Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690.

Bild:
<< vorherige Seite

Deß Academischen
seine Kinder durch die Bücher wol unterweisen möge.
Deß Geistlichen Zwischen-Rede war diese: Solcher
Gestalt muß man lesen/ und zwar mit so grosser An-
dacht/ als Santes thäte/ derselbe gieng nach einem
Schauspiel/ und kauffte unter Weges ein Büchlein/
in welchem er unter währendem Schauspiel so emb-
sig lase/ daß er nachgehends gestunde/ er wuste nicht/
was gespielet worden wäre. Dieses Lesen ist nutzlich.
Zu wünschen wäre es/ daß wir die Göttliche Bücher
so embsig liesen/ und keine Lust hätten/ das Weltspiel
anzusehen. Mit dem Lesen aber ist es nicht gnug/ die
Frucht muß auch darzu kommen/ man muß was im
Gedächtnüß behalten. Carl der Fünffte fragte offt-
mahls seine Hof-Leute/ was sie deß Tags über gelesen
und behalten hätten? Käyser Claudius konte den
Homerum so fertig außwendig/ daß er bey aller vor-
fallender Begebenheit seine Verse beybringen konte.
Wie wol solte es mit den Christen stehen/ wann sie
so wol die Bibel zu gebrauchen wüsten. Es ist mit
derselben nicht also/ gleich wie mit den Büchern deß
Peter Lombardens bewandt/ diese waren in solcher
Achtung/ daß man den Jenigen zum Doctor in der
Theologie machte/ der nur sagen konte/ daß er es mit
denselben hielte.

Worauf Cavina: Um der Ursach willen/ hatte
Avicenna allezeit ein Schreib-Büchlein bey ihm/ das
Jenige/ was er lase/ aufzuzeichnen und zu behalten.
Also kan man mit den Büchern rechten Nutzen schaf-
fen. Franciscus I. König in Franckreich/ lase so fleissig
in den Büchern/ daß er dardurch die zerfallene Ge-
lehrigkeit wieder aufrichtete. Ludwig der XII. be-
stellete seine Regierung nach den Büchern deß Julii
Caesaris,
und dieses ist kein Wunder/ dann Julius Caesar
stund zu Rom auf einer Welt-Kugel abgebildet/ in

der

Deß Academiſchen
ſeine Kinder durch die Buͤcher wol unterweiſen moͤge.
Deß Geiſtlichen Zwiſchen-Rede war dieſe: Solcher
Geſtalt muß man leſen/ und zwar mit ſo groſſer An-
dacht/ als Santes thaͤte/ derſelbe gieng nach einem
Schauſpiel/ und kauffte unter Weges ein Buͤchlein/
in welchem er unter waͤhrendem Schauſpiel ſo emb-
ſig laſe/ daß er nachgehends geſtunde/ er wuſte nicht/
was geſpielet worden waͤre. Dieſes Leſen iſt nutzlich.
Zu wuͤnſchen waͤre es/ daß wir die Goͤttliche Buͤcher
ſo embſig lieſen/ und keine Luſt haͤtten/ das Weltſpiel
anzuſehen. Mit dem Leſen aber iſt es nicht gnug/ die
Frucht muß auch darzu kommen/ man muß was im
Gedaͤchtnuͤß behalten. Carl der Fuͤnffte fragte offt-
mahls ſeine Hof-Leute/ was ſie deß Tags uͤber geleſen
und behalten haͤtten? Kaͤyſer Claudius konte den
Homerum ſo fertig außwendig/ daß er bey aller vor-
fallender Begebenheit ſeine Verſe beybringen konte.
Wie wol ſolte es mit den Chriſten ſtehen/ wann ſie
ſo wol die Bibel zu gebrauchen wuͤſten. Es iſt mit
derſelben nicht alſo/ gleich wie mit den Buͤchern deß
Peter Lombardens bewandt/ dieſe waren in ſolcher
Achtung/ daß man den Jenigen zum Doctor in der
Theologie machte/ der nur ſagen konte/ daß er es mit
denſelben hielte.

