Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690.

Bild:
<< vorherige Seite

Deß Academischen
Alten Testament waren die Kind-Betterinnen/ die ein Weiblein
auf die Welt brachten/ sechzig/ die aber ein Männlein gebohren/
nur 30. Tage unrein. Die Männlein werden in 32. die Weiblein
aber in 42. Tagen formiret/ und Jene haben schon im 7. Mond|
die andern aber nicht eher/ als im 9. die Vollkommenheit deß Le-
bens. Als wann die Natur gleichsam ihre Faute so lange/ als
sie könte/ bedecken wolte. Wir sehen auch/ daß/ als der Sathan
den Hiob betrüben wolte/ er ihm alle sein Viehe/ Häuser und
Kinder wegnahm/ wäre aber etwas Gutes an seinem Weibe ge-
wesen/ würde er es ihm ohne allen Zweiffel nicht gelassen haben;
Er that aber gar klug daran/ weil er wol wuste/ daß sie das je-
nige Mittel war/ wodurch er ihn zur Verzweifflung bringen
könte/ welches auch/ da es GOtt verhängen wollen/ wol würde
geschehen seyn. Die meisten Naturkündiger vergleichen sie ihres
extravaganten Humeurs halben mit den Ziegen; Eine aber ih-
rer fürnehmsten Ursachen ist/ daß die Ziegen den Oel-Baum/
welcher das Symbolum deß Friedens ist/ so sehr hassen/ als das
Weib demselben zuwider ist. Dann/ zu geschweigen der ersten
Scheidung/ die sie zwischen GOtt und dem ersten Menschen mit
ihrer Näscherey verursachet; So ist annoch heut ihre Ambi-
tion,
ihre Planderey/ ihre Eigensinnigkeit/ und andere Laster/
fast gemeiniglich die Ursache aller Streitigkeiten/ die sich im
Hauß-Stand/ und ausser demselben/ erregen. Der notableste
Unterscheid aber unter ihnen ist/ daß die Ziegen ihre Hörner
selbsten tragen/ an Statt/ daß die Weiber sie ihren Männern zu
tragen geben. Andere meynen/ daß sie mehr Eigenschafft mit
den Maul-Eseln haben; Dann/ der Etymologia von Mulier zu
geschweigen/ so ist der Maul-Esel das Allerwildeste und Eigen-
sinnigste unter allen Thieren/ welcher sich mehr für eines Men-
schen Schatten/ oder für einem Baum/ der zur Erden liget/
fürchtet/ als für den Stecken und Sporen seines Führers; Die
Weiber thun deßgleichen/ fürchten sich für allem/ da nichts zu
fürchten stehet/ da sie aber Ursach haben zu fürchten/ da scheuen
sie sich nicht für. Der Maul-Esel Eigensinnigkeit ist so groß/
daß gar ein Sprüchwort darauß worden; Sie ist den Weibern
auch fast angebohren/ dann man wird ihrer gar wenig sehen/
welche einem nicht allezeit widersprechen solten. Die Maul-Esel
und Weiber gehen beyderseits nicht gern alleine. Jener Schellen
und Maulkörbe können gar wol mit der andern ihren Ohr-Ge-
bencken und Masauen verglichen werden/ sie gehen auch beyder-
seits eine gerne vor der andern. Je länger man einen Maul-Esel

ruhen

Deß Academiſchen
Alten Teſtament waren die Kind-Betterinnen/ die ein Weiblein
auf die Welt brachten/ ſechzig/ die aber ein Maͤnnlein gebohren/
nur 30. Tage unrein. Die Maͤnnlein werden in 32. die Weiblein
aber in 42. Tagen formiret/ und Jene haben ſchon im 7. Mond|
die andern aber nicht eher/ als im 9. die Vollkommenheit deß Le-
bens. Als wann die Natur gleichſam ihre Faute ſo lange/ als
