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Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690.

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Romans I. Buch.
dienlich/ daß ihr nicht wisset/ wohin ihr fahret; Gnug
ist es/ wann ihr den Ort eurer Glückseeligkeit erreichet.
Jch ließ mich auch diese Dinge wenig anfechten/ in-
massen ich versichert war/ daß weder durch Courtoisie,
noch andere Händel/ ich mir an diesem Ort noch keine
Feinde erwecket hatte; Ob es aber diesen Abend ge-
schehen möchte/ solches stunde wol zu besorgen/ doch
stellete ich alles der Fürsichtigkeit meiner Beysitzerin
anheim/ welche mich Gefahr-loß zu halten versprach/
daß ich ihr demnach guten Glauben zustellete.

Endlich gelangeten wir durch ein gewölbtes
Thor in einen grossen gepflasterten Hof/ daselbst
ward ich von der Frauen in ein schönes Zimmer be-
gleitet/ und sagte sie: Mein Herr/ ich gehe zu meiner
Frauen/ seyd gutes Muthes/ und wegert euch nicht/
das Jenige zu thun/ worzu man euch wird nöthigen.
Hiermit gieng sie von mir/ und gleich darauf kamen
zwey überauß schöne junge Dames, in dem schönsten
Schmuck/ den man ihm hätte einbilden mögen. Die-
se hiessen mich willkommen/ und eine Jede ertheilete
mir einen Kuß. Jch wuste nicht/ wie ich mit diesen irr-
dischen Engeln daran wäre/ wolte demnach durch
blinde Zutappung mich etwas kühner bey ihnen er-
weisen/ aber sie schlugen mir sanfftiglich auf die
Hand/ und sagten: Habt ihr etwas zu viel/ so ver-
sparet es auf das künfftige Nachtlager bey unserer
Meisterin Hiermit tratten sie nach der Wand/ schlos-
sen einen Schranck auf/ nahmen Tafel-Zeug herauß/
und decketen einen kleinen Tisch/ trugen auch in klei-
nen silbernen Schüsselein etliche kräfftige Speisen
auf/ samt allerhand Geträncken/ worvon ich die Wahl
hatte zu nehmen/ was mir beliebete. Sie setzten sich
neben mich/ und speiseten mit mir/ jedoch genossen sie
wenig/ und schiene es/ daß sie mehr/ um Gesellschafft

zu
J i 3

Romans I. Buch.
dienlich/ daß ihr nicht wiſſet/ wohin ihr fahret; Gnug
iſt es/ wañ ihr den Ort eurer Gluͤckſeeligkeit erreichet.
Jch ließ mich auch dieſe Dinge wenig anfechten/ in-
maſſen ich verſichert war/ daß weder durch Courtoiſie,
noch andere Haͤndel/ ich mir an dieſem Ort noch keine
Feinde erwecket hatte; Ob es aber dieſen Abend ge-
ſchehen moͤchte/ ſolches ſtunde wol zu beſorgen/ doch
ſtellete ich alles der Fuͤrſichtigkeit meiner Beyſitzerin
anheim/ welche mich Gefahr-loß zu halten verſprach/
daß ich ihr demnach guten Glauben zuſtellete.

