Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690.

Bild:
<< vorherige Seite

Romans I. Buch.
Perlen blincken: Praeter haec autem, plura ibi ex Ar-
canis Literarum S. proferre possem, quibus tu Onager
non crederes: Ut qui non aliter, quam surda aspis
aures obturans suas, vocem veritatis a monitore ac-
cipis.
Zu Teutsch: Jch könte über das noch mehr auß
den Geheimnüssen H. Schrifft herfürbringen/ denen
du wilder Wald-Esel doch nicht würdest Glauben zu
stellen; Sintemahl du die Stimme der Warheit
von dem Ermahnenden eben so annimmst/ als wie ei-
ne taube Otter/ die ihre Ohren verstopffet. Solcher
Kleinodien der Höfflichkeit findet man hin und wie-
der in benamster Disputation noch mehr/ die Johan-
nes Lasicius,
in seiner Theologia Moscovitica auß der
Russischen in die Lateinische Sprache versetzet/ und
desto freymüthiger widerleget hat/ je weniger ihn deß
Basilii Knut-Peitschen erreichen können.

Ferner muß derselbe/ welcher im Disputiren kei-
nen Schimpff einlegen/ oder gar zu bald den kürtzern
ziehen wil/ den Stand der Frage wol b[e]obachten/
und die Sätze der Schluß-Kunst verstehen; Wie-
wol mancher von Natur so scharffsinnig ist/ daß er
nicht allein selbst subtil fragen und folgern/ sondern
auch antworten/ und auflösen kan. Jedoch bringet
gemeiniglich derselbe/ welcher mit der Kunst versehen
ist/ den Sieg darvon/ dafern ihn nicht die Augen-
scheinlichkeit der Sachen darnieder leget.

Dieses letzten Stucks/ nemlich der Kunst ver-
nünfftig Zufolgern und Schliessen/ seynd die Japa-
ner/ Sineser/ und andere Orientalische Völcker/ un-
erfahren/ obgleich sonst theils andere/ sonderlich die
Natur-Stern- und Sitten-Lehren ihnen nicht un-
bekandt; Weßwegen ihre Bonzier/ oder geistliche
Professores, und heydnische Priester desto leichter ein-
büssen/ wann sie mit den Patribus Jesuitis zu streiten

kom-

Romans I. Buch.
Perlen blincken: Præter hæc autem, plura ibi ex Ar-
canis Literarum S. proferre poſſem, quibus tu Onager
non crederes: Ut qui non aliter, quàm ſurda aſpis
aures obturans ſuas, vocem veritatis à monitore ac-
cipis.
Zu Teutſch: Jch koͤnte uͤber das noch mehr auß
den Geheimnuͤſſen H. Schrifft herfuͤrbringen/ denen
du wilder Wald-Eſel doch nicht wuͤrdeſt Glauben zu
ſtellen; Sintemahl du die Stimme der Warheit
von dem Ermahnenden eben ſo annimmſt/ als wie ei-
ne taube Otter/ die ihre Ohren verſtopffet. Solcher
Kleinodien der Hoͤfflichkeit findet man hin und wie-
der in benamſter Diſputation noch mehr/ die Johan-
nes Laſicius,
in ſeiner Theologia Moſcovitica auß der
Ruſſiſchen in die Lateiniſche Sprache verſetzet/ und
deſto freymuͤthiger widerleget hat/ je weniger ihn deß
Baſilii Knut-Peitſchen erreichen koͤnnen.

Ferner muß derſelbe/ welcher im Diſputiren kei-
nen Schimpff einlegen/ oder gar zu bald den kuͤrtzern
ziehen wil/ den Stand der Frage wol b[e]obachten/
und die Saͤtze der Schluß-Kunſt verſtehen; Wie-
wol mancher von Natur ſo ſcharffſinnig iſt/ daß er
nicht allein ſelbſt ſubtil fragen und folgern/ ſondern
auch antworten/ und aufloͤſen kan. Jedoch bringet
gemeiniglich derſelbe/ welcher mit der Kunſt verſehen
iſt/ den Sieg darvon/ dafern ihn nicht die Augen-
ſcheinlichkeit der Sachen darnieder leget.

