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Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690.

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Romans II. Buch.
Garten/ diesen neuen Stummen arbeiten zu sehen/
und wie sie an ihm das Jenige erblickete/ deßgleichen
sie wol ihr Lebtage nicht gesehen/ auch sonsten seinen
geraden Leib und wol-gebildete Glieder betrachtete/
ward sie durch seine Gestalt gäntzlich eingenommen/
und wuste für Liebe nicht zu bleiben. Sie lieff dem-
nach geschwinde in den Hof/ und holete ihre getreue
Magd herbey/ welcher sie dieses alles vor Augen zei-
gete/ darneben sprechend: Jst es nicht Jammer und
Schade/ daß dieser schöne Mann keine Sprache hat?
Doch ja/ es ist sehr gut/ ich wil mich mit ihm ergötzen/
und er wird mich nicht verrathen. Ach! betrachte doch
den zierlichen Leib/ und alle so wol-gebildete Glieder
dieses unglückseeligen Stummen. Durch dieses An-
schauen ward die Magd gleicher Gestalt entzündet/
daß sie sich nicht zu behalten wuste/ dahero sprach sie:
Jungfer/ ich habe wol ehe gehöret/ daß keine grössere
Freude auf Erden/ als die den Eheleuten gemein ist.
Habt ihr Lust/ so wollen wir jetzo einen Vorschmack
darvon nehmen? Hiermit war die Adeliche Jung-
sran zufrieden/ welche auch Standes wegen den Vor-
zug haben wolte. Solchem nach wecketen sie den Ve-
nereum
sanfftmüthig auf/ und gaben ihm ihr Ver-
langen mit unkeuschen Griffen zu verstehen. Weil er
nun eben das Jenige suchete/ war er willig/ und er-
zeigete sich darinn/ als ein rechtschaffener Meister.
Hernach gab er zu verstehen/ daß er gerne etwas Gu-
tes zu essen und zu trincken verlange/ welches ihm die
Jungfrau gleich hernach selber brachte. Also hatte
diese denselben gantzen Nachmittag ihre kurtzweilige
Deutungen mit ihm im Garten/ aber gegen Abend
kamen sie von einander. Am folgenden Morgen frühe
gieng die Magd allein heimlich in den Garten/ mit ei-
nem schönen Frühstück/ und überreichete solches dem

Vene-

Romans II. Buch.
Garten/ dieſen neuen Stummen arbeiten zu ſehen/
und wie ſie an ihm das Jenige erblickete/ deßgleichen
ſie wol ihr Lebtage nicht geſehen/ auch ſonſten ſeinen
geraden Leib und wol-gebildete Glieder betrachtete/
ward ſie durch ſeine Geſtalt gaͤntzlich eingenommen/
und wuſte fuͤr Liebe nicht zu bleiben. Sie lieff dem-
nach geſchwinde in den Hof/ und holete ihre getreue
Magd herbey/ welcher ſie dieſes alles vor Augen zei-
gete/ darneben ſprechend: Jſt es nicht Jammer und
Schade/ daß dieſer ſchoͤne Mann keine Sprache hat?
Doch ja/ es iſt ſehr gut/ ich wil mich mit ihm ergoͤtzen/
und er wird mich nicht verrathen. Ach! betrachte doch
den zierlichen Leib/ und alle ſo wol-gebildete Glieder
dieſes ungluͤckſeeligen Stummen. Durch dieſes An-
ſchauen ward die Magd gleicher Geſtalt entzuͤndet/
daß ſie ſich nicht zu behalten wuſte/ dahero ſprach ſie:
Jungfer/ ich habe wol ehe gehoͤret/ daß keine groͤſſere
Freude auf Erden/ als die den Eheleuten gemein iſt.
Habt ihr Luſt/ ſo wollen wir jetzo einen Vorſchmack
darvon nehmen? Hiermit war die Adeliche Jung-
ſran zufrieden/ welche auch Standes wegen den Vor-
zug haben wolte. Solchem nach wecketen ſie den Ve-
nereum
ſanfftmuͤthig auf/ und gaben ihm ihr Ver-
langen mit unkeuſchen Griffen zu verſtehen. Weil er
nun eben das Jenige ſuchete/ war er willig/ und er-
zeigete ſich darinn/ als ein rechtſchaffener Meiſter.
Hernach gab er zu verſtehen/ daß er gerne etwas Gu-
tes zu eſſen und zu trincken verlange/ welches ihm die
Jungfrau gleich hernach ſelber brachte. Alſo hatte
dieſe denſelben gantzen Nachmittag ihre kurtzweilige
Deutungen mit ihm im Garten/ aber gegen Abend
kamen ſie von einander. Am folgenden Morgen fruͤhe
gieng die Magd allein heimlich in den Garten/ mit ei-
nem ſchoͤnen Fruͤhſtuͤck/ und uͤberreichete ſolches dem

Vene-
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[635/0653] Romans II. Buch. Garten/ dieſen neuen Stummen arbeiten zu ſehen/ und wie ſie an ihm das Jenige erblickete/ deßgleichen ſie wol ihr Lebtage nicht geſehen/ auch ſonſten ſeinen geraden Leib und wol-gebildete Glieder betrachtete/ ward ſie durch ſeine Geſtalt gaͤntzlich eingenommen/ und wuſte fuͤr Liebe nicht zu bleiben. Sie lieff dem- nach geſchwinde in den Hof/ und holete ihre getreue Magd herbey/ welcher ſie dieſes alles vor Augen zei- gete/ darneben ſprechend: Jſt es nicht Jammer und Schade/ daß dieſer ſchoͤne Mann keine Sprache hat? Doch ja/ es iſt ſehr gut/ ich wil mich mit ihm ergoͤtzen/ und er wird mich nicht verrathen. Ach! betrachte doch den zierlichen Leib/ und alle ſo wol-gebildete Glieder dieſes ungluͤckſeeligen Stummen. Durch dieſes An- ſchauen ward die Magd gleicher Geſtalt entzuͤndet/ daß ſie ſich nicht zu behalten wuſte/ dahero ſprach ſie: Jungfer/ ich habe wol ehe gehoͤret/ daß keine groͤſſere Freude auf Erden/ als die den Eheleuten gemein iſt. Habt ihr Luſt/ ſo wollen wir jetzo einen Vorſchmack darvon nehmen? Hiermit war die Adeliche Jung- ſran zufrieden/ welche auch Standes wegen den Vor- zug haben wolte. Solchem nach wecketen ſie den Ve- nereum ſanfftmuͤthig auf/ und gaben ihm ihr Ver- langen mit unkeuſchen Griffen zu verſtehen. Weil er nun eben das Jenige ſuchete/ war er willig/ und er- zeigete ſich darinn/ als ein rechtſchaffener Meiſter. Hernach gab er zu verſtehen/ daß er gerne etwas Gu- tes zu eſſen und zu trincken verlange/ welches ihm die Jungfrau gleich hernach ſelber brachte. Alſo hatte dieſe denſelben gantzen Nachmittag ihre kurtzweilige Deutungen mit ihm im Garten/ aber gegen Abend kamen ſie von einander. Am folgenden Morgen fruͤhe gieng die Magd allein heimlich in den Garten/ mit ei- nem ſchoͤnen Fruͤhſtuͤck/ und uͤberreichete ſolches dem Vene-

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Zitationshilfe: Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690, S. 635. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690/653>, abgerufen am 22.11.2024.