Worauf Cavina: Um der Urſach willen/ hatte
Avicenna allezeit ein Schreib-Buͤchlein bey ihm/ das
Jenige/ was er laſe/ aufzuzeichnen und zu behalten.
Alſo kan man mit den Buͤchern rechten Nutzen ſchaf-
fen. Franciſcus I. Koͤnig in Franckreich/ laſe ſo fleiſſig
in den Buͤchern/ daß er dardurch die zerfallene Ge-
lehrigkeit wieder aufrichtete. Ludwig der XII. be-
ſtellete ſeine Regierung nach den Buͤchern deß Julii
Cæſaris,
und dieſes iſt kein Wunder/ dann Julius Cæſar
ſtund zu Rom auf einer Welt-Kugel abgebildet/ in

der
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0840" n="820"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Deß <hi rendition="#aq">Academi</hi>&#x017F;chen</hi></fw><lb/>
&#x017F;eine Kinder durch die Bu&#x0364;cher wol unterwei&#x017F;en mo&#x0364;ge.<lb/>
Deß Gei&#x017F;tlichen Zwi&#x017F;chen-Rede war die&#x017F;e: Solcher<lb/>
Ge&#x017F;talt muß man le&#x017F;en/ und zwar mit &#x017F;o gro&#x017F;&#x017F;er An-<lb/>
dacht/ als <hi rendition="#aq">Santes</hi> tha&#x0364;te/ der&#x017F;elbe gieng nach einem<lb/>
Schau&#x017F;piel/ und kauffte unter Weges ein Bu&#x0364;chlein/<lb/>
in welchem er unter wa&#x0364;hrendem Schau&#x017F;piel &#x017F;o emb-<lb/>
&#x017F;ig la&#x017F;e/ daß er nachgehends ge&#x017F;tunde/ er wu&#x017F;te nicht/<lb/>
was ge&#x017F;pielet worden wa&#x0364;re. Die&#x017F;es Le&#x017F;en i&#x017F;t nutzlich.<lb/>
Zu wu&#x0364;n&#x017F;chen wa&#x0364;re es/ daß wir die Go&#x0364;ttliche Bu&#x0364;cher<lb/>
&#x017F;o emb&#x017F;ig lie&#x017F;en/ und keine Lu&#x017F;t ha&#x0364;tten/ das Welt&#x017F;piel<lb/>
anzu&#x017F;ehen. Mit dem Le&#x017F;en aber i&#x017F;t es nicht gnug/ die<lb/>
Frucht muß auch darzu kommen/ man muß was im<lb/>
Geda&#x0364;chtnu&#x0364;ß behalten. Carl der Fu&#x0364;nffte fragte offt-<lb/>
mahls &#x017F;eine Hof-Leute/ was &#x017F;ie deß Tags u&#x0364;ber gele&#x017F;en<lb/>
und behalten ha&#x0364;tten? Ka&#x0364;y&#x017F;er <hi rendition="#aq">Claudius</hi> konte den<lb/><hi rendition="#aq">Homerum</hi> &#x017F;o fertig außwendig/ daß er bey aller vor-<lb/>
fallender Begebenheit &#x017F;eine Ver&#x017F;e beybringen konte.<lb/>
Wie wol &#x017F;olte es mit den Chri&#x017F;ten &#x017F;tehen/ wann &#x017F;ie<lb/>
&#x017F;o wol die Bibel zu gebrauchen wu&#x0364;&#x017F;ten. Es i&#x017F;t mit<lb/>
der&#x017F;elben nicht al&#x017F;o/ gleich wie mit den Bu&#x0364;chern deß<lb/>
Peter Lombardens bewandt/ die&#x017F;e waren in &#x017F;olcher<lb/>
Achtung/ daß man den Jenigen zum <hi rendition="#aq">Doctor</hi> in der<lb/><hi rendition="#aq">Theologie</hi> machte/ der nur &#x017F;agen konte/ daß er es mit<lb/>
den&#x017F;elben hielte.</p><lb/>
          <p>Worauf <hi rendition="#aq">Cavina:</hi> Um der Ur&#x017F;ach willen/ hatte<lb/><hi rendition="#aq">Avicenna</hi> allezeit ein Schreib-Bu&#x0364;chlein bey ihm/ das<lb/>