Endlich gelangeten wir durch ein gewoͤlbtes
Thor in einen groſſen gepflaſterten Hof/ daſelbſt
ward ich von der Frauen in ein ſchoͤnes Zimmer be-
gleitet/ und ſagte ſie: Mein Herꝛ/ ich gehe zu meiner
Frauen/ ſeyd gutes Muthes/ und wegert euch nicht/
das Jenige zu thun/ worzu man euch wird noͤthigen.
Hiermit gieng ſie von mir/ und gleich darauf kamen
zwey uͤberauß ſchoͤne junge Dames, in dem ſchoͤnſten
Schmuck/ den man ihm haͤtte einbilden moͤgen. Die-
ſe hieſſen mich willkommen/ und eine Jede ertheilete
mir einen Kuß. Jch wuſte nicht/ wie ich mit dieſen irꝛ-
diſchen Engeln daran waͤre/ wolte demnach durch
blinde Zutappung mich etwas kuͤhner bey ihnen er-
weiſen/ aber ſie ſchlugen mir ſanfftiglich auf die
Hand/ und ſagten: Habt ihr etwas zu viel/ ſo ver-
ſparet es auf das kuͤnfftige Nachtlager bey unſerer
Meiſterin Hiermit tratten ſie nach der Wand/ ſchloſ-
ſen einen Schranck auf/ nahmen Tafel-Zeug herauß/
und decketen einen kleinen Tiſch/ trugen auch in klei-
nen ſilbernen Schuͤſſelein etliche kraͤfftige Speiſen
auf/ ſamt allerhand Getraͤncken/ worvon ich die Wahl
hatte zu nehmen/ was mir beliebete. Sie ſetzten ſich
neben mich/ und ſpeiſeten mit mir/ jedoch genoſſen ſie
wenig/ und ſchiene es/ daß ſie mehr/ um Geſellſchafft

zu
J i 3
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[501/0515] Romans I. Buch. dienlich/ daß ihr nicht wiſſet/ wohin ihr fahret; Gnug iſt es/ wañ ihr den Ort eurer Gluͤckſeeligkeit erreichet. Jch ließ mich auch dieſe Dinge wenig anfechten/ in- maſſen ich verſichert war/ daß weder durch Courtoiſie, noch andere Haͤndel/ ich mir an dieſem Ort noch keine Feinde erwecket hatte; Ob es aber dieſen Abend ge- ſchehen moͤchte/ ſolches ſtunde wol zu beſorgen/ doch ſtellete ich alles der Fuͤrſichtigkeit meiner Beyſitzerin anheim/ welche mich Gefahr-loß zu halten verſprach/ daß ich ihr demnach guten Glauben zuſtellete. Endlich gelangeten wir durch ein gewoͤlbtes Thor in einen groſſen gepflaſterten Hof/ daſelbſt ward ich von der Frauen in ein ſchoͤnes Zimmer be- gleitet/ und ſagte ſie: Mein Herꝛ/ ich gehe zu meiner Frauen/ ſeyd gutes Muthes/ und wegert euch nicht/ das Jenige zu thun/ worzu man euch wird noͤthigen. Hiermit gieng ſie von mir/ und gleich darauf kamen zwey uͤberauß ſchoͤne junge Dames, in dem ſchoͤnſten Schmuck/ den man ihm haͤtte einbilden moͤgen. Die- ſe hieſſen mich willkommen/ und eine Jede ertheilete mir einen Kuß. Jch wuſte nicht/ wie ich mit dieſen irꝛ- diſchen Engeln daran waͤre/ wolte demnach durch blinde Zutappung mich etwas kuͤhner bey ihnen er- weiſen/ aber ſie ſchlugen mir ſanfftiglich auf die Hand/ und ſagten: Habt ihr etwas zu viel/ ſo ver- ſparet es auf das kuͤnfftige Nachtlager bey unſerer Meiſterin Hiermit tratten ſie nach der Wand/ ſchloſ- ſen einen Schranck auf/ nahmen Tafel-Zeug herauß/ und decketen einen kleinen Tiſch/ trugen auch in klei- nen ſilbernen Schuͤſſelein etliche kraͤfftige Speiſen auf/ ſamt allerhand Getraͤncken/ worvon ich die Wahl hatte zu nehmen/ was mir beliebete. Sie ſetzten ſich neben mich/ und ſpeiſeten mit mir/ jedoch genoſſen ſie wenig/ und ſchiene es/ daß ſie mehr/ um Geſellſchafft zu J i 3

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Zitationshilfe: Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690, S. 501. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690/515>, abgerufen am 25.08.2024.