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Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690.

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Deß Academischen
Tisches lag/ zu sich gestecket/ und ritte noch vor der
tunckeln Nacht wieder darvon. Er ruhete diese Nacht
in einem Wald/ allwo er seinem Pferde eine frische
Graß-Wäyde gönnete/ und als der Tag angebrochen/
ritte er fort/ schlug sich gerade nach Norden/ hielte sich
immer ausserhalb der Land-Strassen/ und allen an-
dern Wegen/ damit er nicht eingeholet würde/ und
kam gegen Mittag zu einem Küh-Hirten/ welchen er
um ein Stücklein Brodts bathe/ dieser reichete ihm
solches gerne/ samt einem Stück von einer rohen Sei-
ten Speck/ solches warff er in den Magen/ und ritte
fort. Gegen den Abend kam er zu einem Hospital,
welches auf einem Hügel gantz allein lag. Er sprach/
er hätte sich verirret/ sie möchten ihn doch herbergen.
Die Leute nahmen ihn willig auf/ spanneten das Pferd
auf eine gute Wiese/ und gaben ihm zu essen/ nach ih-
rem besten Vermögen. Am folgenden Morgen gieng
er weiter/ kunte aber zu Mittags-Zeit keinen Men-
schen noch Wohnung antreffen; Aber gegen den
Abend kam er vor die Stadt Sternfeld/ und erfuhr
von den Leuten/ daß dieser Ort ausserhalb Graubün-
den lige/ dahero kehrete er daselbst ein/ vertauschete
am folgenden Morgen bey einem Juben seine Klei-
der/ und verkauffete einem Officirer/ der durchpassir-
te/ das Pferd/ er handelte aber darfür bald ein an-
ders/ und achtete sich an diesem Ort nunmehro sicher
gnug/ unerkandt zu seyn/ und von aller Verfolgung
befreyet zu bleiben.

Er lag in einer Herberge/ bey einem Gastgeber/
der ein verständiger Mann/ und in seiner Jugend auf
der Universität zu Freyburg im Breißgau etliche
Jahre studiret hatte. Er liebete seine Frau ungemein/
und solches legete sie dergestalt zu ihrem Vortheil
auß/ daß sie den Hut bey Zeiten bekommen/ und deß

Mannes

Deß Academiſchen
Tiſches lag/ zu ſich geſtecket/ und ritte noch vor der
tunckeln Nacht wieder darvon. Er ruhete dieſe Nacht
in einem Wald/ allwo er ſeinem Pferde eine friſche
Graß-Waͤyde goͤnnete/ und als der Tag angebrochen/
ritte er fort/ ſchlug ſich gerade nach Norden/ hielte ſich
immer auſſerhalb der Land-Straſſen/ und allen an-
dern Wegen/ damit er nicht eingeholet wuͤrde/ und
kam gegen Mittag zu einem Kuͤh-Hirten/ welchen er
um ein Stuͤcklein Brodts bathe/ dieſer reichete ihm
ſolches gerne/ ſamt einem Stuͤck von einer rohen Sei-
ten Speck/ ſolches warff er in den Magen/ und ritte
fort. Gegen den Abend kam er zu einem Hoſpital,
welches auf einem Huͤgel gantz allein lag. Er ſprach/
er haͤtte ſich verirret/ ſie moͤchten ihn doch herbergen.
Die Leute nahmen ihn willig auf/ ſpañeten das Pferd
auf eine gute Wieſe/ und gaben ihm zu eſſen/ nach ih-
rem beſten Vermoͤgen. Am folgenden Morgen gieng
er weiter/ kunte aber zu Mittags-Zeit keinen Men-
ſchen noch Wohnung antreffen; Aber gegen den
Abend kam er vor die Stadt Sternfeld/ und erfuhr
von den Leuten/ daß dieſer Ort auſſerhalb Graubuͤn-
den lige/ dahero kehrete er daſelbſt ein/ vertauſchete
am folgenden Morgen bey einem Juben ſeine Klei-
der/ und verkauffete einem Officirer/ der durchpaſſir-
te/ das Pferd/ er handelte aber darfuͤr bald ein an-
ders/ und achtete ſich an dieſem Ort nunmehro ſicher
gnug/ unerkandt zu ſeyn/ und von aller Verfolgung
befreyet zu bleiben.

Er lag in einer Herberge/ bey einem Gaſtgeber/
der ein verſtaͤndiger Mann/ und in ſeiner Jugend auf
der Univerſitaͤt zu Freyburg im Breißgau etliche
Jahre ſtudiret hatte. Er liebete ſeine Frau ungemein/
und ſolches legete ſie dergeſtalt zu ihrem Vortheil
auß/ daß ſie den Hut bey Zeiten bekommen/ und deß

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[602/0620] Deß Academiſchen Tiſches lag/ zu ſich geſtecket/ und ritte noch vor der tunckeln Nacht wieder darvon. Er ruhete dieſe Nacht in einem Wald/ allwo er ſeinem Pferde eine friſche Graß-Waͤyde goͤnnete/ und als der Tag angebrochen/ ritte er fort/ ſchlug ſich gerade nach Norden/ hielte ſich immer auſſerhalb der Land-Straſſen/ und allen an- dern Wegen/ damit er nicht eingeholet wuͤrde/ und kam gegen Mittag zu einem Kuͤh-Hirten/ welchen er um ein Stuͤcklein Brodts bathe/ dieſer reichete ihm ſolches gerne/ ſamt einem Stuͤck von einer rohen Sei- ten Speck/ ſolches warff er in den Magen/ und ritte fort. Gegen den Abend kam er zu einem Hoſpital, welches auf einem Huͤgel gantz allein lag. Er ſprach/ er haͤtte ſich verirret/ ſie moͤchten ihn doch herbergen. Die Leute nahmen ihn willig auf/ ſpañeten das Pferd auf eine gute Wieſe/ und gaben ihm zu eſſen/ nach ih- rem beſten Vermoͤgen. Am folgenden Morgen gieng er weiter/ kunte aber zu Mittags-Zeit keinen Men- ſchen noch Wohnung antreffen; Aber gegen den Abend kam er vor die Stadt Sternfeld/ und erfuhr von den Leuten/ daß dieſer Ort auſſerhalb Graubuͤn- den lige/ dahero kehrete er daſelbſt ein/ vertauſchete am folgenden Morgen bey einem Juben ſeine Klei- der/ und verkauffete einem Officirer/ der durchpaſſir- te/ das Pferd/ er handelte aber darfuͤr bald ein an- ders/ und achtete ſich an dieſem Ort nunmehro ſicher gnug/ unerkandt zu ſeyn/ und von aller Verfolgung befreyet zu bleiben. Er lag in einer Herberge/ bey einem Gaſtgeber/ der ein verſtaͤndiger Mann/ und in ſeiner Jugend auf der Univerſitaͤt zu Freyburg im Breißgau etliche Jahre ſtudiret hatte. Er liebete ſeine Frau ungemein/ und ſolches legete ſie dergeſtalt zu ihrem Vortheil auß/ daß ſie den Hut bey Zeiten bekommen/ und deß Mannes

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Zitationshilfe: Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690, S. 602. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690/620>, abgerufen am 22.11.2024.