Schmäh-Mund/ oder ich werde dir doch diesen Abend noch den rothen Safft herauß jagen. Cereb. Justitiae primum munus est, ut ne cui quis noceat, nisi lacessi- tus injuria. Klingenfeld: Meynet ihr wol/ daß man im Himmel auch Wein trincken werde? Cereb. Ego vitam Deorum propterea sempiternam esse arbitror, quod voluptates eorum propriae sunt, Klingenfeld: So haltet ihr gewiß die Leute/ die stäts fressen/ vor hoch glückseelig? Cereb. Miser homo, qui ipse sibi quod quaerit, id aegre invenit. Sed ille miserior, qui & aegre quaerit, & nihil invenit. Ille miserrimus, qui cum esse cupit, quod edat non habet. Troll: Darauß mag ja ein Jeder urtheilen/ daß mein Stand löblicher sey/ als deß Cerebacchii. Cereb. Quo quisque ingenio minus valet, hoc se magis attollere, & dilatare cona- tur. Hiermit langete er nach einer vollen Flaschen mit Wein/ und wolte solche an den Mund setzen/ Klin- genfeld aber bestraffete ihn/ daß er so gar keine Maß zu halten wüste. Worauf Cereb. Nihil addubito, quin, qua es humanitate, hanc meam voluntatem sis boni consulturus. Jener hielte ihm für/ daß er ja am folgenden Morgen diese Flasche wieder finden/ und alsdann außleeren könte/ aber Cerebacchius schüttelte den Kopff mit diesen Worten: Quid enim est stul- tius, quam incerta pro certis habere, falsa pro veris? Als ihm Troll hierüber die Flasche auß der Hand risse/ und seinen Becher darauß füllete/ muste er diese Worte von Jenem anhören: Qui se victoria licen- tius, liberiusque, quam rectius usuros credebant. Dar- auf nahm er die Flasche/ und trunck den Rest in einem Ansatz hinein. Klingenfeld aber sprach: Jch halte/ es wird Zeit seyn/ daß wir schlaffen gehen/ und nach- dem Cerebacchius hierauf geantwortet: Diem con- sumi volebant, id quod factum est, da giengen sie mit
einan-
Romans I. Buch.
Schmaͤh-Mund/ oder ich werde dir doch dieſen Abend noch den rothen Safft herauß jagen. Cereb. Juſtitiæ primum munus eſt, ut ne cui quis noceat, niſi laceſſi- tus injuriâ. Klingenfeld: Meynet ihr wol/ daß man im Himmel auch Wein trincken werde? Cereb. Ego vitam Deorum propterea ſempiternam eſſe arbitror, quod voluptates eorum propriæ ſunt, Klingenfeld: So haltet ihr gewiß die Leute/ die ſtaͤts freſſen/ vor hoch gluͤckſeelig? Cereb. Miſer homo, qui ipſe ſibi quod quærit, id ægrè invenit. Sed ille miſerior, qui & ægrè quærit, & nihil invenit. Ille miſerrimus, qui cum eſſe cupit, quod edat non habet. Troll: Darauß mag ja ein Jeder urtheilen/ daß mein Stand loͤblicher ſey/ als deß Cerebacchii. Cereb. Quò quisque ingenio minus valet, hoc ſe magis attollere, & dilatare cona- tur. Hiermit langete er nach einer vollen Flaſchen mit Wein/ und wolte ſolche an den Mund ſetzen/ Klin- genfeld aber beſtraffete ihn/ daß er ſo gar keine Maß zu halten wuͤſte. Worauf Cereb. Nihil addubito, quin, quâ es humanitate, hanc meam voluntatem ſis boni conſulturus. Jener hielte ihm fuͤr/ daß er ja am folgenden Morgen dieſe Flaſche wieder finden/ und alsdann außleeren koͤnte/ aber Cerebacchius ſchuͤttelte den Kopff mit dieſen Worten: Quid enim eſt ſtul- tius, quam incerta pro certis habere, falſa pro veris? Als ihm Troll hieruͤber die Flaſche auß der Hand riſſe/ und ſeinen Becher darauß fuͤllete/ muſte er dieſe Worte von Jenem anhoͤren: Qui ſe victoria licen- tius, liberiusque, quàm rectius uſuros credebant. Dar- auf nahm er die Flaſche/ und trunck den Reſt in einem Anſatz hinein. Klingenfeld aber ſprach: Jch halte/ es wird Zeit ſeyn/ daß wir ſchlaffen gehen/ und nach- dem Cerebacchius hierauf geantwortet: Diem con- ſumi volebant, id quod factum eſt, da giengen ſie mit
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Romans I. Buch.
Schmaͤh-Mund/ oder ich werde dir doch dieſen Abend
noch den rothen Safft herauß jagen. Cereb. Juſtitiæ
primum munus eſt, ut ne cui quis noceat, niſi laceſſi-
tus injuriâ. Klingenfeld: Meynet ihr wol/ daß man
im Himmel auch Wein trincken werde? Cereb. Ego
vitam Deorum propterea ſempiternam eſſe arbitror,
quod voluptates eorum propriæ ſunt, Klingenfeld:
So haltet ihr gewiß die Leute/ die ſtaͤts freſſen/ vor
hoch gluͤckſeelig? Cereb. Miſer homo, qui ipſe ſibi
quod quærit, id ægrè invenit. Sed ille miſerior, qui
& ægrè quærit, & nihil invenit. Ille miſerrimus, qui
cum eſſe cupit, quod edat non habet. Troll: Darauß
mag ja ein Jeder urtheilen/ daß mein Stand loͤblicher
ſey/ als deß Cerebacchii. Cereb. Quò quisque ingenio
minus valet, hoc ſe magis attollere, & dilatare cona-
tur. Hiermit langete er nach einer vollen Flaſchen mit
Wein/ und wolte ſolche an den Mund ſetzen/ Klin-
genfeld aber beſtraffete ihn/ daß er ſo gar keine Maß
zu halten wuͤſte. Worauf Cereb. Nihil addubito,
quin, quâ es humanitate, hanc meam voluntatem ſis
boni conſulturus. Jener hielte ihm fuͤr/ daß er ja am
folgenden Morgen dieſe Flaſche wieder finden/ und
alsdann außleeren koͤnte/ aber Cerebacchius ſchuͤttelte
den Kopff mit dieſen Worten: Quid enim eſt ſtul-
tius, quam incerta pro certis habere, falſa pro veris?
Als ihm Troll hieruͤber die Flaſche auß der Hand
riſſe/ und ſeinen Becher darauß fuͤllete/ muſte er dieſe
Worte von Jenem anhoͤren: Qui ſe victoria licen-
tius, liberiusque, quàm rectius uſuros credebant. Dar-
auf nahm er die Flaſche/ und trunck den Reſt in einem
Anſatz hinein. Klingenfeld aber ſprach: Jch halte/
es wird Zeit ſeyn/ daß wir ſchlaffen gehen/ und nach-
dem Cerebacchius hierauf geantwortet: Diem con-
ſumi volebant, id quod factum eſt, da giengen ſie mit
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Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690, S. 223. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690/235>, abgerufen am 23.11.2024.
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