Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690.

Bild:
<< vorherige Seite

Romans I. Buch.
tieffen Morast verfiel/ darauß er sich zwar letztlich mit
grosser Mühe wieder loß machte/ aber das Pferd hat-
te sich dergestalt verarbeitet/ daß es der Ruhe höch-
stens benöthiget/ und also Klingenfeld absteigen
muste/ um seinem Träger die Ruhe/ und etwas
Wäyde/ zu gönnen. Er behielte den Zügel stäts in
seiner Hand/ und sahe mit Freuden/ wie begierig das
ermattete Thier bey hellem Mond-Schein in dem
fetten Graß wäydete; Endlich legete sich das matte
Thier nieder/ und genosse der Ruhe/ um seine ermü-
dete Glieder wieder ein wenig zu erquicken. Klingen-
feld sasse neben demselben/ und bewachete es/ wie sei-
nen Aug-Apffel/ allermassen kein Schlaff mehr in
seinen Augen Platz finden kunte. Als endlich die
liebliche Morgen-Röthe anbrach/ stund das Roß
von sich selber auf/ und gab seinem neuen Herrn
Gelegenheit/ sich wieder in den Sattel einzuschwin-
gen. Nachdem er etwa eine halbe Stunde fortgerit-
ten/ kam er auß dem Wald auf ein ebenes Feld/ allwo
er einen Mann erblickete/ der zur Seiten her zu
ihm kam/ und ihm einen freundlichen Morgen wün-
schete. Klingenfeld danckete ihm gar freundlich/ und
warte seiner ein/ so bald aber Jener nahe gnug kom-
men/ griff er dem Pferd in den Zügel/ und bemühete
sich/ unsern Wandersmann auß dem Sattel zu werf-
fen; dieser aber zuckete seinen Degen/ und gab ihm ei-
nen solchen Streich über die Hand/ daß er den Zügel
muste fahren lassen/ und damahl erkannte Klingen-
feld allererst/ mit wem er es zu thun hatte/ nemlich
mit dem/ der ihm vorige Nacht das Pferd zugeführet
hatte. Weil nun dieser ein grosses Geschrey anfieng/
und der andere besorgete/ es möchte Jemand darzu
kommen/ daß er Ungelegenheit darvon hätte/ zuckete
er den Hut Spottweise vor Jenem/ und sprach:

Mein
A 2

Romans I. Buch.
tieffen Moraſt verfiel/ darauß er ſich zwar letztlich mit
groſſer Muͤhe wieder loß machte/ aber das Pferd hat-
te ſich dergeſtalt verarbeitet/ daß es der Ruhe hoͤch-
ſtens benoͤthiget/ und alſo Klingenfeld abſteigen
muſte/ um ſeinem Traͤger die Ruhe/ und etwas
Waͤyde/ zu goͤnnen. Er behielte den Zuͤgel ſtaͤts in
ſeiner Hand/ und ſahe mit Freuden/ wie begierig das
ermattete Thier bey hellem Mond-Schein in dem
fetten Graß waͤydete; Endlich legete ſich das matte
Thier nieder/ und genoſſe der Ruhe/ um ſeine ermuͤ-
dete Glieder wieder ein wenig zu erquicken. Klingen-
feld ſaſſe neben demſelben/ und bewachete es/ wie ſei-
nen Aug-Apffel/ allermaſſen kein Schlaff mehr in
ſeinen Augen Platz finden kunte. Als endlich die
liebliche Morgen-Roͤthe anbrach/ ſtund das Roß
von ſich ſelber auf/ und gab ſeinem neuen Herꝛn
Gelegenheit/ ſich wieder in den Sattel einzuſchwin-
gen. Nachdem er etwa eine halbe Stunde fortgerit-
ten/ kam er auß dem Wald auf ein ebenes Feld/ allwo
er einen Mann erblickete/ der zur Seiten her zu
ihm kam/ und ihm einen freundlichen Morgen wuͤn-
ſchete. Klingenfeld danckete ihm gar freundlich/ und
warte ſeiner ein/ ſo bald aber Jener nahe gnug kom-
men/ griff er dem Pferd in den Zuͤgel/ und bemuͤhete
ſich/ unſern Wandersmann auß dem Sattel zu werf-
fen; dieſer aber zuckete ſeinen Degen/ und gab ihm ei-
nen ſolchen Streich uͤber die Hand/ daß er den Zuͤgel
muſte fahren laſſen/ und damahl erkannte Klingen-
feld allererſt/ mit wem er es zu thun hatte/ nemlich
mit dem/ der ihm vorige Nacht das Pferd zugefuͤhret
hatte. Weil nun dieſer ein groſſes Geſchrey anfieng/
und der andere beſorgete/ es moͤchte Jemand darzu
kommen/ daß er Ungelegenheit darvon haͤtte/ zuckete
er den Hut Spottweiſe vor Jenem/ und ſprach:

Mein
A 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0013" n="3"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Romans <hi rendition="#aq">I.</hi> Buch.</hi></fw><lb/>
tieffen Mora&#x017F;t verfiel/ darauß er &#x017F;ich zwar letztlich mit<lb/>
gro&#x017F;&#x017F;er Mu&#x0364;he wieder loß machte/ aber das Pferd hat-<lb/>
te &#x017F;ich derge&#x017F;talt verarbeitet/ daß es der Ruhe ho&#x0364;ch-<lb/>
&#x017F;tens beno&#x0364;thiget/ und al&#x017F;o Klingenfeld ab&#x017F;teigen<lb/>
mu&#x017F;te/ um &#x017F;einem Tra&#x0364;ger die Ruhe/ und etwas<lb/>
Wa&#x0364;yde/ zu go&#x0364;nnen. Er behielte den Zu&#x0364;gel &#x017F;ta&#x0364;ts in<lb/>
&#x017F;einer Hand/ und &#x017F;ahe mit Freuden/ wie begierig das<lb/>
ermattete Thier bey hellem Mond-Schein in dem<lb/>
fetten Graß wa&#x0364;ydete; Endlich legete &#x017F;ich das matte<lb/>
Thier nieder/ und geno&#x017F;&#x017F;e der Ruhe/ um &#x017F;eine ermu&#x0364;-<lb/>
dete Glieder wieder ein wenig zu erquicken. Klingen-<lb/>
feld &#x017F;a&#x017F;&#x017F;e neben dem&#x017F;elben/ und bewachete es/ wie &#x017F;ei-<lb/>
nen Aug-Apffel/ allerma&#x017F;&#x017F;en kein Schlaff mehr in<lb/>
&#x017F;einen Augen Platz finden kunte. Als endlich die<lb/>
liebliche Morgen-Ro&#x0364;the anbrach/ &#x017F;tund das Roß<lb/>
von &#x017F;ich &#x017F;elber auf/ und gab &#x017F;einem neuen Her&#xA75B;n<lb/>
Gelegenheit/ &#x017F;ich wieder in den Sattel einzu&#x017F;chwin-<lb/>
gen. Nachdem er etwa eine halbe Stunde fortgerit-<lb/>
ten/ kam er auß dem Wald auf ein ebenes Feld/ allwo<lb/>
er einen Mann erblickete/ der zur Seiten her zu<lb/>
ihm kam/ und ihm einen freundlichen Morgen wu&#x0364;n-<lb/>
&#x017F;chete. Klingenfeld danckete ihm gar freundlich/ und<lb/>
warte &#x017F;einer ein/ &#x017F;o bald aber Jener nahe gnug kom-<lb/>
men/ griff er dem Pferd in den Zu&#x0364;gel/ und bemu&#x0364;hete<lb/>
&#x017F;ich/ un&#x017F;ern Wandersmann auß dem Sattel zu werf-<lb/>
fen; die&#x017F;er aber zuckete &#x017F;einen Degen/ und gab ihm ei-<lb/>
nen &#x017F;olchen Streich u&#x0364;ber die Hand/ daß er den Zu&#x0364;gel<lb/>
mu&#x017F;te fahren la&#x017F;&#x017F;en/ und damahl erkannte Klingen-<lb/>
feld allerer&#x017F;t/ mit wem er es zu thun hatte/ nemlich<lb/>
mit dem/ der ihm vorige Nacht das Pferd zugefu&#x0364;hret<lb/>
hatte. Weil nun die&#x017F;er ein gro&#x017F;&#x017F;es Ge&#x017F;chrey anfieng/<lb/>
und der andere be&#x017F;orgete/ es mo&#x0364;chte Jemand darzu<lb/>
kommen/ daß er Ungelegenheit darvon ha&#x0364;tte/ zuckete<lb/>
er den Hut Spottwei&#x017F;e vor Jenem/ und &#x017F;prach:<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">A 2</fw><fw place="bottom" type="catch">Mein</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[3/0013] Romans I. Buch. tieffen Moraſt verfiel/ darauß er ſich zwar letztlich mit groſſer Muͤhe wieder loß machte/ aber das Pferd hat- te ſich dergeſtalt verarbeitet/ daß es der Ruhe hoͤch- ſtens benoͤthiget/ und alſo Klingenfeld abſteigen muſte/ um ſeinem Traͤger die Ruhe/ und etwas Waͤyde/ zu goͤnnen. Er behielte den Zuͤgel ſtaͤts in ſeiner Hand/ und ſahe mit Freuden/ wie begierig das ermattete Thier bey hellem Mond-Schein in dem fetten Graß waͤydete; Endlich legete ſich das matte Thier nieder/ und genoſſe der Ruhe/ um ſeine ermuͤ- dete Glieder wieder ein wenig zu erquicken. Klingen- feld ſaſſe neben demſelben/ und bewachete es/ wie ſei- nen Aug-Apffel/ allermaſſen kein Schlaff mehr in ſeinen Augen Platz finden kunte. Als endlich die liebliche Morgen-Roͤthe anbrach/ ſtund das Roß von ſich ſelber auf/ und gab ſeinem neuen Herꝛn Gelegenheit/ ſich wieder in den Sattel einzuſchwin- gen. Nachdem er etwa eine halbe Stunde fortgerit- ten/ kam er auß dem Wald auf ein ebenes Feld/ allwo er einen Mann erblickete/ der zur Seiten her zu ihm kam/ und ihm einen freundlichen Morgen wuͤn- ſchete. Klingenfeld danckete ihm gar freundlich/ und warte ſeiner ein/ ſo bald aber Jener nahe gnug kom- men/ griff er dem Pferd in den Zuͤgel/ und bemuͤhete ſich/ unſern Wandersmann auß dem Sattel zu werf- fen; dieſer aber zuckete ſeinen Degen/ und gab ihm ei- nen ſolchen Streich uͤber die Hand/ daß er den Zuͤgel muſte fahren laſſen/ und damahl erkannte Klingen- feld allererſt/ mit wem er es zu thun hatte/ nemlich mit dem/ der ihm vorige Nacht das Pferd zugefuͤhret hatte. Weil nun dieſer ein groſſes Geſchrey anfieng/ und der andere beſorgete/ es moͤchte Jemand darzu kommen/ daß er Ungelegenheit darvon haͤtte/ zuckete er den Hut Spottweiſe vor Jenem/ und ſprach: Mein A 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690/13
Zitationshilfe: Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690, S. 3. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690/13>, abgerufen am 24.11.2024.