Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690.

Bild:
<< vorherige Seite

Deß Academischen
sich darwider zu schützen/ aber er sahe keine Hülffe/
noch einigen Menschen.

Um die Mittags-Zeit kam er in ein kleines Dorff/
da ihm alle Kinder nachlieffen/ und meyneten/ er sey
nicht recht bey Sinnen/ aber er erzehlete den Leuten
sein erlittenes Unglück/ die ihm dann Bericht erthei-
leten/ daß es mehr Räysenden in jenem Hauß also er-
gangen/ als worinn dann und wann sich eine gewisse
Diebes, Compagnie einstellete/ worunter sich einer
für den Wirth/ und die andern für Gäste außgeben/
wann alsdann unschuldige Fremdlinge bey ihnen ein-
kehreten/ würden sie von allem beraubet/ was sie ge-
habt hätten. Es waren aber diese Bauren ziemlich
mitleydig mit unserm Venereo, indem ihm der eine
ein grobes Hemd/ ein anderer ein Paar Leinen-
Strümpffe/ ein anderer den rechten/ und ein anderer
den lincken Schuh/ ein anderer einen durchsichtigen
Hut/ und ein anderer ein Paar zerrissene Hosen zu-
warff/ welches alles er keines Weges verschmähete/
sondern/ nachdem er es angeleget/ und sich mit etwas
Speisen erquicket hatte/ machte er sich wieder auf
den Weg/ und als er zu einem kleinen Bach gekom-
men/ besahe er seine Außstaffierung darinn/ und
lachete über sich selber/ wann er ihm vorstellete/ wie
höchlich sich Condado über seinen Habit würde ver-
wundern/ wann er denselben solte wieder finden. Jn-
dem er allhier sasse/ und einen Trunck klaren Was-
sers zu sich nahm/ sahe er einen Mann zu Fuß daher
kommen/ welchem er sein Unglück erzehlete/ dieser
hatte grosses Mitleyden mit ihm/ und nachdem er
ihm 2. Pfenninge gereichet/ sprach er: Nehmet für-
lieb hiermit/ mein Freund/ ich habe 2. Jahr gedienet
auf einem Adelichen Hof nicht weit von hinnen/ und
wann ihr dort auf jenen Berg kommet/ werdet ihr

ihn

Deß Academiſchen
ſich darwider zu ſchuͤtzen/ aber er ſahe keine Huͤlffe/
noch einigen Menſchen.

Um die Mittags-Zeit kam er in ein kleines Dorff/
da ihm alle Kinder nachlieffen/ und meyneten/ er ſey
nicht recht bey Sinnen/ aber er erzehlete den Leuten
ſein erlittenes Ungluͤck/ die ihm dann Bericht erthei-
leten/ daß es mehr Raͤyſenden in jenem Hauß alſo er-
gangen/ als worinn dann und wann ſich eine gewiſſe
Diebes, Compagnie einſtellete/ worunter ſich einer
fuͤr den Wirth/ und die andern fuͤr Gaͤſte außgeben/
wann alsdann unſchuldige Fremdlinge bey ihnen ein-
kehreten/ wuͤrden ſie von allem beraubet/ was ſie ge-
habt haͤtten. Es waren aber dieſe Bauren ziemlich
mitleydig mit unſerm Venereo, indem ihm der eine
ein grobes Hemd/ ein anderer ein Paar Leinen-
Struͤmpffe/ ein anderer den rechten/ und ein anderer
den lincken Schuh/ ein anderer einen durchſichtigen
Hut/ und ein anderer ein Paar zerriſſene Hoſen zu-
warff/ welches alles er keines Weges verſchmaͤhete/
ſondern/ nachdem er es angeleget/ und ſich mit etwas
Speiſen erquicket hatte/ machte er ſich wieder auf
den Weg/ und als er zu einem kleinen Bach gekom-
men/ beſahe er ſeine Außſtaffierung darinn/ und
lachete uͤber ſich ſelber/ wann er ihm vorſtellete/ wie
hoͤchlich ſich Condado uͤber ſeinen Habit wuͤrde ver-
wundern/ wann er denſelben ſolte wieder finden. Jn-
dem er allhier ſaſſe/ und einen Trunck klaren Waſ-
ſers zu ſich nahm/ ſahe er einen Mann zu Fuß daher
kommen/ welchem er ſein Ungluͤck erzehlete/ dieſer
hatte groſſes Mitleyden mit ihm/ und nachdem er
ihm 2. Pfenninge gereichet/ ſprach er: Nehmet fuͤr-
lieb hiermit/ mein Freund/ ich habe 2. Jahr gedienet
auf einem Adelichen Hof nicht weit von hinnen/ und
wann ihr dort auf jenen Berg kommet/ werdet ihr

