ daß/ der es nicht selber gehöret/
schwerlich würde glauben mögen. Er redete fertig
Lateinisch/ Griechisch/ Hebräisch/ Arabisch/ und an-
dere Sprachen mehr/ darbey war er schon ein Ritter
in den Waffen/ und wann es möglich/ daß ein Mensch
sein Leben auf 100. Jahr ohne Essen/ Trincken und
Schlaffen bringen könte/ so würde er doch zu keiner
solchen Wissenschafft gelangen/ wie dieser. Wir
entsetzten uns warlich über ihm/ dann er wuste mehr/
als der Natur eines Menschen erträglich. Er be-
schuldigte einen jeden Kirchen Doctorem 4. Jrrthü-
mer. Mit einem Wort/ es war seines Gleichen nicht
in der Welt. Bey diesem Menschen ist ein herrliches
Gedächtnüß und Judicium zugleich gewesen und hat
man leicht zu erachten/ daß ein Mensch/ wann er nur
ein excellentes Gedächtnüß hat/ viel ehe zum Docto-
rat
gelangen kan/ als ein anderer. Solche Gabe aber
ist nicht einem Jeden gegeben von der Natur. Augu-
stinus in Prologo lib. 3. Doct. Christ.
gedencket eines
gemeinen Manns oder Leyens/ mit Namen Anto-
nius,
der keinen Buchstaben gekennet/ viel weniger
lesen kunte/ von GOtt aber mit so gutem Gedächt-
nüß war begabet/ daß er alles/ was man auß heiliger
Schrifft ihm fürgesaget/ gar genau behielte und fas-
sete/ auch so ordentlich wieder hersagen und von sich
geben konte/ als ob er auß einem Buch läse.

Von einem Diacono in der Stadt AElia, mit

Namen
J i i 4

Romans II. Buch.
ſeinen Feind erblicket/ ſo nahm er einen Sprung von
20. oder 24. Fuß auf ihn. Er war ein Magiſter Ar-
tium,
ein Magiſter Medicinæ, ein Doctor Legum und
Canonum, auch ein Doctor Theologiæ. Jm Diſputi-
ren in dem Navarriſchen Collegio unter 50. der ge-
lehrteſten Maͤnner und 3000. Studenten hat er mit
ſolcher hoͤchſt- verwunderlicher Subtilitaͤt auf alle
Fragen geantwortet/ daß/ der es nicht ſelber gehoͤret/
ſchwerlich wuͤrde glauben moͤgen. Er redete fertig
Lateiniſch/ Griechiſch/ Hebraͤiſch/ Arabiſch/ und an-
dere Sprachen mehr/ darbey war er ſchon ein Ritter
in den Waffen/ und wann es moͤglich/ daß ein Menſch
ſein Leben auf 100. Jahr ohne Eſſen/ Trincken und
Schlaffen bringen koͤnte/ ſo wuͤrde er doch zu keiner
ſolchen Wiſſenſchafft gelangen/ wie dieſer. Wir
entſetzten uns warlich uͤber ihm/ dann er wuſte mehr/
als der Natur eines Menſchen ertraͤglich. Er be-
ſchuldigte einen jeden Kirchen Doctorem 4. Jrꝛthuͤ-
mer. Mit einem Wort/ es war ſeines Gleichen nicht
in der Welt. Bey dieſem Menſchen iſt ein herꝛliches
Gedaͤchtnuͤß und Judicium zugleich geweſen und hat
man leicht zu erachten/ daß ein Menſch/ wann er nur
ein excellentes Gedaͤchtnuͤß hat/ viel ehe zum Docto-
rat
gelangen kan/ als ein anderer. Solche Gabe aber
iſt nicht einem Jeden gegeben von der Natur. Augu-
ſtinus in Prologo lib. 3. Doct. Chriſt.
gedencket eines
gemeinen Manns oder Leyens/ mit Namen Anto-
nius,
der keinen Buchſtaben gekennet/ viel weniger
leſen kunte/ von GOtt aber mit ſo gutem Gedaͤcht-
nuͤß war begabet/ daß er alles/ was man auß heiliger
Schrifft ihm fuͤrgeſaget/ gar genau behielte und faſ-
ſete/ auch ſo ordentlich wieder herſagen und von ſich
geben konte/ als ob er auß einem Buch laͤſe.