Dieſes letzten Stucks/ nemlich der Kunſt ver-
nuͤnfftig Zufolgern und Schlieſſen/ ſeynd die Japa-
ner/ Sineſer/ und andere Orientaliſche Voͤlcker/ un-
erfahren/ obgleich ſonſt theils andere/ ſonderlich die
Natur-Stern- und Sitten-Lehren ihnen nicht un-
bekandt; Weßwegen ihre Bonzier/ oder geiſtliche
Profeſſores, und heydniſche Prieſter deſto leichter ein-
buͤſſen/ wann ſie mit den Patribus Jeſuitis zu ſtreiten

kom-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0427" n="413"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Romans <hi rendition="#aq">I.</hi> Buch.</hi></fw><lb/>
Perlen blincken: <hi rendition="#aq">Præter hæc autem, plura ibi ex Ar-<lb/>
canis Literarum S. proferre po&#x017F;&#x017F;em, quibus tu Onager<lb/>
non crederes: Ut qui non aliter, quàm &#x017F;urda a&#x017F;pis<lb/>
aures obturans &#x017F;uas, vocem veritatis à monitore ac-<lb/>
cipis.</hi> Zu Teut&#x017F;ch: Jch ko&#x0364;nte u&#x0364;ber das noch mehr auß<lb/>
den Geheimnu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en H. Schrifft herfu&#x0364;rbringen/ denen<lb/>
du wilder Wald-E&#x017F;el doch nicht wu&#x0364;rde&#x017F;t Glauben zu<lb/>
&#x017F;tellen; Sintemahl du die Stimme der Warheit<lb/>
von dem Ermahnenden eben &#x017F;o annimm&#x017F;t/ als wie ei-<lb/>
ne taube Otter/ die ihre Ohren ver&#x017F;topffet. Solcher<lb/>
Kleinodien der Ho&#x0364;fflichkeit findet man hin und wie-<lb/>
der in benam&#x017F;ter <hi rendition="#aq">Di&#x017F;putation</hi> noch mehr/ die <hi rendition="#aq">Johan-<lb/>
nes La&#x017F;icius,</hi> in &#x017F;einer <hi rendition="#aq">Theologia Mo&#x017F;covitica</hi> auß der<lb/>
Ru&#x017F;&#x017F;i&#x017F;chen in die Lateini&#x017F;che Sprache ver&#x017F;etzet/ und<lb/>
de&#x017F;to freymu&#x0364;thiger widerleget hat/ je weniger ihn deß<lb/><hi rendition="#aq">Ba&#x017F;ilii</hi> Knut-Peit&#x017F;chen erreichen ko&#x0364;nnen.</p><lb/>
          <p>Ferner muß der&#x017F;elbe/ welcher im <hi rendition="#aq">Di&#x017F;puti</hi>ren kei-<lb/>
nen Schimpff einlegen/ oder gar zu bald den ku&#x0364;rtzern<lb/>
ziehen wil/ den Stand der Frage wol b<supplied>e</supplied>obachten/<lb/>
und die Sa&#x0364;tze der Schluß-Kun&#x017F;t ver&#x017F;tehen; Wie-<lb/>
wol mancher von Natur &#x017F;o &#x017F;charff&#x017F;innig i&#x017F;t/ daß er<lb/>
nicht allein &#x017F;elb&#x017F;t <hi rendition="#aq">&#x017F;ubtil</hi> fragen und folgern/ &#x017F;ondern<lb/>
auch antworten/ und auflo&#x0364;&#x017F;en kan. Jedoch bringet<lb/>
gemeiniglich der&#x017F;elbe/ welcher mit der Kun&#x017F;t ver&#x017F;ehen<lb/>
i&#x017F;t/ den Sieg darvon/ dafern ihn nicht die Augen-<lb/>
&#x017F;cheinlichkeit der Sachen darnieder leget.</p><lb/>
          <p>Die&#x017F;es letzten Stucks/ nemlich der Kun&#x017F;t ver-<lb/>
