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Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690.

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Romans I. Buch.
men/ so wil ich euch den Rest erzehlen. Also muste der
Wirth einen Knaben ins Dorff senden nach dem
Bauer-Vogt/ der dieses Kauffmanns Schuldener/
Gevatter und grosser Freund war. Wie dieser kam/
bathe er ihn ein Kalb zu schlachten/ und eine gute
Mahlzeit zu zurichten vor 7. Personen/ vor die Be-
zahlung wolle er stehen/ er solle aber nichts ermangeln
lassen/ was erfordert werden möchte/ diese gute
Freunde/ und ihn selber/ nach allem Vermögen zu
bewirthen.

Hierauf kehrete dieser alsobald nach Hauß/ und
thäte/ wie ihm der Kauffmann befohlen hatte. Unter-
dessen fuhr Venereus fort: Eure Tochter ist gestern
Abend in der Vorstadt vor Trient gewesen/ allda sie
durch eine wunderliche Schickung von ihrem Gelüb-
de ist absolvirt worden/ sie wolte zwar nach S. Rochus,
und alsdann vollends nach Rom gehen/ aber sie wird
Morgen oder Ubermorgen sich wieder bey euch zu
Bormio einstellen. Uber diese Bottschafft erfreuete
sich der gute Mann von Hertzen/ führete darauf die
Gesellschafft ins gesamt nach seines Gevattern Hauß/
der ihnen wacker auftischete/ und den Wein auß ei-
nem Kloster holete/ daß also diesen Abend Venereus
die gantze Compagnie tractirete/ und zwar durch eine
sonderliche Ebentheuer/ welcher Condado von Her-
tzen lachen muste. Cerebacchius nahm dieses mahl
so viel zu sich/ daß er alles außgestandenen Leyds und
Hungers vergasse/ und als es ziemlich späth in die
Nacht hinein/ kehreten sie mit einander wieder in die
Herberge/ woselbst sie biß an den folgenden Morgen
ruheten.

Als die Sonne wieder aufgieng/ nahm der
Kauffmann Abschied von ihnen/ und ritte seines We-
ges nach Trient, um seine Tochter daselbst abzuholen/

Conda-

Romans I. Buch.
men/ ſo wil ich euch den Reſt erzehlen. Alſo muſte der
Wirth einen Knaben ins Dorff ſenden nach dem
Bauer-Vogt/ der dieſes Kauffmanns Schuldener/
Gevatter und groſſer Freund war. Wie dieſer kam/
bathe er ihn ein Kalb zu ſchlachten/ und eine gute
Mahlzeit zu zurichten vor 7. Perſonen/ vor die Be-
zahlung wolle er ſtehen/ er ſolle aber nichts ermangeln
laſſen/ was erfordert werden moͤchte/ dieſe gute
Freunde/ und ihn ſelber/ nach allem Vermoͤgen zu
bewirthen.

Hierauf kehrete dieſer alſobald nach Hauß/ und
thaͤte/ wie ihm der Kauffmann befohlen hatte. Unter-
deſſen fuhr Venereus fort: Eure Tochter iſt geſtern
Abend in der Vorſtadt vor Trient geweſen/ allda ſie
durch eine wunderliche Schickung von ihrem Geluͤb-
de iſt abſolvirt worden/ ſie wolte zwar nach S. Rochus,
und alsdann vollends nach Rom gehen/ aber ſie wird
Morgen oder Ubermorgen ſich wieder bey euch zu
Bormio einſtellen. Uber dieſe Bottſchafft erfreuete
ſich der gute Mann von Hertzen/ fuͤhrete darauf die
Geſellſchafft ins geſamt nach ſeines Gevattern Hauß/
der ihnen wacker auftiſchete/ und den Wein auß ei-
nem Kloſter holete/ daß alſo dieſen Abend Venereus
die gantze Compagnie tractirete/ und zwar durch eine
ſonderliche Ebentheuer/ welcher Condado von Her-
tzen lachen muſte. Cerebacchius nahm dieſes mahl
ſo viel zu ſich/ daß er alles außgeſtandenen Leyds und
Hungers vergaſſe/ und als es ziemlich ſpaͤth in die
Nacht hinein/ kehreten ſie mit einander wieder in die
Herberge/ woſelbſt ſie biß an den folgenden Morgen
ruheten.

Als die Sonne wieder aufgieng/ nahm der
Kauffmann Abſchied von ihnen/ und ritte ſeines We-
ges nach Trient, um ſeine Tochter daſelbſt abzuholen/

Conda-
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[527/0543] Romans I. Buch. men/ ſo wil ich euch den Reſt erzehlen. Alſo muſte der Wirth einen Knaben ins Dorff ſenden nach dem Bauer-Vogt/ der dieſes Kauffmanns Schuldener/ Gevatter und groſſer Freund war. Wie dieſer kam/ bathe er ihn ein Kalb zu ſchlachten/ und eine gute Mahlzeit zu zurichten vor 7. Perſonen/ vor die Be- zahlung wolle er ſtehen/ er ſolle aber nichts ermangeln laſſen/ was erfordert werden moͤchte/ dieſe gute Freunde/ und ihn ſelber/ nach allem Vermoͤgen zu bewirthen. Hierauf kehrete dieſer alſobald nach Hauß/ und thaͤte/ wie ihm der Kauffmann befohlen hatte. Unter- deſſen fuhr Venereus fort: Eure Tochter iſt geſtern Abend in der Vorſtadt vor Trient geweſen/ allda ſie durch eine wunderliche Schickung von ihrem Geluͤb- de iſt abſolvirt worden/ ſie wolte zwar nach S. Rochus, und alsdann vollends nach Rom gehen/ aber ſie wird Morgen oder Ubermorgen ſich wieder bey euch zu Bormio einſtellen. Uber dieſe Bottſchafft erfreuete ſich der gute Mann von Hertzen/ fuͤhrete darauf die Geſellſchafft ins geſamt nach ſeines Gevattern Hauß/ der ihnen wacker auftiſchete/ und den Wein auß ei- nem Kloſter holete/ daß alſo dieſen Abend Venereus die gantze Compagnie tractirete/ und zwar durch eine ſonderliche Ebentheuer/ welcher Condado von Her- tzen lachen muſte. Cerebacchius nahm dieſes mahl ſo viel zu ſich/ daß er alles außgeſtandenen Leyds und Hungers vergaſſe/ und als es ziemlich ſpaͤth in die Nacht hinein/ kehreten ſie mit einander wieder in die Herberge/ woſelbſt ſie biß an den folgenden Morgen ruheten. Als die Sonne wieder aufgieng/ nahm der Kauffmann Abſchied von ihnen/ und ritte ſeines We- ges nach Trient, um ſeine Tochter daſelbſt abzuholen/ Conda-

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Zitationshilfe: Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690, S. 527. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690/543>, abgerufen am 22.11.2024.