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Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690.

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Deß Academischen
Frauen/ insonderheit aber Venereus lebete/ als der
diese einzige Profession trieb/ und darauf in der Welt
umher räysete. Als die Morgen-Röthe anbrach/ stund
er auf/ und kehrete wieder nach der Stadt/ jedoch mit
dem Abschied/ daß er auf den Abend wiederkommen/
und ihr Schlaff-Gesell seyn wolle/ welches er ihr hoch
und theuer zusagen muste. So bald er aber zum Thor
hinein getretten/ stieß ihm der jenige junge Edelmann
auf/ den er neulich von den Wildschützen errettet hat-
te/ dieser war froh/ daß er ihn sahe/ und weil er etwas
Melancholisch/ fragete Venereus, was ihm schade?
Der Edelmann gab ihm zu erkennen/ daß er auf dem
Weg begriffen/ eine überauß schöne Adeliche junge
Frau/ die einem alten Ritter/ Philander genannt/ ver-
ehelichet/ zu besuchen. Er habe zwar gute Kundschafft
zu ihr/ aber sie sey ihm nimmer so gnädig erschienen/
daß sie ihn ohne 50. Rthlr. hätte zulassen wollen.
Kommet mit mir/ sprach er/ sie mag gerne hübsche
Männer leyden/ vielleicht habt ihr die Gunst/ ihrer
um ein Geringes theilhafftig zu werden.

Venereus war dessen zufrieden/ und gieng mit
ihm zu der Frau Clara, welche/ weil ihr Mann auf
dem Rathhauß zu thun hatte/ sich allein befand. Sie
bewillkommt diese Beyde/ und ließ sich gleich alsobald
in ein Liebes-Gespräch mit ihnen ein/ jedoch mit dem
Beding/ weil sie von ihrem geitzigen Ehe-Herrn gar
kärglich gehalten wurde/ daß sich der Jenige/ so ihrer
geniessen wolte/ mit 50. Kronen einstellen müsse.
Weil nun keiner so viel Geldes bey sich hatte/ schieden
sie damahl ohnverrichter Sachen von ihr/ und auf
dem Weg erzehlete der junge Edelmann/ wie daß die
2. schönsten jungen Adelichen Damen dieser Stadt an
2. alte Ritter sich verheurathet/ von denen sie schlechte
Lust hätten/ und gleichwol bemüheten sich diese 2. alte

Böcke/

Deß Academiſchen
Frauen/ inſonderheit aber Venereus lebete/ als der
dieſe einzige Profeſſion trieb/ und darauf in der Welt
umher raͤyſete. Als die Morgen-Roͤthe anbrach/ ſtund
er auf/ und kehrete wieder nach der Stadt/ jedoch mit
dem Abſchied/ daß er auf den Abend wiederkommen/
und ihr Schlaff-Geſell ſeyn wolle/ welches er ihr hoch
und theuer zuſagen muſte. So bald er aber zum Thor
hinein getretten/ ſtieß ihm der jenige junge Edelmañ
auf/ den er neulich von den Wildſchuͤtzen errettet hat-
te/ dieſer war froh/ daß er ihn ſahe/ und weil er etwas
Melancholiſch/ fragete Venereus, was ihm ſchade?
Der Edelmann gab ihm zu erkennen/ daß er auf dem
Weg begriffen/ eine uͤberauß ſchoͤne Adeliche junge
Frau/ die einem alten Ritter/ Philander genannt/ ver-
ehelichet/ zu beſuchen. Er habe zwar gute Kundſchafft
zu ihr/ aber ſie ſey ihm nimmer ſo gnaͤdig erſchienen/
daß ſie ihn ohne 50. Rthlr. haͤtte zulaſſen wollen.
Kommet mit mir/ ſprach er/ ſie mag gerne huͤbſche
Maͤnner leyden/ vielleicht habt ihr die Gunſt/ ihrer
um ein Geringes theilhafftig zu werden.

Venereus war deſſen zufrieden/ und gieng mit
ihm zu der Frau Clara, welche/ weil ihr Mann auf
dem Rathhauß zu thun hatte/ ſich allein befand. Sie
bewillkom̃t dieſe Beyde/ und ließ ſich gleich alſobald
in ein Liebes-Geſpraͤch mit ihnen ein/ jedoch mit dem
Beding/ weil ſie von ihrem geitzigen Ehe-Herꝛn gar
kaͤrglich gehalten wurde/ daß ſich der Jenige/ ſo ihrer
genieſſen wolte/ mit 50. Kronen einſtellen muͤſſe.
Weil nun keiner ſo viel Geldes bey ſich hatte/ ſchieden
ſie damahl ohnverrichter Sachen von ihr/ und auf
dem Weg erzehlete der junge Edelmann/ wie daß die
2. ſchoͤnſten jungen Adelichen Damen dieſer Stadt an
2. alte Ritter ſich verheurathet/ von denen ſie ſchlechte
Luſt haͤtten/ und gleichwol bemuͤheten ſich dieſe 2. alte

Boͤcke/
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[684/0702] Deß Academiſchen Frauen/ inſonderheit aber Venereus lebete/ als der dieſe einzige Profeſſion trieb/ und darauf in der Welt umher raͤyſete. Als die Morgen-Roͤthe anbrach/ ſtund er auf/ und kehrete wieder nach der Stadt/ jedoch mit dem Abſchied/ daß er auf den Abend wiederkommen/ und ihr Schlaff-Geſell ſeyn wolle/ welches er ihr hoch und theuer zuſagen muſte. So bald er aber zum Thor hinein getretten/ ſtieß ihm der jenige junge Edelmañ auf/ den er neulich von den Wildſchuͤtzen errettet hat- te/ dieſer war froh/ daß er ihn ſahe/ und weil er etwas Melancholiſch/ fragete Venereus, was ihm ſchade? Der Edelmann gab ihm zu erkennen/ daß er auf dem Weg begriffen/ eine uͤberauß ſchoͤne Adeliche junge Frau/ die einem alten Ritter/ Philander genannt/ ver- ehelichet/ zu beſuchen. Er habe zwar gute Kundſchafft zu ihr/ aber ſie ſey ihm nimmer ſo gnaͤdig erſchienen/ daß ſie ihn ohne 50. Rthlr. haͤtte zulaſſen wollen. Kommet mit mir/ ſprach er/ ſie mag gerne huͤbſche Maͤnner leyden/ vielleicht habt ihr die Gunſt/ ihrer um ein Geringes theilhafftig zu werden. Venereus war deſſen zufrieden/ und gieng mit ihm zu der Frau Clara, welche/ weil ihr Mann auf dem Rathhauß zu thun hatte/ ſich allein befand. Sie bewillkom̃t dieſe Beyde/ und ließ ſich gleich alſobald in ein Liebes-Geſpraͤch mit ihnen ein/ jedoch mit dem Beding/ weil ſie von ihrem geitzigen Ehe-Herꝛn gar kaͤrglich gehalten wurde/ daß ſich der Jenige/ ſo ihrer genieſſen wolte/ mit 50. Kronen einſtellen muͤſſe. Weil nun keiner ſo viel Geldes bey ſich hatte/ ſchieden ſie damahl ohnverrichter Sachen von ihr/ und auf dem Weg erzehlete der junge Edelmann/ wie daß die 2. ſchoͤnſten jungen Adelichen Damen dieſer Stadt an 2. alte Ritter ſich verheurathet/ von denen ſie ſchlechte Luſt haͤtten/ und gleichwol bemuͤheten ſich dieſe 2. alte Boͤcke/

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Zitationshilfe: Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690, S. 684. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690/702>, abgerufen am 23.11.2024.