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Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690.

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Deß Academischen
welche er an den Mund setzete/ und nachdem er einen
hertzlichen Zug gethan/ nahm er sich selber in die Ar-
me/ und fieng noch einmahl an dergestalt zu lachen/
als wann man ihn kitzelte. Endlich hielte er auf/ und
sagte: Jhr Herren habt gestern gesehen/ was für ei-
nen ansehnlichen Ferrarienser und eine junge schöne
Dame ich weggeführet habe/ von denselben müsset ihr
wissen/ daß Ferrarius sich unter Weges gar fleissig zu
der jungen Frauen hielte/ und er befand sie so ver-
schlagen in allen Reden/ daß er sich darüber verwun-
derte und zugleich ihre Schönheit hoch aestimirte. Als
sie über die erste Brücke fuhren/ küssete er sie/ nach der
Weise höflicher und lieblicher Cavallier, und befand
sie recht für sich/ auch leicht dahin zu bringen/ was er
von ihr verlangete. Er kitzelte sie bißweilen/ und sie/
damit sie ihn zu mehrer Kühnheit veranlassete/ drü-
ckete ihm seine Hände gantz freundlich/ wordurch sie
ihm den Mund so wässericht machte/ daß er sich nicht
zu behalten wuste. So viel Brücken/ so viel Küsse/
und so viel Funcken/ das Feuer anzuzünden/ welches
sich solte bey der ersten Gelegenheit löschen. Er bath
sie heimlich um die Schlaff-Gesellschafft/ darzu sie
sich dann gar gern verstunde; Und damit sie ihrer Be-
gierde/ unter einem Schein der Ehrbarkeit/ möchten
eine Genüge thun/ beschlossen sie bey sich/ sie wolten
sagen/ sie wären Mann und Weib zusammen. Jn
der ersten Nacht-Herberg gab Herr Urian sein Fell-
Eyß dem Wirth aufzuheben/ und befahl/ man solte
ein Bett und Zimmer für sich und sein Weib zurich-
ten lassen. Nach der Mahlzeit giengen sie mit einan-
der schlaffen/ und legten das kleine Kind zu ihren Füs-
sen. Was nun nach diesem zwischen ihnen vorgan-
gen/ weiß ich nicht. Das aber wol/ daß die Frau dem
Kind in der Wiegen endlich einen Stoß gegeben/

darüber

Deß Academiſchen
welche er an den Mund ſetzete/ und nachdem er einen
hertzlichen Zug gethan/ nahm er ſich ſelber in die Ar-
me/ und fieng noch einmahl an dergeſtalt zu lachen/
als wann man ihn kitzelte. Endlich hielte er auf/ und
ſagte: Jhr Herren habt geſtern geſehen/ was fuͤr ei-
nen anſehnlichen Ferrarienſer und eine junge ſchoͤne
Dame ich weggefuͤhret habe/ von denſelben muͤſſet ihr
wiſſen/ daß Ferrarius ſich unter Weges gar fleiſſig zu
der jungen Frauen hielte/ und er befand ſie ſo ver-
ſchlagen in allen Reden/ daß er ſich daruͤber verwun-
derte und zugleich ihre Schoͤnheit hoch æſtimirte. Als
ſie uͤber die erſte Bruͤcke fuhren/ kuͤſſete er ſie/ nach der
Weiſe hoͤflicher und lieblicher Cavallier, und befand
ſie recht fuͤr ſich/ auch leicht dahin zu bringen/ was er
von ihr verlangete. Er kitzelte ſie bißweilen/ und ſie/
damit ſie ihn zu mehrer Kuͤhnheit veranlaſſete/ druͤ-
ckete ihm ſeine Haͤnde gantz freundlich/ wordurch ſie
ihm den Mund ſo waͤſſericht machte/ daß er ſich nicht
zu behalten wuſte. So viel Bruͤcken/ ſo viel Kuͤſſe/
und ſo viel Funcken/ das Feuer anzuzuͤnden/ welches
ſich ſolte bey der erſten Gelegenheit loͤſchen. Er bath
ſie heimlich um die Schlaff-Geſellſchafft/ darzu ſie
ſich dann gar gern verſtunde; Und damit ſie ihrer Be-
gierde/ unter einem Schein der Ehrbarkeit/ moͤchten
eine Genuͤge thun/ beſchloſſen ſie bey ſich/ ſie wolten
ſagen/ ſie waͤren Mann und Weib zuſammen. Jn
der erſten Nacht-Herberg gab Herꝛ Urian ſein Fell-
Eyß dem Wirth aufzuheben/ und befahl/ man ſolte
ein Bett und Zimmer fuͤr ſich und ſein Weib zurich-
ten laſſen. Nach der Mahlzeit giengen ſie mit einan-
der ſchlaffen/ und legten das kleine Kind zu ihren Fuͤſ-
ſen. Was nun nach dieſem zwiſchen ihnen vorgan-
gen/ weiß ich nicht. Das aber wol/ daß die Frau dem
Kind in der Wiegen endlich einen Stoß gegeben/

