Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690.Romans II. Buch. men sie in 3. Tagen glücklich an den Boden-See/ dasie sich in einem Dorff zu Schiffe setzeten/ um/ nach Schafhausen zu fahren. Jn diesem Schiff fand sich ein Geistlicher ein/ samt einem Edelmann/ der wol geräyset hatte. Diese hatten auch ihre Pferde mit in dem Schiff/ und weil Troll so wol als Cavina annoch keinen Mangel an Geld hatten/ waren sie gutes Muths/ und hoffeten/ zu Basel bald zu ihrem Herrn zu gelangen. Jnzwischen liessen sich diese Räyse- Gefährten unter Weges bey dem schönen Wetter in ein freundliches Gespräch ein/ und weil Cavina ein Buch in der einen Taschen stecken hatte/ welches ein wenig herauß guckete/ forschete der Edelmann/ was es für ein Buch wäre? Cavina sprach: Es ist eine Beschreibung Teutschlandes/ und habe ich es zu mir gestecket/ meine Zeit unter Weges etwa dardurch zu kürtzen; Unser Discurs aber gefället mir so wol/ daß ich darinn zu lesen gar nicht Ursach habe. Gleichwol haben wir es den Büchern zu dancken/ daß wir die Zeit so annehmlich vertreiben können. Was ist ein Mensch/ der keine Kundschafft guter Bücher hat? Alcibiades kam einmahls in eine Schul/ und begehr- te die Bücher deß Homeri; Der Schulmeister gab ihm zur Antwort: Er hätte dieselbe nicht. Darauf gab ihm Alcibiades einen Schlag/ und sagte zu ihm: So bist du ein Narr/ und machst närrische Lehrlinge. Wie närrisch müssen dann die Menschen seyn/ die gar keine Bücher haben? Hierauf sprach der Geistliche: Wie närrisch zum E e e 4
Romans II. Buch. men ſie in 3. Tagen gluͤcklich an den Boden-See/ daſie ſich in einem Dorff zu Schiffe ſetzeten/ um/ nach Schafhauſen zu fahren. Jn dieſem Schiff fand ſich ein Geiſtlicher ein/ ſamt einem Edelmann/ der wol geraͤyſet hatte. Dieſe hatten auch ihre Pferde mit in dem Schiff/ und weil Troll ſo wol als Cavina annoch keinen Mangel an Geld hatten/ waren ſie gutes Muths/ und hoffeten/ zu Baſel bald zu ihrem Herꝛn zu gelangen. Jnzwiſchen lieſſen ſich dieſe Raͤyſe- Gefaͤhrten unter Weges bey dem ſchoͤnen Wetter in ein freundliches Geſpraͤch ein/ und weil Cavina ein Buch in der einen Taſchen ſtecken hatte/ welches ein wenig herauß guckete/ forſchete der Edelmann/ was es fuͤr ein Buch waͤre? Cavina ſprach: Es iſt eine Beſchreibung Teutſchlandes/ und habe ich es zu mir geſtecket/ meine Zeit unter Weges etwa dardurch zu kuͤrtzen; Unſer Diſcurs aber gefaͤllet mir ſo wol/ daß ich darinn zu leſen gar nicht Urſach habe. Gleichwol haben wir es den Buͤchern zu dancken/ daß wir die Zeit ſo annehmlich vertreiben koͤnnen. Was iſt ein Menſch/ der keine Kundſchafft guter Buͤcher hat? Alcibiades kam einmahls in eine Schul/ und begehr- te die Buͤcher deß Homeri; Der Schulmeiſter gab ihm zur Antwort: Er haͤtte dieſelbe nicht. Darauf gab ihm Alcibiades einen Schlag/ und ſagte zu ihm: So biſt du ein Narꝛ/ und machſt naͤrriſche Lehrlinge. Wie naͤrriſch muͤſſen dann die Menſchen ſeyn/ die gar keine Buͤcher haben? Hierauf ſprach der Geiſtliche: Wie naͤrriſch zum E e e 4
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0827" n="807"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Romans <hi rendition="#aq">II.</hi> Buch.