ſie koͤnte/ bedecken wolte. Wir ſehen auch/ daß/ als der Sathan
den Hiob betruͤben wolte/ er ihm alle ſein Viehe/ Haͤuſer und
Kinder wegnahm/ waͤre aber etwas Gutes an ſeinem Weibe ge-
weſen/ wuͤrde er es ihm ohne allen Zweiffel nicht gelaſſen haben;
Er that aber gar klug daran/ weil er wol wuſte/ daß ſie das je-
nige Mittel war/ wodurch er ihn zur Verzweifflung bringen
koͤnte/ welches auch/ da es GOtt verhaͤngen wollen/ wol wuͤrde
geſchehen ſeyn. Die meiſten Naturkuͤndiger vergleichen ſie ihres
extravaganten Humeurs halben mit den Ziegen; Eine aber ih-
rer fuͤrnehmſten Urſachen iſt/ daß die Ziegen den Oel-Baum/
welcher das Symbolum deß Friedens iſt/ ſo ſehr haſſen/ als das
Weib demſelben zuwider iſt. Dann/ zu geſchweigen der erſten
Scheidung/ die ſie zwiſchen GOtt und dem erſten Menſchen mit
ihrer Naͤſcherey verurſachet; So iſt annoch heut ihre Ambi-
tion,
ihre Planderey/ ihre Eigenſinnigkeit/ und andere Laſter/
faſt gemeiniglich die Urſache aller Streitigkeiten/ die ſich im
Hauß-Stand/ und auſſer demſelben/ erregen. Der notableſte
Unterſcheid aber unter ihnen iſt/ daß die Ziegen ihre Hoͤrner
ſelbſten tragen/ an Statt/ daß die Weiber ſie ihren Maͤnnern zu
tragen geben. Andere meynen/ daß ſie mehr Eigenſchafft mit
den Maul-Eſeln haben; Dann/ der Etymologia von Mulier zu
geſchweigen/ ſo iſt der Maul-Eſel das Allerwildeſte und Eigen-
ſinnigſte unter allen Thieren/ welcher ſich mehr fuͤr eines Men-
ſchen Schatten/ oder fuͤr einem Baum/ der zur Erden liget/
fuͤrchtet/ als fuͤr den Stecken und Sporen ſeines Fuͤhrers; Die
Weiber thun deßgleichen/ fuͤrchten ſich fuͤr allem/ da nichts zu
fuͤrchten ſtehet/ da ſie aber Urſach haben zu fuͤrchten/ da ſcheuen
ſie ſich nicht fuͤr. Der Maul-Eſel Eigenſinnigkeit iſt ſo groß/
daß gar ein Spruͤchwort darauß worden; Sie iſt den Weibern
auch faſt angebohren/ dann man wird ihrer gar wenig ſehen/
welche einem nicht allezeit widerſprechen ſolten. Die Maul-Eſel
und Weiber gehen beyderſeits nicht gern alleine. Jener Schellen
und Maulkoͤrbe koͤnnen gar wol mit der andern ihren Ohr-Ge-
bencken und Maſauen verglichen werden/ ſie gehen auch beyder-
ſeits eine gerne vor der andern. Je laͤnger man einen Maul-Eſel

ruhen
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0622" n="604"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Deß <hi rendition="#aq">Academi</hi>&#x017F;chen</hi></fw><lb/>
Alten Te&#x017F;tament waren die Kind-Betterinnen/ die ein Weiblein<lb/>
auf die Welt brachten/ &#x017F;echzig/ die aber ein Ma&#x0364;nnlein gebohren/<lb/>
nur 30. Tage unrein. Die Ma&#x0364;nnlein werden in 32. die Weiblein<lb/>
aber in 42. Tagen <hi rendition="#aq">formi</hi>ret/ und Jene haben &#x017F;chon im 7. Mond|<lb/>
die andern aber nicht eher/ als im 9. die Vollkommenheit deß Le-<lb/>
bens. Als wann die Natur gleich&#x017F;am ihre <hi rendition="#aq">Faute</hi> &#x017F;o lange/ als<lb/>
&#x017F;ie ko&#x0364;nte/ bedecken wolte. Wir &#x017F;ehen auch/ daß/ als der Sathan<lb/>
den Hiob betru&#x0364;ben wolte/ er ihm alle &#x017F;ein Viehe/ Ha&#x0364;u&#x017F;er und<lb/>
