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Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690.

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Deß Academischen
wer fragen wil/ der frage zu Abel/ und so gienge es
wol auß. Jch bin eine von den friedsamen und treuen
Städten in Jsrael/ und du wilt die Stadt tödten/ und
die Mutter in Jsrael? 2. B. Sam. c. 20.

Was die Meynung dieser Rede sey/ können auch
die Läyen lesen in ihren Bibeln/ und sehen/ daß kluge
und verständige Männer darinnen gewohnet/ welche
dem gantzen Volck in zweiffelhafftigen Sachen mit
gesundem Rath helffen können. Woher aber dieses?
Daher/ weil eine hohe Schul daselbst gewesen/ gele-
gen an einem stillen Ort/ gefasset mit heilsamen Ge-
setzen/ versorget mit gnugsamen Güthern/ daß auch
deßwegen alle Stämme ihre liebste Kinder gen Abel/
als zu der holdseeligen Mutter/ schicken dürffen. Eine
solche Stadt war Abel/ und ließ sich an den freyen
Künsten ersättigen. Jerusalem/ Bethlehem/ Ra-
math/ Siloa/ Gibea/ möchten prangen wegen der
Königl. Residentz/ Burg und der H. Stiffts-Hütte;
Abel war die getreueste Mutter/ die gelehrteste Mei-
sterin/ die fleissigste Pflegerin aller der Edelsten Söh-
ne in Jsrael. Zu Abel wurde Urtheil gesprochen in
Weltlichen/ zu Abel wurde Bescheid gegeben in
Geistlichen/ zu Abel wurden scharffsinnige Dinge
getrieben in zeitlichen Sachen. Abel blähete sich
nicht wegen der grossen Gewalt/ Reichthums/
Schmucks und Vortrefflichkeit/ sondern danckete
GOtt/ daß die Himmlische und irrdische Weißheit
eine köstliche Wohnung zwischen ihren Mauren auf-
geschlagen hatte.

Zuletzt/ als Salomon den prächtigen Tempel
gebauet/ und neben demselbigen eine gewaltige Uni-
versit
ät angerichtet/ und stattlich eingeweyhet/ auch
mit nachdencklichen Ehren-Tituln öffentlich gezie-
ret/ inmassen viel Theologen auß den vernünfftigen

Sprüch-

Deß Academiſchen
wer fragen wil/ der frage zu Abel/ und ſo gienge es
wol auß. Jch bin eine von den friedſamen und treuen
Staͤdten in Jſrael/ und du wilt die Stadt toͤdten/ und
die Mutter in Jſrael? 2. B. Sam. c. 20.

Was die Meynung dieſer Rede ſey/ koͤnnen auch
die Laͤyen leſen in ihren Bibeln/ und ſehen/ daß kluge
und verſtaͤndige Maͤnner darinnen gewohnet/ welche
dem gantzen Volck in zweiffelhafftigen Sachen mit
geſundem Rath helffen koͤnnen. Woher aber dieſes?
Daher/ weil eine hohe Schul daſelbſt geweſen/ gele-
gen an einem ſtillen Ort/ gefaſſet mit heilſamen Ge-
ſetzen/ verſorget mit gnugſamen Guͤthern/ daß auch
deßwegen alle Staͤmme ihre liebſte Kinder gen Abel/
als zu der holdſeeligen Mutter/ ſchicken duͤrffen. Eine
ſolche Stadt war Abel/ und ließ ſich an den freyen
Kuͤnſten erſaͤttigen. Jeruſalem/ Bethlehem/ Ra-
math/ Siloa/ Gibea/ moͤchten prangen wegen der
Koͤnigl. Reſidentz/ Burg und der H. Stiffts-Huͤtte;
Abel war die getreueſte Mutter/ die gelehrteſte Mei-
ſterin/ die fleiſſigſte Pflegerin aller der Edelſten Soͤh-
ne in Jſrael. Zu Abel wurde Urtheil geſprochen in
Weltlichen/ zu Abel wurde Beſcheid gegeben in
Geiſtlichen/ zu Abel wurden ſcharffſinnige Dinge
getrieben in zeitlichen Sachen. Abel blaͤhete ſich
nicht wegen der groſſen Gewalt/ Reichthums/
Schmucks und Vortrefflichkeit/ ſondern danckete
GOtt/ daß die Himmliſche und irꝛdiſche Weißheit
eine koͤſtliche Wohnung zwiſchen ihren Mauren auf-
geſchlagen hatte.

Zuletzt/ als Salomon den praͤchtigen Tempel
gebauet/ und neben demſelbigen eine gewaltige Uni-
verſit
aͤt angerichtet/ und ſtattlich eingeweyhet/ auch
mit nachdencklichen Ehren-Tituln oͤffentlich gezie-
ret/ inmaſſen viel Theologen auß den vernuͤnfftigen

Spruͤch-
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[14/0024] Deß Academiſchen wer fragen wil/ der frage zu Abel/ und ſo gienge es wol auß. Jch bin eine von den friedſamen und treuen Staͤdten in Jſrael/ und du wilt die Stadt toͤdten/ und die Mutter in Jſrael? 2. B. Sam. c. 20. Was die Meynung dieſer Rede ſey/ koͤnnen auch die Laͤyen leſen in ihren Bibeln/ und ſehen/ daß kluge und verſtaͤndige Maͤnner darinnen gewohnet/ welche dem gantzen Volck in zweiffelhafftigen Sachen mit geſundem Rath helffen koͤnnen. Woher aber dieſes? Daher/ weil eine hohe Schul daſelbſt geweſen/ gele- gen an einem ſtillen Ort/ gefaſſet mit heilſamen Ge- ſetzen/ verſorget mit gnugſamen Guͤthern/ daß auch deßwegen alle Staͤmme ihre liebſte Kinder gen Abel/ als zu der holdſeeligen Mutter/ ſchicken duͤrffen. Eine ſolche Stadt war Abel/ und ließ ſich an den freyen Kuͤnſten erſaͤttigen. Jeruſalem/ Bethlehem/ Ra- math/ Siloa/ Gibea/ moͤchten prangen wegen der Koͤnigl. Reſidentz/ Burg und der H. Stiffts-Huͤtte; Abel war die getreueſte Mutter/ die gelehrteſte Mei- ſterin/ die fleiſſigſte Pflegerin aller der Edelſten Soͤh- ne in Jſrael. Zu Abel wurde Urtheil geſprochen in Weltlichen/ zu Abel wurde Beſcheid gegeben in Geiſtlichen/ zu Abel wurden ſcharffſinnige Dinge getrieben in zeitlichen Sachen. Abel blaͤhete ſich nicht wegen der groſſen Gewalt/ Reichthums/ Schmucks und Vortrefflichkeit/ ſondern danckete GOtt/ daß die Himmliſche und irꝛdiſche Weißheit eine koͤſtliche Wohnung zwiſchen ihren Mauren auf- geſchlagen hatte. Zuletzt/ als Salomon den praͤchtigen Tempel gebauet/ und neben demſelbigen eine gewaltige Uni- verſitaͤt angerichtet/ und ſtattlich eingeweyhet/ auch mit nachdencklichen Ehren-Tituln oͤffentlich gezie- ret/ inmaſſen viel Theologen auß den vernuͤnfftigen Spruͤch-

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Zitationshilfe: Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690, S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690/24>, abgerufen am 23.11.2024.