</hi></fw><lb/> men ſie in 3. Tagen gluͤcklich an den Boden-See/ da<lb/> ſie ſich in einem Dorff zu Schiffe ſetzeten/ um/ nach<lb/> Schafhauſen zu fahren. Jn dieſem Schiff fand ſich<lb/> ein Geiſtlicher ein/ ſamt einem Edelmann/ der wol<lb/> geraͤyſet hatte. Dieſe hatten auch ihre Pferde mit in<lb/> dem Schiff/ und weil Troll ſo wol als <hi rendition="#aq">Cavina</hi> annoch<lb/> keinen Mangel an Geld hatten/ waren ſie gutes<lb/> Muths/ und hoffeten/ zu Baſel bald zu ihrem Herꝛn<lb/> zu gelangen. Jnzwiſchen lieſſen ſich dieſe Raͤyſe-<lb/> Gefaͤhrten unter Weges bey dem ſchoͤnen Wetter in<lb/> ein freundliches Geſpraͤch ein/ und weil <hi rendition="#aq">Cavina</hi> ein<lb/> Buch in der einen Taſchen ſtecken hatte/ welches ein<lb/> wenig herauß guckete/ forſchete der Edelmann/ was<lb/> es fuͤr ein Buch waͤre? <hi rendition="#aq">Cavina</hi> ſprach: Es iſt eine<lb/> Beſchreibung Teutſchlandes/ und habe ich es zu mir<lb/> geſtecket/ meine Zeit unter Weges etwa dardurch zu<lb/> kuͤrtzen; Unſer <hi rendition="#aq">Diſcurs</hi> aber gefaͤllet mir ſo wol/ daß<lb/> ich darinn zu leſen gar nicht Urſach habe. Gleichwol<lb/> haben wir es den Buͤchern zu dancken/ daß wir die<lb/> Zeit ſo annehmlich vertreiben koͤnnen. Was iſt ein<lb/> Menſch/ der keine Kundſchafft guter Buͤcher hat?<lb/><hi rendition="#aq">Alcibiades</hi> kam einmahls in eine Schul/ und begehr-<lb/> te die Buͤcher deß <hi rendition="#aq">Homeri;</hi> Der Schulmeiſter gab<lb/> ihm zur Antwort: Er haͤtte dieſelbe nicht. Darauf<lb/> gab ihm <hi rendition="#aq">Alcibiades</hi> einen Schlag/ und ſagte zu ihm:<lb/> So biſt du ein Narꝛ/ und machſt naͤrriſche Lehrlinge.<lb/> Wie naͤrriſch muͤſſen dann die Menſchen ſeyn/ die<lb/> gar keine Buͤcher haben?</p><lb/> <p>Hierauf ſprach der Geiſtliche: Wie naͤrriſch<lb/> muͤſſen dann die Menſchen ſeyn/ die die Bibel nicht<lb/> haben/ noch leſen. Man kan ſonder Buͤcher wol<lb/> durch die Welt raͤyſen/ und etwas klug werden; Wer<lb/> aber die Bibel nicht hat/ iſt viel zu naͤrriſch/ in den<lb/> Himmel zu kommen. Als die Heydniſche Preuſſen<lb/> <fw place="bottom" type="sig">E e e 4</fw><fw place="bottom" type="catch">zum</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [807/0827]
Romans II. Buch.
men ſie in 3. Tagen gluͤcklich an den Boden-See/ da
ſie ſich in einem Dorff zu Schiffe ſetzeten/ um/ nach
Schafhauſen zu fahren. Jn dieſem Schiff fand ſich
ein Geiſtlicher ein/ ſamt einem Edelmann/ der wol
geraͤyſet hatte. Dieſe hatten auch ihre Pferde mit in
dem Schiff/ und weil Troll ſo wol als Cavina annoch
keinen Mangel an Geld hatten/ waren ſie gutes
Muths/ und hoffeten/ zu Baſel bald zu ihrem Herꝛn
zu gelangen. Jnzwiſchen lieſſen ſich dieſe Raͤyſe-
Gefaͤhrten unter Weges bey dem ſchoͤnen Wetter in
ein freundliches Geſpraͤch ein/ und weil Cavina ein
Buch in der einen Taſchen ſtecken hatte/ welches ein
wenig herauß guckete/ forſchete der Edelmann/ was
es fuͤr ein Buch waͤre? Cavina ſprach: Es iſt eine
Beſchreibung Teutſchlandes/ und habe ich es zu mir
geſtecket/ meine Zeit unter Weges etwa dardurch zu
kuͤrtzen; Unſer Diſcurs aber gefaͤllet mir ſo wol/ daß
ich darinn zu leſen gar nicht Urſach habe. Gleichwol
haben wir es den Buͤchern zu dancken/ daß wir die
Zeit ſo annehmlich vertreiben koͤnnen. Was iſt ein
Menſch/ der keine Kundſchafft guter Buͤcher hat?
Alcibiades kam einmahls in eine Schul/ und begehr-
te die Buͤcher deß Homeri; Der Schulmeiſter gab
ihm zur Antwort: Er haͤtte dieſelbe nicht. Darauf
gab ihm Alcibiades einen Schlag/ und ſagte zu ihm:
So biſt du ein Narꝛ/ und machſt naͤrriſche Lehrlinge.
Wie naͤrriſch muͤſſen dann die Menſchen ſeyn/ die
gar keine Buͤcher haben?
Hierauf ſprach der Geiſtliche: Wie naͤrriſch
muͤſſen dann die Menſchen ſeyn/ die die Bibel nicht
haben/ noch leſen. Man kan ſonder Buͤcher wol
durch die Welt raͤyſen/ und etwas klug werden; Wer
aber die Bibel nicht hat/ iſt viel zu naͤrriſch/ in den
Himmel zu kommen. Als die Heydniſche Preuſſen
zum
E e e 4
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690/827 |
Zitationshilfe: | Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690, S. 807. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690/827>, abgerufen am 22.07.2024. |