Namque duo tanquam contradictoria sunt haec: Ut conjux sis, & cornua nulla geras.
Und dann ferner in diesen Versen bezeuget:
Uxorem moecham qui nescit, vertice gestar Cornu unum, qui scit, cornua bina gerit. Qui scit, & id patitur, tria gestat, quatuorille, Qui ducit nitidos, ad sua tecta procos. Horum qui nullo se credit in ordine poni, Fallitur & fatuus, cornua quinque gerit.
Doch ist es ein schlechter Glaube/ und kommt mir solcher vor/ wie Printz Moritzen Antwort/ als der von dem Herrn von Barne- feld nach Ubergab deß fürtrefflichen See-Hafens und Veftung Ostende gefraget ward: Warum bauet man doch so gewaltige Vestungen/ da man sie doch dem Feind übergeben muß? Das gemahnet mich/ sagte der Printz/ als wann man mich fragete: Warum verheurathet man sich/ da man hernach zum Hahnrey wird? Doch könte man die Frantzösische Nation noch etwa ent- schuldigen/ und sagen/ daß sie der Ursachen halben so gute Leute wären/ und denen Platz-und Statthaltern bey ihren Weibern zuweilen auch etwas gönneten/ darmit es dem gemeinen Wesen zum Besten käme/ welchem dergestalt mit Verschaffung vieler Unterthanen aufgeholffen würde. Und dieser Meynung wa- ren die sonst klugen Athenienser/ dann/ wann bey ihnen ein Ehe- mann deß andern fruchtbares Weib zu dem Ende begehrete/ daß er sie schwängern wollen/ ist sie ihm unversager gefolget worden. Wer deß Luftes/ Kinder zu erzeugen/ ersättiget gewe- sen/ der hat einen andern/ seine Stelle zu vertretten/ mögen an- sprechen/ dann sie darfür gehalten/ daß die Kinder nicht den El- tern/ sondern dem gemeinen Vatterland zum Nutz und Beften gebohren/ und könten ohne Leute die Länder und Städte nicht ge- schützet/ noch erhalten werden/ wie bey dem Plutarcho in dem Le- ben deß Lycurgi zu lesen. Und hierauf zielete jener kluge Phi- losophus, der da wolte/ daß in einem vollkommenen Reich alle Weiber gemein seyn müsten. Auch möchte man etwa sagen/ daß ihr Frantzosen es darum geschehen liesset/ damit alle Welt von euch sagen müsse/ daß ihr nicht auß Geilbeit/ sondern auß Lust zur Kinder Zucht/ euch verbeurathet/ welches vormahls der Kö- nig von Calichut auß eben der Ursache thate/ massen dieser nicht ehe bey seiner Gemahlin schlieff/ es hätte dann der fürnehmste Priester ihre Jungferschafft zuvor credentzet/ wie dann dieser Gebrauch noch heutiges Tages vielen Nationen gemein/ folg-
lich
Romans I. Buch.
Namque duo tanquam contradictoria ſunt hæc: Ut conjux ſis, & cornua nulla geras.
Und dann ferner in dieſen Verſen bezeuget:
Uxorem mœcham qui neſcit, vertice geſtar Cornu unum, qui ſcit, cornua bina gerit. Qui ſcit, & id patitur, tria geſtat, quatuorille, Qui ducit nitidos, ad ſua tecta procos. Horum qui nullo ſe credit in ordine poni, Fallitur & fatuus, cornua quinque gerit.
