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Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690.

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Deß Academischen
er sich wenden/ und wem er favorisiren solle/ oder
nicht? Die Advocaten und Procuratoren aber kön-
nen nichts Künfftiges vorstellen/ wo sie nicht mit ei-
nem Sinn-reichen Verstand/ und subtilen klaren
Begriff vieler Sachen begabet sind. Daß also das
Judicium ohne den Sinn-reichen Verstand/ der ihm
alles vortragen muß/ nichts nütze; Und zwar eben so
wenig/ als die Hertzhafftigkeit für eine Tugend zu ach-
ten/ wann kein Verstand darbey ist/ sintemahl die
Courage ohne den Verstand nur ein Bestialisches
Wüten und Verwegenheit ist/ wordurch wir uns
selbsten zur ungelegener Zeit in Gefahr stürtzen/ dar-
an dann Niemand Gefallen haben kan. Hingegen
thut der Sinn-reiche Verstand alles mit einer An-
nehmlichkeit/ und giebt allen Dingen ein Ansehen/
ohne Sinn-reichen fertigen Verstand reimen sich alle
Dinge so übel/ als wie der Trojaner ihre Condolentz/
oder Leydes-Beklagung/ bey Tiberio über deß Ger-
manici
Tod/ welche sie allererst nach Verfliessung
Jahr und Tag zu Rom ablegeten; Worauf selbiger
Käyser mit einer artigen Replique und Antwort ih-
nen hinwiederum den Verlust deß Hectoris, eines
Mit-Bürgers/ der vor vielen hundert Jahren im
Krieg wider die Griechen vom Achille erschlagen
worden/ mitleydentlich beklagete. Dann die Fertig-
keit deß Verstandes kommt einem bey allen Discursen
und Actionen zu statten/ wordurch man in einem
Augenblick mit einem wol-gesprochenen Wort/
mit einem angenehmen Gelaß/ mit einer ge-
ringen Action, ins gemein mehr außrichtet/ als
wann wir lange darüber speculiret/ und es in die
Länge und Queere überleger haben/ was wir thun/
oder reden sollen; Nun ist vielmehr die Fertigkeit im
Thun und Reden eine Eigenschafft deß Sinn-reichen
Verstandes/ als eine Würckung deß Judicii, oder ein

Effect

Deß Academiſchen
er ſich wenden/ und wem er favoriſiren ſolle/ oder
nicht? Die Advocaten und Procuratoren aber koͤn-
nen nichts Kuͤnfftiges vorſtellen/ wo ſie nicht mit ei-
nem Sinn-reichen Verſtand/ und ſubtilen klaren
Begriff vieler Sachen begabet ſind. Daß alſo das
Judicium ohne den Sinn-reichen Verſtand/ der ihm
alles vortragen muß/ nichts nuͤtze; Und zwar eben ſo
wenig/ als die Hertzhafftigkeit fuͤr eine Tugend zu ach-
ten/ wann kein Verſtand darbey iſt/ ſintemahl die
Courage ohne den Verſtand nur ein Beſtialiſches
Wuͤten und Verwegenheit iſt/ wordurch wir uns
ſelbſten zur ungelegener Zeit in Gefahr ſtuͤrtzen/ dar-
an dann Niemand Gefallen haben kan. Hingegen
thut der Sinn-reiche Verſtand alles mit einer An-
nehmlichkeit/ und giebt allen Dingen ein Anſehen/
ohne Sinn-reichen fertigen Verſtand reimen ſich alle
Dinge ſo uͤbel/ als wie der Trojaner ihre Condolentz/
oder Leydes-Beklagung/ bey Tiberio uͤber deß Ger-
manici
Tod/ welche ſie allererſt nach Verflieſſung
Jahr und Tag zu Rom ablegeten; Worauf ſelbiger
Kaͤyſer mit einer artigen Replique und Antwort ih-
nen hinwiederum den Verluſt deß Hectoris, eines
Mit-Buͤrgers/ der vor vielen hundert Jahren im
Krieg wider die Griechen vom Achille erſchlagen
worden/ mitleydentlich beklagete. Dann die Fertig-
keit deß Verſtandes kom̃t einem bey allen Diſcurſen
und Actionen zu ſtatten/ wordurch man in einem
Augenblick mit einem wol-geſprochenen Wort/
mit einem angenehmen Gelaß/ mit einer ge-
ringen Action, ins gemein mehr außrichtet/ als
wann wir lange daruͤber ſpeculiret/ und es in die
Laͤnge und Queere uͤberleger haben/ was wir thun/
oder reden ſollen; Nun iſt vielmehr die Fertigkeit im
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Verſtandes/ als eine Wuͤrckung deß Judicii, oder ein

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[562/0578] Deß Academiſchen er ſich wenden/ und wem er favoriſiren ſolle/ oder nicht? Die Advocaten und Procuratoren aber koͤn- nen nichts Kuͤnfftiges vorſtellen/ wo ſie nicht mit ei- nem Sinn-reichen Verſtand/ und ſubtilen klaren Begriff vieler Sachen begabet ſind. Daß alſo das Judicium ohne den Sinn-reichen Verſtand/ der ihm alles vortragen muß/ nichts nuͤtze; Und zwar eben ſo wenig/ als die Hertzhafftigkeit fuͤr eine Tugend zu ach- ten/ wann kein Verſtand darbey iſt/ ſintemahl die Courage ohne den Verſtand nur ein Beſtialiſches Wuͤten und Verwegenheit iſt/ wordurch wir uns ſelbſten zur ungelegener Zeit in Gefahr ſtuͤrtzen/ dar- an dann Niemand Gefallen haben kan. Hingegen thut der Sinn-reiche Verſtand alles mit einer An- nehmlichkeit/ und giebt allen Dingen ein Anſehen/ ohne Sinn-reichen fertigen Verſtand reimen ſich alle Dinge ſo uͤbel/ als wie der Trojaner ihre Condolentz/ oder Leydes-Beklagung/ bey Tiberio uͤber deß Ger- manici Tod/ welche ſie allererſt nach Verflieſſung Jahr und Tag zu Rom ablegeten; Worauf ſelbiger Kaͤyſer mit einer artigen Replique und Antwort ih- nen hinwiederum den Verluſt deß Hectoris, eines Mit-Buͤrgers/ der vor vielen hundert Jahren im Krieg wider die Griechen vom Achille erſchlagen worden/ mitleydentlich beklagete. Dann die Fertig- keit deß Verſtandes kom̃t einem bey allen Diſcurſen und Actionen zu ſtatten/ wordurch man in einem Augenblick mit einem wol-geſprochenen Wort/ mit einem angenehmen Gelaß/ mit einer ge- ringen Action, ins gemein mehr außrichtet/ als wann wir lange daruͤber ſpeculiret/ und es in die Laͤnge und Queere uͤberleger haben/ was wir thun/ oder reden ſollen; Nun iſt vielmehr die Fertigkeit im Thun und Reden eine Eigenſchafft deß Sinn-reichen Verſtandes/ als eine Wuͤrckung deß Judicii, oder ein Effect

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Zitationshilfe: Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690, S. 562. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690/578>, abgerufen am 22.11.2024.