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Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690.

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Romans I. Buch.
heimlich gehalten haben. Dieser spitzigen Antwort
hätte sich Condado nicht versehen/ solche drung ihm
demnach ins Hertz/ daß er sagte: Halt still Kerl/ ich
wil nun deine Heimlichkeit sehen/ und du wirst dich
dessen nicht entbrechen/ wann du anderst kein gestoh-
len Guth führest. Hierauf zog der auf dem Karren
eine Pistol herfür/ und wolte solche auf unsern Con-
dado
lösen/ aber Klingenfeld/ der zu nächst bey ihm
hielt/ risse ihm die Pistol auß der Hand/ und schlug
ihn damit auf den Kopff/ daß er vom Karren sanck/
und nicht mehr bey ihm selber war. Der Andere/ so
auf den Pferden sasse/ zohe hierauf seinen Hut ab/
und bath um sein Leben/ ich habe nichts mit diesem
Werck zu schaffen/ sprach er/ man hat mich um Geld
bedungen/ das Jenige/ was auf meinem Karren an-
gebunden liget/ ins Venetianische Gebiet zu führen/
dieser aber/ der jetzo unter dem Karren liget/ mag wis-
sen/ was ich führe.

Unter diesem Gespräch klopffete und rührete sich
das Lebendige unter dem Karren-Tuch noch mehr/
als vorhin/ dahero nahm Klingenfeld sein Messer/
und schnitte das Tuch von einander/ da sie dann ei-
nen ansehnlichen jungen Mann funden/ welchem die
Hände fest gebunden waren/ wie auch der eine Fuß/
aber den andern hatte er mit Gewalt loßgewürcket/
und sich vorbesagter Massen darmit gerühret. Er lag
auf dem Rucken/ und hatte einen grossen Knebel im
Mund/ daß er keine Stimme von sich geben kunte.
Sie rissen ihm zufoderst denselben herauß/ und dar-
auf bath er gar inständig/ sie möchten ihn doch auß
der Hand seiner Feinde vollends erretten/ sonst wäre
er ein Mann deß Todes/ der doch nichts weniger/ als
denselben verwürcket. Also arbeiteten die andern alle
Beyde/ schnitten die Stricke entzwey/ und er erzeh-

lete

Romans I. Buch.
heimlich gehalten haben. Dieſer ſpitzigen Antwort
haͤtte ſich Condado nicht verſehen/ ſolche drung ihm
demnach ins Hertz/ daß er ſagte: Halt ſtill Kerl/ ich
wil nun deine Heimlichkeit ſehen/ und du wirſt dich
deſſen nicht entbrechen/ wann du anderſt kein geſtoh-
len Guth fuͤhreſt. Hierauf zog der auf dem Karren
eine Piſtol herfuͤr/ und wolte ſolche auf unſern Con-
dado
loͤſen/ aber Klingenfeld/ der zu naͤchſt bey ihm
hielt/ riſſe ihm die Piſtol auß der Hand/ und ſchlug
ihn damit auf den Kopff/ daß er vom Karren ſanck/
und nicht mehr bey ihm ſelber war. Der Andere/ ſo
auf den Pferden ſaſſe/ zohe hierauf ſeinen Hut ab/
und bath um ſein Leben/ ich habe nichts mit dieſem
Werck zu ſchaffen/ ſprach er/ man hat mich um Geld
bedungen/ das Jenige/ was auf meinem Karren an-
gebunden liget/ ins Venetianiſche Gebiet zu fuͤhren/
dieſer aber/ der jetzo unter dem Karren liget/ mag wiſ-
ſen/ was ich fuͤhre.

Unter dieſem Geſpraͤch klopffete und ruͤhrete ſich
das Lebendige unter dem Karren-Tuch noch mehr/
als vorhin/ dahero nahm Klingenfeld ſein Meſſer/
und ſchnitte das Tuch von einander/ da ſie dann ei-
nen anſehnlichen jungen Mann funden/ welchem die
Haͤnde feſt gebunden waren/ wie auch der eine Fuß/
aber den andern hatte er mit Gewalt loßgewuͤrcket/
und ſich vorbeſagter Maſſen darmit geruͤhret. Er lag
auf dem Rucken/ und hatte einen groſſen Knebel im
Mund/ daß er keine Stimme von ſich geben kunte.
Sie riſſen ihm zufoderſt denſelben herauß/ und dar-
auf bath er gar inſtaͤndig/ ſie moͤchten ihn doch auß
der Hand ſeiner Feinde vollends erretten/ ſonſt waͤre
er ein Mann deß Todes/ der doch nichts weniger/ als
denſelben verwuͤrcket. Alſo arbeiteten die andern alle
Beyde/ ſchnitten die Stricke entzwey/ und er erzeh-

lete
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[539/0555] Romans I. Buch. heimlich gehalten haben. Dieſer ſpitzigen Antwort haͤtte ſich Condado nicht verſehen/ ſolche drung ihm demnach ins Hertz/ daß er ſagte: Halt ſtill Kerl/ ich wil nun deine Heimlichkeit ſehen/ und du wirſt dich deſſen nicht entbrechen/ wann du anderſt kein geſtoh- len Guth fuͤhreſt. Hierauf zog der auf dem Karren eine Piſtol herfuͤr/ und wolte ſolche auf unſern Con- dado loͤſen/ aber Klingenfeld/ der zu naͤchſt bey ihm hielt/ riſſe ihm die Piſtol auß der Hand/ und ſchlug ihn damit auf den Kopff/ daß er vom Karren ſanck/ und nicht mehr bey ihm ſelber war. Der Andere/ ſo auf den Pferden ſaſſe/ zohe hierauf ſeinen Hut ab/ und bath um ſein Leben/ ich habe nichts mit dieſem Werck zu ſchaffen/ ſprach er/ man hat mich um Geld bedungen/ das Jenige/ was auf meinem Karren an- gebunden liget/ ins Venetianiſche Gebiet zu fuͤhren/ dieſer aber/ der jetzo unter dem Karren liget/ mag wiſ- ſen/ was ich fuͤhre. Unter dieſem Geſpraͤch klopffete und ruͤhrete ſich das Lebendige unter dem Karren-Tuch noch mehr/ als vorhin/ dahero nahm Klingenfeld ſein Meſſer/ und ſchnitte das Tuch von einander/ da ſie dann ei- nen anſehnlichen jungen Mann funden/ welchem die Haͤnde feſt gebunden waren/ wie auch der eine Fuß/ aber den andern hatte er mit Gewalt loßgewuͤrcket/ und ſich vorbeſagter Maſſen darmit geruͤhret. Er lag auf dem Rucken/ und hatte einen groſſen Knebel im Mund/ daß er keine Stimme von ſich geben kunte. Sie riſſen ihm zufoderſt denſelben herauß/ und dar- auf bath er gar inſtaͤndig/ ſie moͤchten ihn doch auß der Hand ſeiner Feinde vollends erretten/ ſonſt waͤre er ein Mann deß Todes/ der doch nichts weniger/ als denſelben verwuͤrcket. Alſo arbeiteten die andern alle Beyde/ ſchnitten die Stricke entzwey/ und er erzeh- lete

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Zitationshilfe: Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690, S. 539. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690/555>, abgerufen am 22.11.2024.