nu&#x0364;nfftig Zufolgern und Schlie&#x017F;&#x017F;en/ &#x017F;eynd die Japa-<lb/>
ner/ Sine&#x017F;er/ und andere <hi rendition="#aq">Orientali</hi>&#x017F;che Vo&#x0364;lcker/ un-<lb/>
erfahren/ obgleich &#x017F;on&#x017F;t theils andere/ &#x017F;onderlich die<lb/>
Natur-Stern- und Sitten-Lehren ihnen nicht un-<lb/>
bekandt; Weßwegen ihre Bonzier/ oder gei&#x017F;tliche<lb/><hi rendition="#aq">Profe&#x017F;&#x017F;ores,</hi> und heydni&#x017F;che Prie&#x017F;ter de&#x017F;to leichter ein-<lb/>
bu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en/ wann &#x017F;ie mit den <hi rendition="#aq">Patribus Je&#x017F;uitis</hi> zu &#x017F;treiten<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">kom-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[413/0427] Romans I. Buch. Perlen blincken: Præter hæc autem, plura ibi ex Ar- canis Literarum S. proferre poſſem, quibus tu Onager non crederes: Ut qui non aliter, quàm ſurda aſpis aures obturans ſuas, vocem veritatis à monitore ac- cipis. Zu Teutſch: Jch koͤnte uͤber das noch mehr auß den Geheimnuͤſſen H. Schrifft herfuͤrbringen/ denen du wilder Wald-Eſel doch nicht wuͤrdeſt Glauben zu ſtellen; Sintemahl du die Stimme der Warheit von dem Ermahnenden eben ſo annimmſt/ als wie ei- ne taube Otter/ die ihre Ohren verſtopffet. Solcher Kleinodien der Hoͤfflichkeit findet man hin und wie- der in benamſter Diſputation noch mehr/ die Johan- nes Laſicius, in ſeiner Theologia Moſcovitica auß der Ruſſiſchen in die Lateiniſche Sprache verſetzet/ und deſto freymuͤthiger widerleget hat/ je weniger ihn deß Baſilii Knut-Peitſchen erreichen koͤnnen. Ferner muß derſelbe/ welcher im Diſputiren kei- nen Schimpff einlegen/ oder gar zu bald den kuͤrtzern ziehen wil/ den Stand der Frage wol beobachten/ und die Saͤtze der Schluß-Kunſt verſtehen; Wie- wol mancher von Natur ſo ſcharffſinnig iſt/ daß er nicht allein ſelbſt ſubtil fragen und folgern/ ſondern auch antworten/ und aufloͤſen kan. Jedoch bringet gemeiniglich derſelbe/ welcher mit der Kunſt verſehen iſt/ den Sieg darvon/ dafern ihn nicht die Augen- ſcheinlichkeit der Sachen darnieder leget. Dieſes letzten Stucks/ nemlich der Kunſt ver- nuͤnfftig Zufolgern und Schlieſſen/ ſeynd die Japa- ner/ Sineſer/ und andere Orientaliſche Voͤlcker/ un- erfahren/ obgleich ſonſt theils andere/ ſonderlich die Natur-Stern- und Sitten-Lehren ihnen nicht un- bekandt; Weßwegen ihre Bonzier/ oder geiſtliche Profeſſores, und heydniſche Prieſter deſto leichter ein- buͤſſen/ wann ſie mit den Patribus Jeſuitis zu ſtreiten kom-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690/427
Zitationshilfe: Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690, S. 413. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690/427>, abgerufen am 22.07.2024.