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Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690.

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Deß Academischen
und als am folgenden Tage der Adeliche Gerichts-
Schultheiß Amtswegen die Kirche zuschliessen wol-
te/ beredete ihn der Pastor selber/ daß er zum Zweck/
und die Braut und Bräutigam zusammen kame/
durch die Priesterliche Copulation. Man hielte dar-
auf eine kurtze Mahlzeit/ und wie man auf verbotte-
nen Wegen wandelte/ also geschahe der Auß- und
Einzug zu Marburg bey Nacht-Zeiten.

Wenige Wochen hernach zerfället die junge Frau
in 2. Stücken/ und gebahr einen jungen Sohn/ aber
ihr Mann ward/ weil er dem Obrigkeitlichen Gebott
widerstrebet/ gefangen gesetzet/ ja/ er muste endlich
nach Cassel/ und drohete man ihm mit einer hohen
Straffe/ doch ward die Sache bald vermittelt/ daß
er/ auf Erlegung einer Geld-Busse/ die letzte Frau be-
hielte. Seit der Zeit hat er seine Religion verläug-
net/ und ist zu Calvino übergetretten/ ob er aber dar-
bey besser/ als bey der vorigen/ gefahren/ habe ich seit-
hero nicht erfahren können.

Dem guten Pastoren/ der die Copulation verrich-
tet/ gieng es am elendesten hernach. Er hatte einen
hoffärtigen Edelmann im Dorff/ der ihn alsobald
hoch anklagete/ dann er war ihm ohne dem nicht gut/
weil er/ seiner Meynung nach/ nicht gnugsamen Re-
spect
von dem Pfarrherrn haben kunte/ dessen er aber
zu viel begehrete. Solchem nach/ und weil er weisse
Füsse hatte/ bekam er Gehör/ und der arme Priester
must vom Dienst springen. Weil er nun keine sonder-
liche Mittel/ als seiner Frauen Erbschafft/ die in ligen-
den Gründen bestund/ so muste er sich daselbst nieder-
lassen/ aber was Raths? Er hatte 6. Söhne/ und eine
Tochter/ davon der älteste Sohn vor etwa 3. Jahren
erst auf Academien geräyset. Dieser räysete fort/ um
die Seinigen nicht auf Unkosten zu bringen/ begab

sich

Deß Academiſchen
und als am folgenden Tage der Adeliche Gerichts-
Schultheiß Amtswegen die Kirche zuſchlieſſen wol-
te/ beredete ihn der Paſtor ſelber/ daß er zum Zweck/
und die Braut und Braͤutigam zuſammen kame/
durch die Prieſterliche Copulation. Man hielte dar-
auf eine kurtze Mahlzeit/ und wie man auf verbotte-
nen Wegen wandelte/ alſo geſchahe der Auß- und
Einzug zu Marburg bey Nacht-Zeiten.

Wenige Wochen hernach zerfaͤllet die junge Frau
in 2. Stuͤcken/ und gebahr einen jungen Sohn/ aber
ihr Mann ward/ weil er dem Obrigkeitlichen Gebott
widerſtrebet/ gefangen geſetzet/ ja/ er muſte endlich
nach Caſſel/ und drohete man ihm mit einer hohen
Straffe/ doch ward die Sache bald vermittelt/ daß
er/ auf Erlegung einer Geld-Buſſe/ die letzte Frau be-
hielte. Seit der Zeit hat er ſeine Religion verlaͤug-
net/ und iſt zu Calvino uͤbergetretten/ ob er aber dar-
bey beſſer/ als bey der vorigen/ gefahren/ habe ich ſeit-
hero nicht erfahren koͤnnen.

Dem guten Paſtoren/ der die Copulation verrich-
tet/ gieng es am elendeſten hernach. Er hatte einen
hoffaͤrtigen Edelmann im Dorff/ der ihn alſobald
hoch anklagete/ dann er war ihm ohne dem nicht gut/
weil er/ ſeiner Meynung nach/ nicht gnugſamen Re-
ſpect
von dem Pfarꝛherꝛn haben kunte/ deſſen er aber
zu viel begehrete. Solchem nach/ und weil er weiſſe
Fuͤſſe hatte/ bekam er Gehoͤr/ und der arme Prieſter
muſt vom Dienſt ſpringen. Weil er nun keine ſonder-
liche Mittel/ als ſeiner Frauen Erbſchafft/ die in ligen-
den Gruͤnden beſtund/ ſo muſte er ſich daſelbſt nieder-
laſſen/ aber was Raths? Er hatte 6. Soͤhne/ und eine
Tochter/ davon der aͤlteſte Sohn vor etwa 3. Jahren
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die Seinigen nicht auf Unkoſten zu bringen/ begab

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[384/0398] Deß Academiſchen und als am folgenden Tage der Adeliche Gerichts- Schultheiß Amtswegen die Kirche zuſchlieſſen wol- te/ beredete ihn der Paſtor ſelber/ daß er zum Zweck/ und die Braut und Braͤutigam zuſammen kame/ durch die Prieſterliche Copulation. Man hielte dar- auf eine kurtze Mahlzeit/ und wie man auf verbotte- nen Wegen wandelte/ alſo geſchahe der Auß- und Einzug zu Marburg bey Nacht-Zeiten. Wenige Wochen hernach zerfaͤllet die junge Frau in 2. Stuͤcken/ und gebahr einen jungen Sohn/ aber ihr Mann ward/ weil er dem Obrigkeitlichen Gebott widerſtrebet/ gefangen geſetzet/ ja/ er muſte endlich nach Caſſel/ und drohete man ihm mit einer hohen Straffe/ doch ward die Sache bald vermittelt/ daß er/ auf Erlegung einer Geld-Buſſe/ die letzte Frau be- hielte. Seit der Zeit hat er ſeine Religion verlaͤug- net/ und iſt zu Calvino uͤbergetretten/ ob er aber dar- bey beſſer/ als bey der vorigen/ gefahren/ habe ich ſeit- hero nicht erfahren koͤnnen. Dem guten Paſtoren/ der die Copulation verrich- tet/ gieng es am elendeſten hernach. Er hatte einen hoffaͤrtigen Edelmann im Dorff/ der ihn alſobald hoch anklagete/ dann er war ihm ohne dem nicht gut/ weil er/ ſeiner Meynung nach/ nicht gnugſamen Re- ſpect von dem Pfarꝛherꝛn haben kunte/ deſſen er aber zu viel begehrete. Solchem nach/ und weil er weiſſe Fuͤſſe hatte/ bekam er Gehoͤr/ und der arme Prieſter muſt vom Dienſt ſpringen. Weil er nun keine ſonder- liche Mittel/ als ſeiner Frauen Erbſchafft/ die in ligen- den Gruͤnden beſtund/ ſo muſte er ſich daſelbſt nieder- laſſen/ aber was Raths? Er hatte 6. Soͤhne/ und eine Tochter/ davon der aͤlteſte Sohn vor etwa 3. Jahren erſt auf Academien geraͤyſet. Dieſer raͤyſete fort/ um die Seinigen nicht auf Unkoſten zu bringen/ begab ſich

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Zitationshilfe: Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690, S. 384. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690/398>, abgerufen am 22.11.2024.