Kinder wegnahm/ wa&#x0364;re aber etwas Gutes an &#x017F;einem Weibe ge-<lb/>
we&#x017F;en/ wu&#x0364;rde er es ihm ohne allen Zweiffel nicht gela&#x017F;&#x017F;en haben;<lb/>
Er that aber gar klug daran/ weil er wol wu&#x017F;te/ daß &#x017F;ie das je-<lb/>
nige Mittel war/ wodurch er ihn zur Verzweifflung bringen<lb/>
ko&#x0364;nte/ welches auch/ da es GOtt verha&#x0364;ngen wollen/ wol wu&#x0364;rde<lb/>
ge&#x017F;chehen &#x017F;eyn. Die mei&#x017F;ten Naturku&#x0364;ndiger vergleichen &#x017F;ie ihres<lb/><hi rendition="#aq">extravagant</hi>en <hi rendition="#aq">Humeurs</hi> halben mit den Ziegen; Eine aber ih-<lb/>
rer fu&#x0364;rnehm&#x017F;ten Ur&#x017F;achen i&#x017F;t/ daß die Ziegen den Oel-Baum/<lb/>
welcher das <hi rendition="#aq">Symbolum</hi> deß Friedens i&#x017F;t/ &#x017F;o &#x017F;ehr ha&#x017F;&#x017F;en/ als das<lb/>
Weib dem&#x017F;elben zuwider i&#x017F;t. Dann/ zu ge&#x017F;chweigen der er&#x017F;ten<lb/>
Scheidung/ die &#x017F;ie zwi&#x017F;chen GOtt und dem er&#x017F;ten Men&#x017F;chen mit<lb/>
ihrer Na&#x0364;&#x017F;cherey verur&#x017F;achet; So i&#x017F;t annoch heut ihre <hi rendition="#aq">Ambi-<lb/>
tion,</hi> ihre Planderey/ ihre Eigen&#x017F;innigkeit/ und andere La&#x017F;ter/<lb/>
fa&#x017F;t gemeiniglich die Ur&#x017F;ache aller Streitigkeiten/ die &#x017F;ich im<lb/>
Hauß-Stand/ und au&#x017F;&#x017F;er dem&#x017F;elben/ erregen. Der <hi rendition="#aq">notable&#x017F;te</hi><lb/>
Unter&#x017F;cheid aber unter ihnen i&#x017F;t/ daß die Ziegen ihre Ho&#x0364;rner<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;ten tragen/ an Statt/ daß die Weiber &#x017F;ie ihren Ma&#x0364;nnern zu<lb/>
tragen geben. Andere meynen/ daß &#x017F;ie mehr Eigen&#x017F;chafft mit<lb/>
den Maul-E&#x017F;eln haben; Dann/ der <hi rendition="#aq">Etymologia</hi> von <hi rendition="#aq">Mulier</hi> zu<lb/>
ge&#x017F;chweigen/ &#x017F;o i&#x017F;t der Maul-E&#x017F;el das Allerwilde&#x017F;te und Eigen-<lb/>
&#x017F;innig&#x017F;te unter allen Thieren/ welcher &#x017F;ich mehr fu&#x0364;r eines Men-<lb/>
&#x017F;chen Schatten/ oder fu&#x0364;r einem Baum/ der zur Erden liget/<lb/>
fu&#x0364;rchtet/ als fu&#x0364;r den Stecken und Sporen &#x017F;eines Fu&#x0364;hrers; Die<lb/>
Weiber thun deßgleichen/ fu&#x0364;rchten &#x017F;ich fu&#x0364;r allem/ da nichts zu<lb/>
fu&#x0364;rchten &#x017F;tehet/ da &#x017F;ie aber Ur&#x017F;ach haben zu fu&#x0364;rchten/ da &#x017F;cheuen<lb/>
&#x017F;ie &#x017F;ich nicht fu&#x0364;r. Der Maul-E&#x017F;el Eigen&#x017F;innigkeit i&#x017F;t &#x017F;o groß/<lb/>
daß gar ein Spru&#x0364;chwort darauß worden; Sie i&#x017F;t den Weibern<lb/>
auch fa&#x017F;t angebohren/ dann man wird ihrer gar wenig &#x017F;ehen/<lb/>
welche einem nicht allezeit wider&#x017F;prechen &#x017F;olten. Die Maul-E&#x017F;el<lb/>
und Weiber gehen beyder&#x017F;eits nicht gern alleine. Jener Schellen<lb/>
und Maulko&#x0364;rbe ko&#x0364;nnen gar wol mit der andern ihren Ohr-Ge-<lb/>
bencken und Ma&#x017F;auen verglichen werden/ &#x017F;ie gehen auch beyder-<lb/>
