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Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690.

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Romans II. Buch.
seiner grossen Kriegs-Rüstungen/ dem Selim Ursach zu geben/
daß er sich mit Persten vertrüge. Allermassen er selbst von freyen
Stücken dem Groß-Türcken dräuete/ wofern er mit dem Sophi
nicht tractiren und schliessen würde/ müste er ihm gleichfalls den
Krieg ankündigen.

Der Türck nahm solches auf/ für einen Winck/ daß er kom-
men/ und den Mittler bekriegen solte/ schloß gesch winde mit dem
Perser/ und marschirte auf Syrien an. Jndessen gehet der Sol-
dan
zu Feld/ mit einer ansehnlichen Macht von Sorianern/ Moh-
ren auß Cayr, und Arabern/ darunter 14000. Mamelucken wa-
ren/ lauter kühne Todes-Verächter/ und tapffere Helden/ so mehr
als einmahl gestanden/ wo es scharff zugehet; Auch fast eben so
viel gerüstete Reisige seines Volcks/ und leibeigener Leute/ die mit
Pferden und Gewehr aufs beste außgeputzet/ und nicht ohne
Lust der Zuschauenden vorüber zogen.

Mit diesem wolgeübten Heer däuchte sich der Soldan mäch-
tig gnug die gantze Welt herauß zu fordern/ und zu bezwingen.
Wovon das Erste auch wol ein jeder Unfürsichtiger und Ver-
messener/ das Letzte aber der allein kan/ welchem es GOtt und
das Glück zuerkennen. Selim lag mit allem seinem Krieges-
Volck in deß Soldans Gedancken und Hoffnung schon so gewiß
darnieder/ gleich wäre man allbereit von der Wahlstatt zuruck
gekehret/ zu welcher Einbildung ihn beydes die Menge und der
Muth seiner Völcker verleiteten/ dann sie waren alle freudig zu
fechten/ und deß Streits so begierig/ wie ein kühner Löw deß
Raubes; Da hingegen die Kundschaffter von Selims Volck
spargirten/ selbiges wäre halb verschmachtet/ müde und matt
von der langen Räyse/ und gar verdrießlichem Weg/ darzu übel
mundiret/ wodurch dem Egypter das Hertz noch höher wuchs/
indem er nicht betrachtete/ daß hungerige Tieger und Wölffe
offt am allergrimmigsten reissen und beissen.

Also ließ er es/ ohne weiters Rathschlagen/ darbey bewenden;
Jndessen aber allen seinen Kriegs-Räthen und Hauptleuten
ein groß-herrliches Mahl zurichten/ an einem Gebürge/ auf ei-
ner Wunder-schönen Auen/ bey welcher er mit dem Feinde zu
schlagen gesonnen war/ und nach gehaltenem Banquet allererst
das Bedencken deß Kriegs-Raths/ wie man die Schlacht an-
ordnen müste/ vernehmen wolte. Er ritte in Person hin und wie-
der/ und gab Ordre, wie sich das Kriegs-Volck längst dem Ufer
eines kleinen Wassers solte lagern.

Nachdem das Feld-Lager aufgeschlagen/ hat man über

30000.

Romans II. Buch.
ſeiner groſſen Kriegs-Ruͤſtungen/ dem Selim Urſach zu geben/
daß er ſich mit Perſten vertruͤge. Allermaſſen er ſelbſt von freyen
Stuͤcken dem Groß-Tuͤrcken draͤuete/ wofern er mit dem Sophi
nicht tractiren und ſchlieſſen wuͤrde/ muͤſte er ihm gleichfalls den
Krieg ankuͤndigen.

Der Tuͤrck nahm ſolches auf/ fuͤr einen Winck/ daß er kom-
men/ und den Mittler bekriegen ſolte/ ſchloß geſch winde mit dem
Perſer/ und marſchirte auf Syrien an. Jndeſſen gehet der Sol-
dan
zu Feld/ mit einer anſehnlichen Macht von Sorianern/ Moh-
ren auß Cayr, und Arabern/ darunter 14000. Mamelucken wa-
ren/ lauter kuͤhne Todes-Veraͤchter/ und tapffere Helden/ ſo mehr
als einmahl geſtanden/ wo es ſcharff zugehet; Auch faſt eben ſo
viel geruͤſtete Reiſige ſeines Volcks/ und leibeigener Leute/ die mit
Pferden und Gewehr aufs beſte außgeputzet/ und nicht ohne
Luſt der Zuſchauenden voruͤber zogen.

