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Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690.

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Romans I. Buch.
Liebste wäre/ (dann das löbliche Frauenzimmer in
Kiel habe ich/ wann ich etliche darvon außnehme/
meistentheils als junge Prinzessinnen in Kleidern
gefunden. Sie sind auch überauß schön/ aber intonirt
gegen einem/ der es nicht mit ihnen hält/ verliebt ge-
gen die Courtisanen/ und darbey offtmahls mit dem
Klingen-Beutel verschwägert/ dann ich habe etliche
überauß galante Damoisellen gekannt/ welche Wo-
chentlich eine Portion auß dem Kirchen-Klingenbeu-
tel heben/) dannenhero gereuete es ihn/ daß er sich
anderweit verquackelt hatte/ ward auch so melancho-
li
sch/ wann er auf solche Gedancken kam/ daß man
ihn etliche mahl in dem Gehöltz am Seestrand/ der
düstere Brouk genannt/ in solcher Consternation und
Desperation gefunden/ daß er resolvirt gewesen/ sich
selber umzubringen. Man hat ihm aber allemahl zu
bessern Gedancken verholffen. Endlich ist er Licen-
tiatus Medicinae
worden/ und ob er gleich seine
Schuldener nicht bezahlet/ von seinen Eltern auch
wenig zu hoffen hatte/ nach seiner ersten Liebsten ver-
räyset/ und hat sich mit ihr verehelichet.

Offtmahlen werden auch die Academische Jung-
fräulein durch scheinbare Ehe-Verheissungen gefäl-
let/ und um ihre Ehre gebracht/ daß sie hernach/ weil
ihnen ihre Courtisanen nichts halten/ nimmermehr
wieder zu Ehren kommen mögen/ deßgleichen findet
man auch kluge Hürlein/ welche ihre Schwanger-
schafft verhelen/ damit der Studiosus, von welchem sie
in solchen Zustand gesetzet sind/ keinen Wind darvon
bekomme/ biß man ihm das neugebohrne Kindlein
unversehens ins Hauß sendet/ alsdann hänget der
arme Teuffel allenthalben herauß. Manche Pursche
sind auch von so schlechter Conduite, daß sie/ ob sie
gleich ihren Maistressen schon auß den Augen gekom-

men/

Romans I. Buch.
Liebſte waͤre/ (dann das loͤbliche Frauenzimmer in
Kiel habe ich/ wann ich etliche darvon außnehme/
meiſtentheils als junge Prinzeſſinnen in Kleidern
gefunden. Sie ſind auch uͤberauß ſchoͤn/ aber intonirt
gegen einem/ der es nicht mit ihnen haͤlt/ verliebt ge-
gen die Courtiſanen/ und darbey offtmahls mit dem
Klingen-Beutel verſchwaͤgert/ dann ich habe etliche
uͤberauß galante Damoiſellen gekannt/ welche Wo-
chentlich eine Portion auß dem Kirchen-Klingenbeu-
tel heben/) dannenhero gereuete es ihn/ daß er ſich
anderweit verquackelt hatte/ ward auch ſo melancho-
li
ſch/ wann er auf ſolche Gedancken kam/ daß man
ihn etliche mahl in dem Gehoͤltz am Seeſtrand/ der
duͤſtere Brouk genannt/ in ſolcher Conſternation und
Deſperation gefunden/ daß er reſolvirt geweſen/ ſich
ſelber umzubringen. Man hat ihm aber allemahl zu
beſſern Gedancken verholffen. Endlich iſt er Licen-
tiatus Medicinæ
worden/ und ob er gleich ſeine
Schuldener nicht bezahlet/ von ſeinen Eltern auch
wenig zu hoffen hatte/ nach ſeiner erſten Liebſten ver-
raͤyſet/ und hat ſich mit ihr verehelichet.

Offtmahlen werden auch die Academiſche Jung-
fraͤulein durch ſcheinbare Ehe-Verheiſſungen gefaͤl-
let/ und um ihre Ehre gebracht/ daß ſie hernach/ weil
ihnen ihre Courtiſanen nichts halten/ nimmermehr
wieder zu Ehren kommen moͤgen/ deßgleichen findet
man auch kluge Huͤrlein/ welche ihre Schwanger-
ſchafft verhelen/ damit der Studioſus, von welchem ſie
in ſolchen Zuſtand geſetzet ſind/ keinen Wind darvon
bekomme/ biß man ihm das neugebohrne Kindlein
unverſehens ins Hauß ſendet/ alsdann haͤnget der
arme Teuffel allenthalben herauß. Manche Purſche
ſind auch von ſo ſchlechter Conduite, daß ſie/ ob ſie
gleich ihren Maiſtreſſen ſchon auß den Augen gekom-

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[381/0395] Romans I. Buch. Liebſte waͤre/ (dann das loͤbliche Frauenzimmer in Kiel habe ich/ wann ich etliche darvon außnehme/ meiſtentheils als junge Prinzeſſinnen in Kleidern gefunden. Sie ſind auch uͤberauß ſchoͤn/ aber intonirt gegen einem/ der es nicht mit ihnen haͤlt/ verliebt ge- gen die Courtiſanen/ und darbey offtmahls mit dem Klingen-Beutel verſchwaͤgert/ dann ich habe etliche uͤberauß galante Damoiſellen gekannt/ welche Wo- chentlich eine Portion auß dem Kirchen-Klingenbeu- tel heben/) dannenhero gereuete es ihn/ daß er ſich anderweit verquackelt hatte/ ward auch ſo melancho- liſch/ wann er auf ſolche Gedancken kam/ daß man ihn etliche mahl in dem Gehoͤltz am Seeſtrand/ der duͤſtere Brouk genannt/ in ſolcher Conſternation und Deſperation gefunden/ daß er reſolvirt geweſen/ ſich ſelber umzubringen. Man hat ihm aber allemahl zu beſſern Gedancken verholffen. Endlich iſt er Licen- tiatus Medicinæ worden/ und ob er gleich ſeine Schuldener nicht bezahlet/ von ſeinen Eltern auch wenig zu hoffen hatte/ nach ſeiner erſten Liebſten ver- raͤyſet/ und hat ſich mit ihr verehelichet. Offtmahlen werden auch die Academiſche Jung- fraͤulein durch ſcheinbare Ehe-Verheiſſungen gefaͤl- let/ und um ihre Ehre gebracht/ daß ſie hernach/ weil ihnen ihre Courtiſanen nichts halten/ nimmermehr wieder zu Ehren kommen moͤgen/ deßgleichen findet man auch kluge Huͤrlein/ welche ihre Schwanger- ſchafft verhelen/ damit der Studioſus, von welchem ſie in ſolchen Zuſtand geſetzet ſind/ keinen Wind darvon bekomme/ biß man ihm das neugebohrne Kindlein unverſehens ins Hauß ſendet/ alsdann haͤnget der arme Teuffel allenthalben herauß. Manche Purſche ſind auch von ſo ſchlechter Conduite, daß ſie/ ob ſie gleich ihren Maiſtreſſen ſchon auß den Augen gekom- men/

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Zitationshilfe: Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690, S. 381. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690/395>, abgerufen am 22.11.2024.