&#x017F;eits eine gerne vor der andern. Je la&#x0364;nger man einen Maul-E&#x017F;el<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ruhen</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[604/0622] Deß Academiſchen Alten Teſtament waren die Kind-Betterinnen/ die ein Weiblein auf die Welt brachten/ ſechzig/ die aber ein Maͤnnlein gebohren/ nur 30. Tage unrein. Die Maͤnnlein werden in 32. die Weiblein aber in 42. Tagen formiret/ und Jene haben ſchon im 7. Mond| die andern aber nicht eher/ als im 9. die Vollkommenheit deß Le- bens. Als wann die Natur gleichſam ihre Faute ſo lange/ als ſie koͤnte/ bedecken wolte. Wir ſehen auch/ daß/ als der Sathan den Hiob betruͤben wolte/ er ihm alle ſein Viehe/ Haͤuſer und Kinder wegnahm/ waͤre aber etwas Gutes an ſeinem Weibe ge- weſen/ wuͤrde er es ihm ohne allen Zweiffel nicht gelaſſen haben; Er that aber gar klug daran/ weil er wol wuſte/ daß ſie das je- nige Mittel war/ wodurch er ihn zur Verzweifflung bringen koͤnte/ welches auch/ da es GOtt verhaͤngen wollen/ wol wuͤrde geſchehen ſeyn. Die meiſten Naturkuͤndiger vergleichen ſie ihres extravaganten Humeurs halben mit den Ziegen; Eine aber ih- rer fuͤrnehmſten Urſachen iſt/ daß die Ziegen den Oel-Baum/ welcher das Symbolum deß Friedens iſt/ ſo ſehr haſſen/ als das Weib demſelben zuwider iſt. Dann/ zu geſchweigen der erſten Scheidung/ die ſie zwiſchen GOtt und dem erſten Menſchen mit ihrer Naͤſcherey verurſachet; So iſt annoch heut ihre Ambi- tion, ihre Planderey/ ihre Eigenſinnigkeit/ und andere Laſter/ faſt gemeiniglich die Urſache aller Streitigkeiten/ die ſich im Hauß-Stand/ und auſſer demſelben/ erregen. Der notableſte Unterſcheid aber unter ihnen iſt/ daß die Ziegen ihre Hoͤrner ſelbſten tragen/ an Statt/ daß die Weiber ſie ihren Maͤnnern zu tragen geben. Andere meynen/ daß ſie mehr Eigenſchafft mit den Maul-Eſeln haben; Dann/ der Etymologia von Mulier zu geſchweigen/ ſo iſt der Maul-Eſel das Allerwildeſte und Eigen- ſinnigſte unter allen Thieren/ welcher ſich mehr fuͤr eines Men- ſchen Schatten/ oder fuͤr einem Baum/ der zur Erden liget/ fuͤrchtet/ als fuͤr den Stecken und Sporen ſeines Fuͤhrers; Die Weiber thun deßgleichen/ fuͤrchten ſich fuͤr allem/ da nichts zu fuͤrchten ſtehet/ da ſie aber Urſach haben zu fuͤrchten/ da ſcheuen ſie ſich nicht fuͤr. Der Maul-Eſel Eigenſinnigkeit iſt ſo groß/ daß gar ein Spruͤchwort darauß worden; Sie iſt den Weibern auch faſt angebohren/ dann man wird ihrer gar wenig ſehen/ welche einem nicht allezeit widerſprechen ſolten. Die Maul-Eſel und Weiber gehen beyderſeits nicht gern alleine. Jener Schellen und Maulkoͤrbe koͤnnen gar wol mit der andern ihren Ohr-Ge- bencken und Maſauen verglichen werden/ ſie gehen auch beyder- ſeits eine gerne vor der andern. Je laͤnger man einen Maul-Eſel ruhen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690/622
Zitationshilfe: Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690, S. 604. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690/622>, abgerufen am 25.08.2024.