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Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690.

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Deß Academischen
zwo Flaschen Wein/ darauf machten sie sich lustig/
und nachdem sie sich wol gesättiget/ giengen sie mit
einander in das Hauß/ woselbst alle Thüren wol ver-
schlossen waren. Sie giengen schlaffen/ thäten aber
nichts weniger/ als schlaffen/ sondern lebten die gantze
Nacht in dem/ was vor der ehrbaren Welt eine gros-
se Sünde/ bey Venereo aber/ und der unzüchtigen
Frauen vor eine Galanterie geachtet wird. Hiermit
verbrachten sie ihre Zeit/ biß zwo Stunden vor der
Sonnen Aufgang/ da sie von dem Schlaff überfal-
len wurden/ der sie so lange gefangen hielt/ biß sie die
Magd aufweckete/ da sich dann Venereus wieder in
seine Kleider steckete/ und darvon gieng.

Die schöne Frau gab ihm das Geleit biß vor
die Thür/ allwo sie ihm einen Pfahl zeigete/ auf wel-
chem ein geschundener Esels-Kopff stack; Sehet mein
Schatz/ sprach sie anjetzo/ wann ihr auf den Abend
wieder kommet/ so betrachtet diesen Kopff/ ist das
Maul gegen der Stadt gekehret/ so möget ihr sänff-
tiglich anklopffen/ dann mein Mann ist nicht bey mir.
Wo aber das Gegentheil erscheinet/ so ist die Karte
falsch/ und mein Mann stehet uns im Wege. Mit
diesem Abschied giengen sie von einander/ und Vene-
reus
erzehlete seinen Gefährten/ wie er diese Nacht
zugebracht hätte. Mit Condado wolte es sich noch
nicht sonderlich zur Besserung anlassen/ dannenhero
muste er auch noch diesen folgenden Tag zu Trento
bleiben/ welches dem Venereo ein gefundenes Fressen.
Nachdem er gefrühstücket/ nahm er den Klingenfeld
zu sich/ und gieng mit ihm vor das Thor/ allwo er ihm
von weitem das Hauß seiner Nacht-Lust/ zusamt dem
geschundenen Esels-Kopff auf dem Pfahl zeigete.
Als sie sonsten noch ein wenig umher spatzieret/ gien-
gen sie wieder nach der Stadt/ und besahen die grosse

schöne

Deß Academiſchen
zwo Flaſchen Wein/ darauf machten ſie ſich luſtig/
und nachdem ſie ſich wol geſaͤttiget/ giengen ſie mit
einander in das Hauß/ woſelbſt alle Thuͤren wol ver-
ſchloſſen waren. Sie giengen ſchlaffen/ thaͤten aber
nichts weniger/ als ſchlaffen/ ſondern lebten die gantze
Nacht in dem/ was vor der ehrbaren Welt eine groſ-
ſe Suͤnde/ bey Venereo aber/ und der unzuͤchtigen
Frauen vor eine Galanterie geachtet wird. Hiermit
verbrachten ſie ihre Zeit/ biß zwo Stunden vor der
Sonnen Aufgang/ da ſie von dem Schlaff uͤberfal-
len wurden/ der ſie ſo lange gefangen hielt/ biß ſie die
Magd aufweckete/ da ſich dann Venereus wieder in
ſeine Kleider ſteckete/ und darvon gieng.

Die ſchoͤne Frau gab ihm das Geleit biß vor
die Thuͤr/ allwo ſie ihm einen Pfahl zeigete/ auf wel-
chem ein geſchundener Eſels-Kopff ſtack; Sehet mein
Schatz/ ſprach ſie anjetzo/ wann ihr auf den Abend
wieder kommet/ ſo betrachtet dieſen Kopff/ iſt das
Maul gegen der Stadt gekehret/ ſo moͤget ihr ſaͤnff-
tiglich anklopffen/ dann mein Mann iſt nicht bey mir.
Wo aber das Gegentheil erſcheinet/ ſo iſt die Karte
falſch/ und mein Mann ſtehet uns im Wege. Mit
dieſem Abſchied giengen ſie von einander/ und Vene-
reus
erzehlete ſeinen Gefaͤhrten/ wie er dieſe Nacht
zugebracht haͤtte. Mit Condado wolte es ſich noch
nicht ſonderlich zur Beſſerung anlaſſen/ dannenhero
muſte er auch noch dieſen folgenden Tag zu Trento
bleiben/ welches dem Venereo ein gefundenes Freſſen.
Nachdem er gefruͤhſtuͤcket/ nahm er den Klingenfeld
zu ſich/ und gieng mit ihm vor das Thor/ allwo er ihm
von weitem das Hauß ſeiner Nacht-Luſt/ zuſamt dem
geſchundenen Eſels-Kopff auf dem Pfahl zeigete.
Als ſie ſonſten noch ein wenig umher ſpatzieret/ gien-
gen ſie wieder nach der Stadt/ und beſahen die groſſe

ſchoͤne
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[516/0532] Deß Academiſchen zwo Flaſchen Wein/ darauf machten ſie ſich luſtig/ und nachdem ſie ſich wol geſaͤttiget/ giengen ſie mit einander in das Hauß/ woſelbſt alle Thuͤren wol ver- ſchloſſen waren. Sie giengen ſchlaffen/ thaͤten aber nichts weniger/ als ſchlaffen/ ſondern lebten die gantze Nacht in dem/ was vor der ehrbaren Welt eine groſ- ſe Suͤnde/ bey Venereo aber/ und der unzuͤchtigen Frauen vor eine Galanterie geachtet wird. Hiermit verbrachten ſie ihre Zeit/ biß zwo Stunden vor der Sonnen Aufgang/ da ſie von dem Schlaff uͤberfal- len wurden/ der ſie ſo lange gefangen hielt/ biß ſie die Magd aufweckete/ da ſich dann Venereus wieder in ſeine Kleider ſteckete/ und darvon gieng. Die ſchoͤne Frau gab ihm das Geleit biß vor die Thuͤr/ allwo ſie ihm einen Pfahl zeigete/ auf wel- chem ein geſchundener Eſels-Kopff ſtack; Sehet mein Schatz/ ſprach ſie anjetzo/ wann ihr auf den Abend wieder kommet/ ſo betrachtet dieſen Kopff/ iſt das Maul gegen der Stadt gekehret/ ſo moͤget ihr ſaͤnff- tiglich anklopffen/ dann mein Mann iſt nicht bey mir. Wo aber das Gegentheil erſcheinet/ ſo iſt die Karte falſch/ und mein Mann ſtehet uns im Wege. Mit dieſem Abſchied giengen ſie von einander/ und Vene- reus erzehlete ſeinen Gefaͤhrten/ wie er dieſe Nacht zugebracht haͤtte. Mit Condado wolte es ſich noch nicht ſonderlich zur Beſſerung anlaſſen/ dannenhero muſte er auch noch dieſen folgenden Tag zu Trento bleiben/ welches dem Venereo ein gefundenes Freſſen. Nachdem er gefruͤhſtuͤcket/ nahm er den Klingenfeld zu ſich/ und gieng mit ihm vor das Thor/ allwo er ihm von weitem das Hauß ſeiner Nacht-Luſt/ zuſamt dem geſchundenen Eſels-Kopff auf dem Pfahl zeigete. Als ſie ſonſten noch ein wenig umher ſpatzieret/ gien- gen ſie wieder nach der Stadt/ und beſahen die groſſe ſchoͤne

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Zitationshilfe: Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690, S. 516. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690/532>, abgerufen am 22.11.2024.