Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690.

Bild:
<< vorherige Seite
Deß Academischen

Früh Morgens nahmen wir Abschied/ und ich
ließ meinen Esel allhier/ um solchen dem vorigen
Kloster wieder zu zusenden/ auß diesem Kloster aber
bekamen wir 2. Esel/ und ritten darauf biß nach
Chur/ woselbst mein Gefährte sich einen Tag aufhal-
ten muste. Wir blieben in einem Kloster nahe bey
der Stadt/ allda ich mich rechtschaffen durchfrasse/
und merckete nunmehro mein Camerad wol/ daß es
mir nicht um das Kloster-Leben/ sondern um etwas
gutes zu essen und zu trincken zu thun wäre/ weil er
nun ein guthertziger Mann/ halff er mir allenthalben
durch/ und nachdem er seine Dinge verrichtet/ gien-
gen wir zu Fuß mit einander fort/ bekamen zwar an-
jetzo keine Esel/ aber man gab mir einen Bündel mit
Essen und Trincken auf den Rücken/ weil wir vor
Abend kein Kloster erreichen würden. Solcher
Gestalt giengen wir fort/ und speiseten um den Mit-
tag in einem einsamen Bauren-Häußlein/ von dem/
das ich auf meinem Rücken trug. Darauf sprachen
wir unsern Beinen wieder zu/ und giengen biß an den
späthen Abend/ da wir das jenige Kloster erreichten/
in welches mein Münch gehörete/ der mich darinnen
wol tractiren ließ. Am folgenden Morgen nahm ich
meinen Abschied von ihm/ und gieng nach dem Dorff/
so nahe bey dem Kloster/ daselbst waren die Einwoh-
ner der Reformirten Religion zugethan/ und sehr böß/
daß ein Kloster-Esel auf ihrer Wäyde wäydete. Jch
sprach: Gebet mir Freyheit/ so wil ich den Esel von
dannen bringen. Sie vergonneten mir solches wil-
lig/ und also setzte ich mich darauf/ stiesse ihn wacker
in die Seiten/ daß er lauffen muste/ und ritte darauf
fort/ biß um den Mittag 10. Männer/ darunter
3. zu Pferde/ die andern aber zu Fuß waren/ mich ein-
holeten/ und weil ich schon in dieser Gräntze/ führeten

sie
Deß Academiſchen

Fruͤh Morgens nahmen wir Abſchied/ und ich
ließ meinen Eſel allhier/ um ſolchen dem vorigen
Kloſter wieder zu zuſenden/ auß dieſem Kloſter aber
bekamen wir 2. Eſel/ und ritten darauf biß nach
Chur/ woſelbſt mein Gefaͤhrte ſich einen Tag aufhal-
ten muſte. Wir blieben in einem Kloſter nahe bey
der Stadt/ allda ich mich rechtſchaffen durchfraſſe/
und merckete nunmehro mein Camerad wol/ daß es
mir nicht um das Kloſter-Leben/ ſondern um etwas
gutes zu eſſen und zu trincken zu thun waͤre/ weil er
nun ein guthertziger Mann/ halff er mir allenthalben
durch/ und nachdem er ſeine Dinge verrichtet/ gien-
gen wir zu Fuß mit einander fort/ bekamen zwar an-
jetzo keine Eſel/ aber man gab mir einen Buͤndel mit
Eſſen und Trincken auf den Ruͤcken/ weil wir vor
Abend kein Kloſter erreichen wuͤrden. Solcher
Geſtalt giengen wir fort/ und ſpeiſeten um den Mit-
tag in einem einſamen Bauren-Haͤußlein/ von dem/
das ich auf meinem Ruͤcken trug. Darauf ſprachen
wir unſern Beinen wieder zu/ und giengen biß an den
ſpaͤthen Abend/ da wir das jenige Kloſter erreichten/
in welches mein Muͤnch gehoͤrete/ der mich darinnen
wol tractiren ließ. Am folgenden Morgen nahm ich
meinen Abſchied von ihm/ und gieng nach dem Dorff/
ſo nahe bey dem Kloſter/ daſelbſt waren die Einwoh-
ner der Reformirten Religion zugethan/ und ſehr boͤß/
daß ein Kloſter-Eſel auf ihrer Waͤyde waͤydete. Jch
ſprach: Gebet mir Freyheit/ ſo wil ich den Eſel von
dannen bringen. Sie vergonneten mir ſolches wil-
lig/ und alſo ſetzte ich mich darauf/ ſtieſſe ihn wacker
in die Seiten/ daß er lauffen muſte/ und ritte darauf
fort/ biß um den Mittag 10. Maͤnner/ darunter
3. zu Pferde/ die andern aber zu Fuß waren/ mich ein-
holeten/ und weil ich ſchon in dieſer Graͤntze/ fuͤhreten