Mit dieſem wolgeuͤbten Heer daͤuchte ſich der Soldan maͤch-
tig gnug die gantze Welt herauß zu fordern/ und zu bezwingen.
Wovon das Erſte auch wol ein jeder Unfuͤrſichtiger und Ver-
meſſener/ das Letzte aber der allein kan/ welchem es GOtt und
das Gluͤck zuerkennen. Selim lag mit allem ſeinem Krieges-
Volck in deß Soldans Gedancken und Hoffnung ſchon ſo gewiß
darnieder/ gleich waͤre man allbereit von der Wahlſtatt zuruck
gekehret/ zu welcher Einbildung ihn beydes die Menge und der
Muth ſeiner Voͤlcker verleiteten/ dann ſie waren alle freudig zu
fechten/ und deß Streits ſo begierig/ wie ein kuͤhner Loͤw deß
Raubes; Da hingegen die Kundſchaffter von Selims Volck
ſpargirten/ ſelbiges waͤre halb verſchmachtet/ muͤde und matt
von der langen Raͤyſe/ und gar verdrießlichem Weg/ darzu uͤbel
mundiret/ wodurch dem Egypter das Hertz noch hoͤher wuchs/
indem er nicht betrachtete/ daß hungerige Tieger und Woͤlffe
offt am allergrimmigſten reiſſen und beiſſen.

Alſo ließ er es/ ohne weiters Rathſchlagen/ darbey bewenden;
Jndeſſen aber allen ſeinen Kriegs-Raͤthen und Hauptleuten
ein groß-herꝛliches Mahl zurichten/ an einem Gebuͤrge/ auf ei-
ner Wunder-ſchoͤnen Auen/ bey welcher er mit dem Feinde zu
ſchlagen geſonnen war/ und nach gehaltenem Banquet allererſt
das Bedencken deß Kriegs-Raths/ wie man die Schlacht an-
ordnen muͤſte/ vernehmen wolte. Er ritte in Perſon hin und wie-
der/ und gab Ordre, wie ſich das Kriegs-Volck laͤngſt dem Ufer
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30000.
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[1067/1093] Romans II. Buch. ſeiner groſſen Kriegs-Ruͤſtungen/ dem Selim Urſach zu geben/ daß er ſich mit Perſten vertruͤge. Allermaſſen er ſelbſt von freyen Stuͤcken dem Groß-Tuͤrcken draͤuete/ wofern er mit dem Sophi nicht tractiren und ſchlieſſen wuͤrde/ muͤſte er ihm gleichfalls den Krieg ankuͤndigen. Der Tuͤrck nahm ſolches auf/ fuͤr einen Winck/ daß er kom- men/ und den Mittler bekriegen ſolte/ ſchloß geſch winde mit dem Perſer/ und marſchirte auf Syrien an. Jndeſſen gehet der Sol- dan zu Feld/ mit einer anſehnlichen Macht von Sorianern/ Moh- ren auß Cayr, und Arabern/ darunter 14000. Mamelucken wa- ren/ lauter kuͤhne Todes-Veraͤchter/ und tapffere Helden/ ſo mehr als einmahl geſtanden/ wo es ſcharff zugehet; Auch faſt eben ſo viel geruͤſtete Reiſige ſeines Volcks/ und leibeigener Leute/ die mit Pferden und Gewehr aufs beſte außgeputzet/ und nicht ohne Luſt der Zuſchauenden voruͤber zogen. Mit dieſem wolgeuͤbten Heer daͤuchte ſich der Soldan maͤch- tig gnug die gantze Welt herauß zu fordern/ und zu bezwingen. Wovon das Erſte auch wol ein jeder Unfuͤrſichtiger und Ver- meſſener/ das Letzte aber der allein kan/ welchem es GOtt und das Gluͤck zuerkennen. Selim lag mit allem ſeinem Krieges- Volck in deß Soldans Gedancken und Hoffnung ſchon ſo gewiß darnieder/ gleich waͤre man allbereit von der Wahlſtatt zuruck gekehret/ zu welcher Einbildung ihn beydes die Menge und der Muth ſeiner Voͤlcker verleiteten/ dann ſie waren alle freudig zu fechten/ und deß Streits ſo begierig/ wie ein kuͤhner Loͤw deß Raubes; Da hingegen die Kundſchaffter von Selims Volck ſpargirten/ ſelbiges waͤre halb verſchmachtet/ muͤde und matt von der langen Raͤyſe/ und gar verdrießlichem Weg/ darzu uͤbel mundiret/ wodurch dem Egypter das Hertz noch hoͤher wuchs/ indem er nicht betrachtete/ daß hungerige Tieger und Woͤlffe offt am allergrimmigſten reiſſen und beiſſen. Alſo ließ er es/ ohne weiters Rathſchlagen/ darbey bewenden; Jndeſſen aber allen ſeinen Kriegs-Raͤthen und Hauptleuten ein groß-herꝛliches Mahl zurichten/ an einem Gebuͤrge/ auf ei- ner Wunder-ſchoͤnen Auen/ bey welcher er mit dem Feinde zu ſchlagen geſonnen war/ und nach gehaltenem Banquet allererſt das Bedencken deß Kriegs-Raths/ wie man die Schlacht an- ordnen muͤſte/ vernehmen wolte. Er ritte in Perſon hin und wie- der/ und gab Ordre, wie ſich das Kriegs-Volck laͤngſt dem Ufer eines kleinen Waſſers ſolte lagern. Nachdem das Feld-Lager aufgeſchlagen/ hat man uͤber 30000.

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Zitationshilfe: Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690, S. 1067. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690/1093>, abgerufen am 25.11.2024.