Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690.Deß Academischen ließ es ihn in der Stille lesen. Troll forschete/ was derBräutigam/ auf dessen Hochzeit er erscheinen solte/ für ein Mensch wäre/ dem antwortete die Dirne/ daß er ein alter Gesell/ der das Freyen von einem Jahr zum andern verschoben/ ja/ der auf jeden Monat et- was zu sagen gehabt/ warum man darinn nicht freyen solte/ biß er endlich durch seinen alten Vatter/ der ihm die Haußhaltung übergeben/ zum ehelichen Leben an- noch wäre beredet worden. Weil nun der Herr Rector alleweil einen Reim-Geist bey sich spürete/ setzete er/ Statt deß Geschenckes/ dann er hatte nichts zu ge- ben/ in aller Eyl folgendes Carmen auf/ welches er hernach zu den Hochzeit-Geschencken legete/ und ne- ben denselben dem Bräutigam überliefferte: 1. BRing mir doch einer den Calender her/Jch möchte gerne sehen ohngefähr/ Um welche Zeit es sey am allerbest/ Zu freyen/ und daß man sich freyen läst. 2. Das Neu-Jahr fängt sich mit dem Jenner an/Das bringt die rechte Kält und Schlitten-Bahn/ Drum schadet nichts/ wann zwey in einem Bett Sich wärmen und sich drängen um die Wett. 3. Weil sich zuweilen offt und vielmahl fügt/Daß mancher in dem Hornung Hörner kriegt/ Drum düncket michs gar unbequem zu seyn/ Wann einer kan/ und schläffet doch allein. 4. Der ungesunde Mertz-Mond kommet nun/Wil/ daß man seinem Leib soll Gutes thun/ Wer gute Mittel in dem Hause hat/ Der pflege sein mit Gutem früh und spat. 5. Alsdann mit Ungestümm kommt der April/Da paart sich alles/ was sich paaren wil. Wie solten wir dann jetzo uns nicht auch Recht paaren nach der Vögel Art und Brauch. 6. Jm Mäy da ist die angenehme Zeit/Da wird das Feld mit Blumen dick bestreut/ Da sieht man einen hier/ den andern da Jm grünen Graß bey seiner Sylvia. 7. Jm
Deß Academiſchen ließ es ihn in der Stille leſen. Troll forſchete/ was derBraͤutigam/ auf deſſen Hochzeit er erſcheinen ſolte/ fuͤr ein Menſch waͤre/ dem antwortete die Dirne/ daß er ein alter Geſell/ der das Freyen von einem Jahr zum andern verſchoben/ ja/ der auf jeden Monat et- was zu ſagen gehabt/ warum man darinn nicht freyen ſolte/ biß er endlich durch ſeinen alten Vatter/ der ihm die Haußhaltung uͤbergeben/ zum ehelichen Leben an- noch waͤre beredet worden. Weil nun der Herꝛ Rector alleweil einen Reim-Geiſt bey ſich ſpuͤrete/ ſetzete er/ Statt deß Geſchenckes/ dann er hatte nichts zu ge- ben/ in aller Eyl folgendes Carmen auf/ welches er hernach zu den Hochzeit-Geſchencken legete/ und ne- ben denſelben dem Braͤutigam uͤberliefferte: 1. BRing mir doch einer den Calender her/Jch moͤchte gerne ſehen ohngefaͤhr/ Um welche Zeit es ſey am allerbeſt/ Zu freyen/ und daß man ſich freyen laͤſt. 2. Das Neu-Jahr faͤngt ſich mit dem Jenner an/Das bringt die rechte Kaͤlt und Schlitten-Bahn/ Drum ſchadet nichts/ wann zwey in einem Bett Sich waͤrmen und ſich draͤngen um die Wett. 3. Weil ſich zuweilen offt und vielmahl fuͤgt/Daß mancher in dem Hornung Hoͤrner kriegt/ Drum duͤncket michs gar unbequem zu ſeyn/ Wann einer kan/ und ſchlaͤffet doch allein. 4. Der ungeſunde Mertz-Mond kommet nun/Wil/ daß man ſeinem Leib ſoll Gutes thun/ Wer gute Mittel in dem Hauſe hat/ Der pflege ſein mit Gutem fruͤh und ſpat. 5. Alsdann mit Ungeſtuͤmm kommt der April/Da paart ſich alles/ was ſich paaren wil. Wie ſolten wir dann jetzo uns nicht auch Recht paaren nach der Voͤgel Art und Brauch. 6. Jm Maͤy da iſt die angenehme Zeit/Da wird das Feld mit Blumen dick beſtreut/ Da ſieht man einen hier/ den andern da Jm gruͤnen Graß bey ſeiner Sylvia. 7. Jm
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Deß Academiſchen
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Braͤutigam/ auf deſſen Hochzeit er erſcheinen ſolte/
fuͤr ein Menſch waͤre/ dem antwortete die Dirne/ daß
er ein alter Geſell/ der das Freyen von einem Jahr
zum andern verſchoben/ ja/ der auf jeden Monat et-
was zu ſagen gehabt/ warum man darinn nicht freyen
ſolte/ biß er endlich durch ſeinen alten Vatter/ der ihm
die Haußhaltung uͤbergeben/ zum ehelichen Leben an-
noch waͤre beredet worden. Weil nun der Herꝛ Rector
alleweil einen Reim-Geiſt bey ſich ſpuͤrete/ ſetzete er/
Statt deß Geſchenckes/ dann er hatte nichts zu ge-
ben/ in aller Eyl folgendes Carmen auf/ welches er
hernach zu den Hochzeit-Geſchencken legete/ und ne-
ben denſelben dem Braͤutigam uͤberliefferte:
1. BRing mir doch einer den Calender her/
Jch moͤchte gerne ſehen ohngefaͤhr/
Um welche Zeit es ſey am allerbeſt/
Zu freyen/ und daß man ſich freyen laͤſt.
2. Das Neu-Jahr faͤngt ſich mit dem Jenner an/
Das bringt die rechte Kaͤlt und Schlitten-Bahn/
Drum ſchadet nichts/ wann zwey in einem Bett
Sich waͤrmen und ſich draͤngen um die Wett.
3. Weil ſich zuweilen offt und vielmahl fuͤgt/
Daß mancher in dem Hornung Hoͤrner kriegt/
Drum duͤncket michs gar unbequem zu ſeyn/
Wann einer kan/ und ſchlaͤffet doch allein.
4. Der ungeſunde Mertz-Mond kommet nun/
Wil/ daß man ſeinem Leib ſoll Gutes thun/
Wer gute Mittel in dem Hauſe hat/
Der pflege ſein mit Gutem fruͤh und ſpat.
5. Alsdann mit Ungeſtuͤmm kommt der April/
Da paart ſich alles/ was ſich paaren wil.
Wie ſolten wir dann jetzo uns nicht auch
Recht paaren nach der Voͤgel Art und Brauch.
6. Jm Maͤy da iſt die angenehme Zeit/
Da wird das Feld mit Blumen dick beſtreut/
Da ſieht man einen hier/ den andern da
Jm gruͤnen Graß bey ſeiner Sylvia.
7. Jm
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Zitationshilfe: | Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690, S. 788. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690/808>, abgerufen am 22.07.2024. |