ſie
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0596" n="580"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Deß <hi rendition="#aq">Academi</hi>&#x017F;chen</hi> </fw><lb/>
          <p>Fru&#x0364;h Morgens nahmen wir Ab&#x017F;chied/ und ich<lb/>
ließ meinen E&#x017F;el allhier/ um &#x017F;olchen dem vorigen<lb/>
Klo&#x017F;ter wieder zu zu&#x017F;enden/ auß die&#x017F;em Klo&#x017F;ter aber<lb/>
bekamen wir 2. E&#x017F;el/ und ritten darauf biß nach<lb/>
Chur/ wo&#x017F;elb&#x017F;t mein Gefa&#x0364;hrte &#x017F;ich einen Tag aufhal-<lb/>
ten mu&#x017F;te. Wir blieben in einem Klo&#x017F;ter nahe bey<lb/>
der Stadt/ allda ich mich recht&#x017F;chaffen durchfra&#x017F;&#x017F;e/<lb/>
und merckete nunmehro mein Camerad wol/ daß es<lb/>
mir nicht um das Klo&#x017F;ter-Leben/ &#x017F;ondern um etwas<lb/>
gutes zu e&#x017F;&#x017F;en und zu trincken zu thun wa&#x0364;re/ weil er<lb/>
nun ein guthertziger Mann/ halff er mir allenthalben<lb/>
durch/ und nachdem er &#x017F;eine Dinge verrichtet/ gien-<lb/>
gen wir zu Fuß mit einander fort/ bekamen zwar an-<lb/>
jetzo keine E&#x017F;el/ aber man gab mir einen Bu&#x0364;ndel mit<lb/>
E&#x017F;&#x017F;en und Trincken auf den Ru&#x0364;cken/ weil wir vor<lb/>
Abend kein Klo&#x017F;ter erreichen wu&#x0364;rden. Solcher<lb/>
Ge&#x017F;talt giengen wir fort/ und &#x017F;pei&#x017F;eten um den Mit-<lb/>
tag in einem ein&#x017F;amen Bauren-Ha&#x0364;ußlein/ von dem/<lb/>
das ich auf meinem Ru&#x0364;cken trug. Darauf &#x017F;prachen<lb/>
wir un&#x017F;ern Beinen wieder zu/ und giengen biß an den<lb/>
&#x017F;pa&#x0364;then Abend/ da wir das jenige Klo&#x017F;ter erreichten/<lb/>
in welches mein Mu&#x0364;nch geho&#x0364;rete/ der mich darinnen<lb/>
wol <hi rendition="#aq">tracti</hi>ren ließ. Am folgenden Morgen nahm ich<lb/>
meinen Ab&#x017F;chied von ihm/ und gieng nach dem Dorff/<lb/>
&#x017F;o nahe bey dem Klo&#x017F;ter/ da&#x017F;elb&#x017F;t waren die Einwoh-<lb/>
ner der <hi rendition="#aq">Reformi</hi>rten <hi rendition="#aq">Religion</hi> zugethan/ und &#x017F;ehr bo&#x0364;ß/<lb/>
daß ein Klo&#x017F;ter-E&#x017F;el auf ihrer Wa&#x0364;yde wa&#x0364;ydete. Jch<lb/>
&#x017F;prach: Gebet mir Freyheit/ &#x017F;o wil ich den E&#x017F;el von<lb/>
dannen bringen. Sie vergonneten mir &#x017F;olches wil-<lb/>
lig/ und al&#x017F;o &#x017F;etzte ich mich darauf/ &#x017F;tie&#x017F;&#x017F;e ihn wacker<lb/>
in die Seiten/ daß er lauffen mu&#x017F;te/ und ritte darauf<lb/>
fort/ biß um den Mittag 10. Ma&#x0364;nner/ darunter<lb/>
3. zu Pferde/ die andern aber zu Fuß waren/ mich ein-<lb/>
holeten/ und weil ich &#x017F;chon in die&#x017F;er Gra&#x0364;ntze/ fu&#x0364;hreten<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&#x017F;ie</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[580/0596] Deß Academiſchen Fruͤh Morgens nahmen wir Abſchied/ und ich ließ meinen Eſel allhier/ um ſolchen dem vorigen Kloſter wieder zu zuſenden/ auß dieſem Kloſter aber bekamen wir 2. Eſel/ und ritten darauf biß nach Chur/ woſelbſt mein Gefaͤhrte ſich einen Tag aufhal- ten muſte. Wir blieben in einem Kloſter nahe bey der Stadt/ allda ich mich rechtſchaffen durchfraſſe/ und merckete nunmehro mein Camerad wol/ daß es mir nicht um das Kloſter-Leben/ ſondern um etwas gutes zu eſſen und zu trincken zu thun waͤre/ weil er nun ein guthertziger Mann/ halff er mir allenthalben durch/ und nachdem er ſeine Dinge verrichtet/ gien- gen wir zu Fuß mit einander fort/ bekamen zwar an- jetzo keine Eſel/ aber man gab mir einen Buͤndel mit Eſſen und Trincken auf den Ruͤcken/ weil wir vor Abend kein Kloſter erreichen wuͤrden. Solcher Geſtalt giengen wir fort/ und ſpeiſeten um den Mit- tag in einem einſamen Bauren-Haͤußlein/ von dem/ das ich auf meinem Ruͤcken trug. Darauf ſprachen wir unſern Beinen wieder zu/ und giengen biß an den ſpaͤthen Abend/ da wir das jenige Kloſter erreichten/ in welches mein Muͤnch gehoͤrete/ der mich darinnen wol tractiren ließ. Am folgenden Morgen nahm ich meinen Abſchied von ihm/ und gieng nach dem Dorff/ ſo nahe bey dem Kloſter/ daſelbſt waren die Einwoh- ner der Reformirten Religion zugethan/ und ſehr boͤß/ daß ein Kloſter-Eſel auf ihrer Waͤyde waͤydete. Jch ſprach: Gebet mir Freyheit/ ſo wil ich den Eſel von dannen bringen. Sie vergonneten mir ſolches wil- lig/ und alſo ſetzte ich mich darauf/ ſtieſſe ihn wacker in die Seiten/ daß er lauffen muſte/ und ritte darauf fort/ biß um den Mittag 10. Maͤnner/ darunter 3. zu Pferde/ die andern aber zu Fuß waren/ mich ein- holeten/ und weil ich ſchon in dieſer Graͤntze/ fuͤhreten ſie

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690/596
Zitationshilfe: Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690, S. 580. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690/596>, abgerufen am 22.07.2024.