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Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690.

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Romans I. Buch.
sein bestes Accidens, demselben nahm er die Federn
und das Leben/ schlachtete und asse es auf/ gebraten
oder gesotten/ mit oder ohne Senfft/ weiß/ oder im
Pfeffer/ wie er Lust darzu bezeugete. Sein bestes Acci-
dens
waren auch die grosse Flügel-Federn oder Spuh-
len/ darauß man Schreib-Federn zu schneiden pfle-
get/ die sammlete er auf der Wäyde auf/ und verkauffte
sie nach Franckfurt. Er hat offt erzehlet/ daß er für
Hunger schier gestorben wäre/ wann er nicht dann
und wann etlichen jungen Gänsen die Flügel ent-
zwey geschlagen/ die ihm so dann anheim gefallen/ daß
er einen guten Bissen darvon hätte machen können/
an Getranck habe es ihm hergegen nimmer gemangelt/
und sey der Gänse-Wein so wol ihm/ als einem jeden
Einwohner desselben Dorffs/ offen gestanden/ darauß
zu trincken/ wann es ihm beliebet.

Nachdem mein Herr Vatter sich in dieser Be-
dienung/ wie die Bauren meyneten/ sehr löblich ei-
ne Zeit lang verhalten/ begab sich mit dem Küh-Hir-
ten deß Dorffs ein erbärmlicher Casus; Dieser Mann
hatte ein garstiges altes Weib/ weßwegen er wenig
Lust von ihr hatte/ hielte sich demnach auf dem Feld
zu einer jungen Kuhe/ und hielte mit derselben mehr
zu/ als mit seinem eigenen Weibe/ er ward aber eins-
mahls belauret/ und über frischer That ertappet/
weßhalben man ihm einen kurtzen Process machte/
darinn es mit ihm dahin kam/ daß er geköpffet/ und/
samt seiner Kuh-Buhlerin/ verbrannt ward. Nun
war diese Stelle vacant, und mein Herr Vatter der
stärckeste Competitor darzu/ welcher durch Intercession
deß Edelmanns/ der allein 15. Stück/ groß und klein
Vieh/ unter der Heerde hatte/ vor andern darzu ge-
langete/ hier bekam er von jedem Stück Rind-Viehe/
dessen er hütete/ einen Batzen/ und hatte darneben

zwey-
G g 3

Romans I. Buch.
ſein beſtes Accidens, demſelben nahm er die Federn
und das Leben/ ſchlachtete und aſſe es auf/ gebraten
oder geſotten/ mit oder ohne Senfft/ weiß/ oder im
Pfeffer/ wie er Luſt darzu bezeugete. Sein beſtes Acci-
dens
waren auch die groſſe Fluͤgel-Federn oder Spuh-
len/ darauß man Schreib-Federn zu ſchneiden pfle-
get/ die ſam̃lete er auf der Waͤyde auf/ und verkauffte
ſie nach Franckfurt. Er hat offt erzehlet/ daß er fuͤr
Hunger ſchier geſtorben waͤre/ wann er nicht dann
und wann etlichen jungen Gaͤnſen die Fluͤgel ent-
zwey geſchlagen/ die ihm ſo dann anheim gefallen/ daß
er einen guten Biſſen darvon haͤtte machen koͤnnen/
an Getranck habe es ihm hergegen nim̃er gemangelt/
und ſey der Gaͤnſe-Wein ſo wol ihm/ als einem jeden
Einwohner deſſelben Dorffs/ offen geſtanden/ darauß
zu trincken/ wann es ihm beliebet.

Nachdem mein Herꝛ Vatter ſich in dieſer Be-
dienung/ wie die Bauren meyneten/ ſehr loͤblich ei-
ne Zeit lang verhalten/ begab ſich mit dem Kuͤh-Hir-
ten deß Dorffs ein erbaͤrmlicher Caſus; Dieſer Mañ
hatte ein garſtiges altes Weib/ weßwegen er wenig
Luſt von ihr hatte/ hielte ſich demnach auf dem Feld
zu einer jungen Kuhe/ und hielte mit derſelben mehr
zu/ als mit ſeinem eigenen Weibe/ er ward aber eins-
mahls belauret/ und uͤber friſcher That ertappet/
weßhalben man ihm einen kurtzen Proceſs machte/
darinn es mit ihm dahin kam/ daß er gekoͤpffet/ und/
ſamt ſeiner Kuh-Buhlerin/ verbrannt ward. Nun
war dieſe Stelle vacant, und mein Herꝛ Vatter der
ſtaͤrckeſte Competitor darzu/ welcher durch Interceſſion
deß Edelmanns/ der allein 15. Stuͤck/ groß und klein
Vieh/ unter der Heerde hatte/ vor andern darzu ge-
langete/ hier bekam er von jedem Stuͤck Rind-Viehe/
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[469/0483] Romans I. Buch. ſein beſtes Accidens, demſelben nahm er die Federn und das Leben/ ſchlachtete und aſſe es auf/ gebraten oder geſotten/ mit oder ohne Senfft/ weiß/ oder im Pfeffer/ wie er Luſt darzu bezeugete. Sein beſtes Acci- dens waren auch die groſſe Fluͤgel-Federn oder Spuh- len/ darauß man Schreib-Federn zu ſchneiden pfle- get/ die ſam̃lete er auf der Waͤyde auf/ und verkauffte ſie nach Franckfurt. Er hat offt erzehlet/ daß er fuͤr Hunger ſchier geſtorben waͤre/ wann er nicht dann und wann etlichen jungen Gaͤnſen die Fluͤgel ent- zwey geſchlagen/ die ihm ſo dann anheim gefallen/ daß er einen guten Biſſen darvon haͤtte machen koͤnnen/ an Getranck habe es ihm hergegen nim̃er gemangelt/ und ſey der Gaͤnſe-Wein ſo wol ihm/ als einem jeden Einwohner deſſelben Dorffs/ offen geſtanden/ darauß zu trincken/ wann es ihm beliebet. Nachdem mein Herꝛ Vatter ſich in dieſer Be- dienung/ wie die Bauren meyneten/ ſehr loͤblich ei- ne Zeit lang verhalten/ begab ſich mit dem Kuͤh-Hir- ten deß Dorffs ein erbaͤrmlicher Caſus; Dieſer Mañ hatte ein garſtiges altes Weib/ weßwegen er wenig Luſt von ihr hatte/ hielte ſich demnach auf dem Feld zu einer jungen Kuhe/ und hielte mit derſelben mehr zu/ als mit ſeinem eigenen Weibe/ er ward aber eins- mahls belauret/ und uͤber friſcher That ertappet/ weßhalben man ihm einen kurtzen Proceſs machte/ darinn es mit ihm dahin kam/ daß er gekoͤpffet/ und/ ſamt ſeiner Kuh-Buhlerin/ verbrannt ward. Nun war dieſe Stelle vacant, und mein Herꝛ Vatter der ſtaͤrckeſte Competitor darzu/ welcher durch Interceſſion deß Edelmanns/ der allein 15. Stuͤck/ groß und klein Vieh/ unter der Heerde hatte/ vor andern darzu ge- langete/ hier bekam er von jedem Stuͤck Rind-Viehe/ deſſen er huͤtete/ einen Batzen/ und hatte darneben zwey- G g 3

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Zitationshilfe: Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690, S. 469. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690/483>, abgerufen am 22.11.2024.