ihn
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0650" n="632"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Deß <hi rendition="#aq">Academi</hi>&#x017F;chen</hi></fw><lb/>
&#x017F;ich darwider zu &#x017F;chu&#x0364;tzen/ aber er &#x017F;ahe keine Hu&#x0364;lffe/<lb/>
noch einigen Men&#x017F;chen.</p><lb/>
          <p>Um die Mittags-Zeit kam er in ein kleines Dorff/<lb/>
da ihm alle Kinder nachlieffen/ und meyneten/ er &#x017F;ey<lb/>
nicht recht bey Sinnen/ aber er erzehlete den Leuten<lb/>
&#x017F;ein erlittenes Unglu&#x0364;ck/ die ihm dann Bericht erthei-<lb/>
leten/ daß es mehr Ra&#x0364;y&#x017F;enden in jenem Hauß al&#x017F;o er-<lb/>
gangen/ als worinn dann und wann &#x017F;ich eine gewi&#x017F;&#x017F;e<lb/>
Diebes, <hi rendition="#aq">Compagnie</hi> ein&#x017F;tellete/ worunter &#x017F;ich einer<lb/>
fu&#x0364;r den Wirth/ und die andern fu&#x0364;r Ga&#x0364;&#x017F;te außgeben/<lb/>
wann alsdann un&#x017F;chuldige Fremdlinge bey ihnen ein-<lb/>
kehreten/ wu&#x0364;rden &#x017F;ie von allem beraubet/ was &#x017F;ie ge-<lb/>
habt ha&#x0364;tten. Es waren aber die&#x017F;e Bauren ziemlich<lb/>
mitleydig mit un&#x017F;erm <hi rendition="#aq">Venereo,</hi> indem ihm der eine<lb/>
ein grobes Hemd/ ein anderer ein Paar Leinen-<lb/>
Stru&#x0364;mpffe/ ein anderer den rechten/ und ein anderer<lb/>
den lincken Schuh/ ein anderer einen durch&#x017F;ichtigen<lb/>
Hut/ und ein anderer ein Paar zerri&#x017F;&#x017F;ene Ho&#x017F;en zu-<lb/>
warff/ welches alles er keines Weges ver&#x017F;chma&#x0364;hete/<lb/>
&#x017F;ondern/ nachdem er es angeleget/ und &#x017F;ich mit etwas<lb/>
Spei&#x017F;en erquicket hatte/ machte er &#x017F;ich wieder auf<lb/>
den Weg/ und als er zu einem kleinen Bach gekom-<lb/>
men/ be&#x017F;ahe er &#x017F;eine Auß&#x017F;taffierung darinn/ und<lb/>
lachete u&#x0364;ber &#x017F;ich &#x017F;elber/ wann er ihm vor&#x017F;tellete/ wie<lb/>
ho&#x0364;chlich &#x017F;ich <hi rendition="#aq">Condado</hi> u&#x0364;ber &#x017F;einen <hi rendition="#aq">Habit</hi> wu&#x0364;rde ver-<lb/>
wundern/ wann er den&#x017F;elben &#x017F;olte wieder finden. Jn-<lb/>
dem er allhier &#x017F;a&#x017F;&#x017F;e/ und einen Trunck klaren Wa&#x017F;-<lb/>
&#x017F;ers zu &#x017F;ich nahm/ &#x017F;ahe er einen Mann zu Fuß daher<lb/>
kommen/ welchem er &#x017F;ein Unglu&#x0364;ck erzehlete/ die&#x017F;er<lb/>
hatte gro&#x017F;&#x017F;es Mitleyden mit ihm/ und nachdem er<lb/>
ihm 2. Pfenninge gereichet/ &#x017F;prach er: Nehmet fu&#x0364;r-<lb/>
lieb hiermit/ mein Freund/ ich habe 2. Jahr gedienet<lb/>
auf einem Adelichen Hof nicht weit von hinnen/ und<lb/>
wann ihr dort auf jenen Berg kommet/ werdet ihr<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ihn</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[632/0650] Deß Academiſchen ſich darwider zu ſchuͤtzen/ aber er ſahe keine Huͤlffe/ noch einigen Menſchen. Um die Mittags-Zeit kam er in ein kleines Dorff/ da ihm alle Kinder nachlieffen/ und meyneten/ er ſey nicht recht bey Sinnen/ aber er erzehlete den Leuten ſein erlittenes Ungluͤck/ die ihm dann Bericht erthei- leten/ daß es mehr Raͤyſenden in jenem Hauß alſo er- gangen/ als worinn dann und wann ſich eine gewiſſe Diebes, Compagnie einſtellete/ worunter ſich einer fuͤr den Wirth/ und die andern fuͤr Gaͤſte außgeben/ wann alsdann unſchuldige Fremdlinge bey ihnen ein- kehreten/ wuͤrden ſie von allem beraubet/ was ſie ge- habt haͤtten. Es waren aber dieſe Bauren ziemlich mitleydig mit unſerm Venereo, indem ihm der eine ein grobes Hemd/ ein anderer ein Paar Leinen- Struͤmpffe/ ein anderer den rechten/ und ein anderer den lincken Schuh/ ein anderer einen durchſichtigen Hut/ und ein anderer ein Paar zerriſſene Hoſen zu- warff/ welches alles er keines Weges verſchmaͤhete/ ſondern/ nachdem er es angeleget/ und ſich mit etwas Speiſen erquicket hatte/ machte er ſich wieder auf den Weg/ und als er zu einem kleinen Bach gekom- men/ beſahe er ſeine Außſtaffierung darinn/ und lachete uͤber ſich ſelber/ wann er ihm vorſtellete/ wie hoͤchlich ſich Condado uͤber ſeinen Habit wuͤrde ver- wundern/ wann er denſelben ſolte wieder finden. Jn- dem er allhier ſaſſe/ und einen Trunck klaren Waſ- ſers zu ſich nahm/ ſahe er einen Mann zu Fuß daher kommen/ welchem er ſein Ungluͤck erzehlete/ dieſer hatte groſſes Mitleyden mit ihm/ und nachdem er ihm 2. Pfenninge gereichet/ ſprach er: Nehmet fuͤr- lieb hiermit/ mein Freund/ ich habe 2. Jahr gedienet auf einem Adelichen Hof nicht weit von hinnen/ und wann ihr dort auf jenen Berg kommet/ werdet ihr ihn

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690/650
Zitationshilfe: Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690, S. 632. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690/650>, abgerufen am 22.07.2024.