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Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690.

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Romans I. Buch.
dardurch nicht das Hauß verunreinigen wolte. Man
machte ihm die Thür auf/ aber er schlich fein säuber-
lich um die Ecke herum/ gieng darauf mit starcken
Schritten fort/ und ließ den Seiden-Weber so lange
warten/ biß ihm die Zeit zu lang ward/ da er dann sei-
ne Reue zu spät empfand. Er fluchete auf seine Leicht-
glaubigkeit/ und deß leichtfertigen Juden Tücke/
wünschete auch nichts mehr/ als daß er sich an diesem
leichtfertigen Betrieger rächen möchte. Jnzwischen
lachete Troll deß Handels in das Fäustchen/ und als
er seine Gasse wieder gefunden hatte/ praesentirete er
sich/ zumahl die bedeutete Stunde schon verstrichen/
unter dem angewieseneu Fenster. Als er aber so bald
Niemand erblickete/ begunte er zu husten/ da sich dann
die Margara bald sehen ließ/ und ihm mit sanffter
Stimme diese Worte zuschickete: Machet euch bereit/
mein liebster Troll/ zu mir herauf zu kommen/ ich habe
eurer allhier schon eine halbe Stunde mit höchstem
Verlangen erwartet/ und wäre ich für hertzlicher Lie-
be zu euch schier vergangen. Seyd zufrieden/ schönste
Jungfrau/ war seine Antwort/ ich wil euch eures Ver-
langens dermassen ergötzen/ daß ihr deß Schmertzens
gar bald vergessen sollet. Aber/ wie ist es/ sind die übri-
gen Leute mit einander auch alle schon schlaffen ge-
gangen? Freylich ja/ sprach Margara, so lange habe
ich verzogen/ damit wir in unserm Liebes-Werck nicht
möchten gestöret werden.

Als sie dieses gesagt/ ließ sie ein starckes Seil
herunter/ und zwar gedoppelt/ und nöthigte den Troll/
daß er darauf sitzen/ und sich von ihr möchte herauf
ziehen lassen. Du allerliebstes Hertz/ sprach Troll/ dein
gantzer Leib und Leben ist doch jetzo lauter Redlichkeit
und Liebe zu mir/ glückseelig bist du dann/ O glücksee-
liger Troll/ in deiner allerhöchsten Glückseeligkeit/

schäme

Romans I. Buch.
dardurch nicht das Hauß verunreinigen wolte. Man
machte ihm die Thuͤr auf/ aber er ſchlich fein ſaͤuber-
lich um die Ecke herum/ gieng darauf mit ſtarcken
Schritten fort/ und ließ den Seiden-Weber ſo lange
warten/ biß ihm die Zeit zu lang ward/ da er dann ſei-
ne Reue zu ſpaͤt empfand. Er fluchete auf ſeine Leicht-
glaubigkeit/ und deß leichtfertigen Juden Tuͤcke/
wuͤnſchete auch nichts mehr/ als daß er ſich an dieſem
leichtfertigen Betrieger raͤchen moͤchte. Jnzwiſchen
lachete Troll deß Handels in das Faͤuſtchen/ und als
er ſeine Gaſſe wieder gefunden hatte/ præſentirete er
ſich/ zumahl die bedeutete Stunde ſchon verſtrichen/
unter dem angewieſeneu Fenſter. Als er aber ſo bald
Niemand erblickete/ begunte er zu huſten/ da ſich dañ
die Margara bald ſehen ließ/ und ihm mit ſanffter
Stim̃e dieſe Worte zuſchickete: Machet euch bereit/
mein liebſter Troll/ zu mir herauf zu kommen/ ich habe
eurer allhier ſchon eine halbe Stunde mit hoͤchſtem
Verlangen erwartet/ und waͤre ich fuͤr hertzlicher Lie-
be zu euch ſchier vergangen. Seyd zufrieden/ ſchoͤnſte
Jungfrau/ war ſeine Antwort/ ich wil euch eures Ver-
langens dermaſſen ergoͤtzen/ daß ihr deß Schmertzens
gar bald vergeſſen ſollet. Aber/ wie iſt es/ ſind die uͤbri-
gen Leute mit einander auch alle ſchon ſchlaffen ge-
gangen? Freylich ja/ ſprach Margara, ſo lange habe
ich verzogen/ damit wir in unſerm Liebes-Werck nicht
moͤchten geſtoͤret werden.

Als ſie dieſes geſagt/ ließ ſie ein ſtarckes Seil
herunter/ und zwar gedoppelt/ und noͤthigte den Troll/
daß er darauf ſitzen/ und ſich von ihr moͤchte herauf
ziehen laſſen. Du allerliebſtes Hertz/ ſprach Troll/ dein
gantzer Leib und Leben iſt doch jetzo lauter Redlichkeit
und Liebe zu mir/ gluͤckſeelig biſt du dann/ O gluͤckſee-
liger Troll/ in deiner allerhoͤchſten Gluͤckſeeligkeit/

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[317/0331] Romans I. Buch. dardurch nicht das Hauß verunreinigen wolte. Man machte ihm die Thuͤr auf/ aber er ſchlich fein ſaͤuber- lich um die Ecke herum/ gieng darauf mit ſtarcken Schritten fort/ und ließ den Seiden-Weber ſo lange warten/ biß ihm die Zeit zu lang ward/ da er dann ſei- ne Reue zu ſpaͤt empfand. Er fluchete auf ſeine Leicht- glaubigkeit/ und deß leichtfertigen Juden Tuͤcke/ wuͤnſchete auch nichts mehr/ als daß er ſich an dieſem leichtfertigen Betrieger raͤchen moͤchte. Jnzwiſchen lachete Troll deß Handels in das Faͤuſtchen/ und als er ſeine Gaſſe wieder gefunden hatte/ præſentirete er ſich/ zumahl die bedeutete Stunde ſchon verſtrichen/ unter dem angewieſeneu Fenſter. Als er aber ſo bald Niemand erblickete/ begunte er zu huſten/ da ſich dañ die Margara bald ſehen ließ/ und ihm mit ſanffter Stim̃e dieſe Worte zuſchickete: Machet euch bereit/ mein liebſter Troll/ zu mir herauf zu kommen/ ich habe eurer allhier ſchon eine halbe Stunde mit hoͤchſtem Verlangen erwartet/ und waͤre ich fuͤr hertzlicher Lie- be zu euch ſchier vergangen. Seyd zufrieden/ ſchoͤnſte Jungfrau/ war ſeine Antwort/ ich wil euch eures Ver- langens dermaſſen ergoͤtzen/ daß ihr deß Schmertzens gar bald vergeſſen ſollet. Aber/ wie iſt es/ ſind die uͤbri- gen Leute mit einander auch alle ſchon ſchlaffen ge- gangen? Freylich ja/ ſprach Margara, ſo lange habe ich verzogen/ damit wir in unſerm Liebes-Werck nicht moͤchten geſtoͤret werden. Als ſie dieſes geſagt/ ließ ſie ein ſtarckes Seil herunter/ und zwar gedoppelt/ und noͤthigte den Troll/ daß er darauf ſitzen/ und ſich von ihr moͤchte herauf ziehen laſſen. Du allerliebſtes Hertz/ ſprach Troll/ dein gantzer Leib und Leben iſt doch jetzo lauter Redlichkeit und Liebe zu mir/ gluͤckſeelig biſt du dann/ O gluͤckſee- liger Troll/ in deiner allerhoͤchſten Gluͤckſeeligkeit/ ſchaͤme

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Zitationshilfe: Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690, S. 317. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690/331>, abgerufen am 22.11.2024.