Jenige/ was er la&#x017F;e/ aufzuzeichnen und zu behalten.<lb/>
Al&#x017F;o kan man mit den Bu&#x0364;chern rechten Nutzen &#x017F;chaf-<lb/>
fen. <hi rendition="#aq">Franci&#x017F;cus I.</hi> Ko&#x0364;nig in Franckreich/ la&#x017F;e &#x017F;o flei&#x017F;&#x017F;ig<lb/>
in den Bu&#x0364;chern/ daß er dardurch die zerfallene Ge-<lb/>
lehrigkeit wieder aufrichtete. Ludwig der <hi rendition="#aq">XII.</hi> be-<lb/>
&#x017F;tellete &#x017F;eine Regierung nach den Bu&#x0364;chern deß <hi rendition="#aq">Julii<lb/>&#x017F;aris,</hi> und die&#x017F;es i&#x017F;t kein Wunder/ dann <hi rendition="#aq">Julius Cæ&#x017F;ar</hi><lb/>
&#x017F;tund zu Rom auf einer Welt-Kugel abgebildet/ in<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">der</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[820/0840] Deß Academiſchen ſeine Kinder durch die Buͤcher wol unterweiſen moͤge. Deß Geiſtlichen Zwiſchen-Rede war dieſe: Solcher Geſtalt muß man leſen/ und zwar mit ſo groſſer An- dacht/ als Santes thaͤte/ derſelbe gieng nach einem Schauſpiel/ und kauffte unter Weges ein Buͤchlein/ in welchem er unter waͤhrendem Schauſpiel ſo emb- ſig laſe/ daß er nachgehends geſtunde/ er wuſte nicht/ was geſpielet worden waͤre. Dieſes Leſen iſt nutzlich. Zu wuͤnſchen waͤre es/ daß wir die Goͤttliche Buͤcher ſo embſig lieſen/ und keine Luſt haͤtten/ das Weltſpiel anzuſehen. Mit dem Leſen aber iſt es nicht gnug/ die Frucht muß auch darzu kommen/ man muß was im Gedaͤchtnuͤß behalten. Carl der Fuͤnffte fragte offt- mahls ſeine Hof-Leute/ was ſie deß Tags uͤber geleſen und behalten haͤtten? Kaͤyſer Claudius konte den Homerum ſo fertig außwendig/ daß er bey aller vor- fallender Begebenheit ſeine Verſe beybringen konte. Wie wol ſolte es mit den Chriſten ſtehen/ wann ſie ſo wol die Bibel zu gebrauchen wuͤſten. Es iſt mit derſelben nicht alſo/ gleich wie mit den Buͤchern deß Peter Lombardens bewandt/ dieſe waren in ſolcher Achtung/ daß man den Jenigen zum Doctor in der Theologie machte/ der nur ſagen konte/ daß er es mit denſelben hielte. Worauf Cavina: Um der Urſach willen/ hatte Avicenna allezeit ein Schreib-Buͤchlein bey ihm/ das Jenige/ was er laſe/ aufzuzeichnen und zu behalten. Alſo kan man mit den Buͤchern rechten Nutzen ſchaf- fen. Franciſcus I. Koͤnig in Franckreich/ laſe ſo fleiſſig in den Buͤchern/ daß er dardurch die zerfallene Ge- lehrigkeit wieder aufrichtete. Ludwig der XII. be- ſtellete ſeine Regierung nach den Buͤchern deß Julii Cæſaris, und dieſes iſt kein Wunder/ dann Julius Cæſar ſtund zu Rom auf einer Welt-Kugel abgebildet/ in der

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690/840
Zitationshilfe: Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690, S. 820. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690/840>, abgerufen am 23.11.2024.