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[56/0066] Deß Academiſchen welche er an den Mund ſetzete/ und nachdem er einen hertzlichen Zug gethan/ nahm er ſich ſelber in die Ar- me/ und fieng noch einmahl an dergeſtalt zu lachen/ als wann man ihn kitzelte. Endlich hielte er auf/ und ſagte: Jhr Herren habt geſtern geſehen/ was fuͤr ei- nen anſehnlichen Ferrarienſer und eine junge ſchoͤne Dame ich weggefuͤhret habe/ von denſelben muͤſſet ihr wiſſen/ daß Ferrarius ſich unter Weges gar fleiſſig zu der jungen Frauen hielte/ und er befand ſie ſo ver- ſchlagen in allen Reden/ daß er ſich daruͤber verwun- derte und zugleich ihre Schoͤnheit hoch æſtimirte. Als ſie uͤber die erſte Bruͤcke fuhren/ kuͤſſete er ſie/ nach der Weiſe hoͤflicher und lieblicher Cavallier, und befand ſie recht fuͤr ſich/ auch leicht dahin zu bringen/ was er von ihr verlangete. Er kitzelte ſie bißweilen/ und ſie/ damit ſie ihn zu mehrer Kuͤhnheit veranlaſſete/ druͤ- ckete ihm ſeine Haͤnde gantz freundlich/ wordurch ſie ihm den Mund ſo waͤſſericht machte/ daß er ſich nicht zu behalten wuſte. So viel Bruͤcken/ ſo viel Kuͤſſe/ und ſo viel Funcken/ das Feuer anzuzuͤnden/ welches ſich ſolte bey der erſten Gelegenheit loͤſchen. Er bath ſie heimlich um die Schlaff-Geſellſchafft/ darzu ſie ſich dann gar gern verſtunde; Und damit ſie ihrer Be- gierde/ unter einem Schein der Ehrbarkeit/ moͤchten eine Genuͤge thun/ beſchloſſen ſie bey ſich/ ſie wolten ſagen/ ſie waͤren Mann und Weib zuſammen. Jn der erſten Nacht-Herberg gab Herꝛ Urian ſein Fell- Eyß dem Wirth aufzuheben/ und befahl/ man ſolte ein Bett und Zimmer fuͤr ſich und ſein Weib zurich- ten laſſen. Nach der Mahlzeit giengen ſie mit einan- der ſchlaffen/ und legten das kleine Kind zu ihren Fuͤſ- ſen. Was nun nach dieſem zwiſchen ihnen vorgan- gen/ weiß ich nicht. Das aber wol/ daß die Frau dem Kind in der Wiegen endlich einen Stoß gegeben/ daruͤber

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Zitationshilfe: Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690, S. 56. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690/66>, abgerufen am 22.11.2024.