Doch iſt es ein ſchlechter Glaube/ und kom̃t mir ſolcher vor/ wie Printz Moritzen Antwort/ als der von dem Herꝛn von Barne- feld nach Ubergab deß fuͤrtrefflichen See-Hafens und Veftung Oſtende gefraget ward: Warum bauet man doch ſo gewaltige Veſtungen/ da man ſie doch dem Feind uͤbergeben muß? Das gemahnet mich/ ſagte der Printz/ als wann man mich fragete: Warum verheurathet man ſich/ da man hernach zum Hahnrey wird? Doch koͤnte man die Frantzoͤſiſche Nation noch etwa ent- ſchuldigen/ und ſagen/ daß ſie der Urſachen halben ſo gute Leute waͤren/ und denen Platz-und Statthaltern bey ihren Weibern zuweilen auch etwas goͤnneten/ darmit es dem gemeinen Weſen zum Beſten kaͤme/ welchem dergeſtalt mit Verſchaffung vieler Unterthanen aufgeholffen wuͤrde. Und dieſer Meynung wa- ren die ſonſt klugen Athenienſer/ dann/ wann bey ihnen ein Ehe- mann deß andern fruchtbares Weib zu dem Ende begehrete/ daß er ſie ſchwaͤngern wollen/ iſt ſie ihm unverſager gefolget worden. Wer deß Luftes/ Kinder zu erzeugen/ erſaͤttiget gewe- ſen/ der hat einen andern/ ſeine Stelle zu vertretten/ moͤgen an- ſprechen/ dann ſie darfuͤr gehalten/ daß die Kinder nicht den El- tern/ ſondern dem gemeinen Vatterland zum Nutz und Beften gebohren/ und koͤnten ohne Leute die Laͤnder und Staͤdte nicht ge- ſchuͤtzet/ noch erhalten werden/ wie bey dem Plutarcho in dem Le- ben deß Lycurgi zu leſen. Und hierauf zielete jener kluge Phi- loſophus, der da wolte/ daß in einem vollkommenen Reich alle Weiber gemein ſeyn muͤſten. Auch moͤchte man etwa ſagen/ daß ihr Frantzoſen es darum geſchehen lieſſet/ damit alle Welt von euch ſagen muͤſſe/ daß ihr nicht auß Geilbeit/ ſondern auß Luſt zur Kinder Zucht/ euch verbeurathet/ welches vormahls der Koͤ- nig von Calichut auß eben der Urſache thate/ maſſen dieſer nicht ehe bey ſeiner Gemahlin ſchlieff/ es haͤtte dann der fuͤrnehmſte Prieſter ihre Jungferſchafft zuvor credentzet/ wie dann dieſer Gebrauch noch heutiges Tages vielen Nationen gemein/ folg-
lich
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Romans I. Buch.
Namque duo tanquam contradictoria ſunt hæc:
Ut conjux ſis, & cornua nulla geras.
Und dann ferner in dieſen Verſen bezeuget:
Uxorem mœcham qui neſcit, vertice geſtar
Cornu unum, qui ſcit, cornua bina gerit.
Qui ſcit, & id patitur, tria geſtat, quatuorille,
Qui ducit nitidos, ad ſua tecta procos.
Horum qui nullo ſe credit in ordine poni,
Fallitur & fatuus, cornua quinque gerit.
Doch iſt es ein ſchlechter Glaube/ und kom̃t mir ſolcher vor/ wie
Printz Moritzen Antwort/ als der von dem Herꝛn von Barne-
feld nach Ubergab deß fuͤrtrefflichen See-Hafens und Veftung
Oſtende gefraget ward: Warum bauet man doch ſo gewaltige
Veſtungen/ da man ſie doch dem Feind uͤbergeben muß? Das
gemahnet mich/ ſagte der Printz/ als wann man mich fragete:
Warum verheurathet man ſich/ da man hernach zum Hahnrey
wird? Doch koͤnte man die Frantzoͤſiſche Nation noch etwa ent-
ſchuldigen/ und ſagen/ daß ſie der Urſachen halben ſo gute Leute
waͤren/ und denen Platz-und Statthaltern bey ihren Weibern
zuweilen auch etwas goͤnneten/ darmit es dem gemeinen Weſen
zum Beſten kaͤme/ welchem dergeſtalt mit Verſchaffung vieler
Unterthanen aufgeholffen wuͤrde. Und dieſer Meynung wa-
ren die ſonſt klugen Athenienſer/ dann/ wann bey ihnen ein Ehe-
mann deß andern fruchtbares Weib zu dem Ende begehrete/
daß er ſie ſchwaͤngern wollen/ iſt ſie ihm unverſager gefolget
worden. Wer deß Luftes/ Kinder zu erzeugen/ erſaͤttiget gewe-
ſen/ der hat einen andern/ ſeine Stelle zu vertretten/ moͤgen an-
ſprechen/ dann ſie darfuͤr gehalten/ daß die Kinder nicht den El-
tern/ ſondern dem gemeinen Vatterland zum Nutz und Beften
gebohren/ und koͤnten ohne Leute die Laͤnder und Staͤdte nicht ge-
ſchuͤtzet/ noch erhalten werden/ wie bey dem Plutarcho in dem Le-
ben deß Lycurgi zu leſen. Und hierauf zielete jener kluge Phi-
loſophus, der da wolte/ daß in einem vollkommenen Reich alle
Weiber gemein ſeyn muͤſten. Auch moͤchte man etwa ſagen/ daß
ihr Frantzoſen es darum geſchehen lieſſet/ damit alle Welt von
euch ſagen muͤſſe/ daß ihr nicht auß Geilbeit/ ſondern auß Luſt
zur Kinder Zucht/ euch verbeurathet/ welches vormahls der Koͤ-
nig von Calichut auß eben der Urſache thate/ maſſen dieſer nicht
ehe bey ſeiner Gemahlin ſchlieff/ es haͤtte dann der fuͤrnehmſte
Prieſter ihre Jungferſchafft zuvor credentzet/ wie dann dieſer
Gebrauch noch heutiges Tages vielen Nationen gemein/ folg-
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Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690, S. 141. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690/153>, abgerufen am 23.11.2024.
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