Von einem Diacono in der Stadt Ælia, mit

Namen
J i i 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0891" n="871"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Romans <hi rendition="#aq">II.</hi> Buch.</hi></fw><lb/>
&#x017F;einen Feind erblicket/ &#x017F;o nahm er einen Sprung von<lb/>
20. oder 24. Fuß auf ihn. Er war ein <hi rendition="#aq">Magi&#x017F;ter Ar-<lb/>
tium,</hi> ein <hi rendition="#aq">Magi&#x017F;ter Medicinæ,</hi> ein <hi rendition="#aq">Doctor Legum</hi> und<lb/><hi rendition="#aq">Canonum,</hi> auch ein <hi rendition="#aq">Doctor Theologiæ.</hi> Jm <hi rendition="#aq">Di&#x017F;puti-</hi><lb/>
ren in dem <hi rendition="#aq">Navarri</hi>&#x017F;chen <hi rendition="#aq">Collegio</hi> unter 50. der ge-<lb/>
lehrte&#x017F;ten Ma&#x0364;nner und 3000. Studenten hat er mit<lb/>
&#x017F;olcher ho&#x0364;ch&#x017F;t- verwunderlicher <hi rendition="#aq">Subtilit</hi>a&#x0364;t auf alle<lb/>
Fragen geantwortet/ daß/ der es nicht &#x017F;elber geho&#x0364;ret/<lb/>
&#x017F;chwerlich wu&#x0364;rde glauben mo&#x0364;gen. Er redete fertig<lb/>
Lateini&#x017F;ch/ Griechi&#x017F;ch/ Hebra&#x0364;i&#x017F;ch/ Arabi&#x017F;ch/ und an-<lb/>
dere Sprachen mehr/ darbey war er &#x017F;chon ein Ritter<lb/>
in den Waffen/ und wann es mo&#x0364;glich/ daß ein Men&#x017F;ch<lb/>
&#x017F;ein Leben auf 100. Jahr ohne E&#x017F;&#x017F;en/ Trincken und<lb/>
Schlaffen bringen ko&#x0364;nte/ &#x017F;o wu&#x0364;rde er doch zu keiner<lb/>
&#x017F;olchen Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chafft gelangen/ wie die&#x017F;er. Wir<lb/>
ent&#x017F;etzten uns warlich u&#x0364;ber ihm/ dann er wu&#x017F;te mehr/<lb/>
als der Natur eines Men&#x017F;chen ertra&#x0364;glich. Er be-<lb/>
&#x017F;chuldigte einen jeden Kirchen <hi rendition="#aq">Doctorem</hi> 4. Jr&#xA75B;thu&#x0364;-<lb/>
mer. Mit einem Wort/ es war &#x017F;eines Gleichen nicht<lb/>
in der Welt. Bey die&#x017F;em Men&#x017F;chen i&#x017F;t ein her&#xA75B;liches<lb/>
Geda&#x0364;chtnu&#x0364;ß und <hi rendition="#aq">Judicium</hi> zugleich gewe&#x017F;en und hat<lb/>
man leicht zu erachten/ daß ein Men&#x017F;ch/ wann er nur<lb/>
ein <hi rendition="#aq">excellent</hi>es Geda&#x0364;chtnu&#x0364;ß hat/ viel ehe zum <hi rendition="#aq">Docto-<lb/>
rat</hi> gelangen kan/ als ein anderer. Solche Gabe aber<lb/>
i&#x017F;t nicht einem Jeden gegeben von der Natur. <hi rendition="#aq">Augu-<lb/>
&#x017F;tinus in Prologo lib. 3. Doct. Chri&#x017F;t.</hi> gedencket eines<lb/>
gemeinen Manns oder Leyens/ mit Namen <hi rendition="#aq">Anto-<lb/>
nius,</hi> der keinen Buch&#x017F;taben gekennet/ viel weniger<lb/>
le&#x017F;en kunte/ von GOtt aber mit &#x017F;o gutem Geda&#x0364;cht-<lb/>
nu&#x0364;ß war begabet/ daß er alles/ was man auß heiliger<lb/>
Schrifft ihm fu&#x0364;rge&#x017F;aget/ gar genau behielte und fa&#x017F;-<lb/>
&#x017F;ete/ auch &#x017F;o ordentlich wieder her&#x017F;agen und von &#x017F;ich<lb/>
geben konte/ als ob er auß einem Buch la&#x0364;&#x017F;e.</p><lb/>
          <p>Von einem <hi rendition="#aq">Diacono</hi> in der Stadt <hi rendition="#aq">Ælia,</hi> mit<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">J i i 4</fw><fw place="bottom" type="catch">Namen</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[871/0891] Romans II. Buch. ſeinen Feind erblicket/ ſo nahm er einen Sprung von 20. oder 24. Fuß auf ihn. Er war ein Magiſter Ar- tium, ein Magiſter Medicinæ, ein Doctor Legum und Canonum, auch ein Doctor Theologiæ. Jm Diſputi- ren in dem Navarriſchen Collegio unter 50. der ge- lehrteſten Maͤnner und 3000. Studenten hat er mit ſolcher hoͤchſt- verwunderlicher Subtilitaͤt auf alle Fragen geantwortet/ daß/ der es nicht ſelber gehoͤret/ ſchwerlich wuͤrde glauben moͤgen. Er redete fertig Lateiniſch/ Griechiſch/ Hebraͤiſch/ Arabiſch/ und an- dere Sprachen mehr/ darbey war er ſchon ein Ritter in den Waffen/ und wann es moͤglich/ daß ein Menſch ſein Leben auf 100. Jahr ohne Eſſen/ Trincken und Schlaffen bringen koͤnte/ ſo wuͤrde er doch zu keiner ſolchen Wiſſenſchafft gelangen/ wie dieſer. Wir entſetzten uns warlich uͤber ihm/ dann er wuſte mehr/ als der Natur eines Menſchen ertraͤglich. Er be- ſchuldigte einen jeden Kirchen Doctorem 4. Jrꝛthuͤ- mer. Mit einem Wort/ es war ſeines Gleichen nicht in der Welt. Bey dieſem Menſchen iſt ein herꝛliches Gedaͤchtnuͤß und Judicium zugleich geweſen und hat man leicht zu erachten/ daß ein Menſch/ wann er nur ein excellentes Gedaͤchtnuͤß hat/ viel ehe zum Docto- rat gelangen kan/ als ein anderer. Solche Gabe aber iſt nicht einem Jeden gegeben von der Natur. Augu- ſtinus in Prologo lib. 3. Doct. Chriſt. gedencket eines gemeinen Manns oder Leyens/ mit Namen Anto- nius, der keinen Buchſtaben gekennet/ viel weniger leſen kunte/ von GOtt aber mit ſo gutem Gedaͤcht- nuͤß war begabet/ daß er alles/ was man auß heiliger Schrifft ihm fuͤrgeſaget/ gar genau behielte und faſ- ſete/ auch ſo ordentlich wieder herſagen und von ſich geben konte/ als ob er auß einem Buch laͤſe. Von einem Diacono in der Stadt Ælia, mit Namen J i i 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690/891
Zitationshilfe: Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690, S. 871. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690/891>, abgerufen am 23.11.2024.