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Hanssen, Petrus: Achtzig erläuterte Grund-Fragen. Lübeck u. a., 1731.

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ten bestimmet und demselben in
der Schöpffung mittheilet?

Erläuterung.

Unter dem Wesen stellen wir uns dasjenige vor/
wodurch eine Sache das ist/ was sie ist/ und wel-
ches folglich sie von allen übrigen Dingen unter-
scheidet. Es kan also nicht gewählet noch ge-
macht werden: es gründet sich in dem Satz des
Widerspruchs/ daß eine Sache unmöglich zu-
gleich seyn und nicht seyn könne. Das Wesen
eines Dinges hat seine innerliche Bestimmung
und Nohtwendigkeit und ist ein so fern der Idee
nach/ die davon in dem göttlichen Verstande ist/
ewig. Dieses ist unter dem bekannte canone
metaphysico: essentiae rerum sunt aeternae
längst
gelehret worden. Die Eigenschafften der Dinge/
die Fähigkeiten/ die Kräffte und dergl. sind hierin
gegründet. Wer dieses leugnen wil/ muß sagen/
daß die Wesen der Dinge willkührlich und folg-
lich ein jegliches allerley seyn und allerley Eigen-
schafften annehmen könne und daraus müssen viele
ungereimte und gefährliche Lehren fliessen. Es
würde folgen/ daß Recht könte Unrecht/ Finster-
niß Licht und 3 mahl 3 fünf seyn/ wenn es GOtt
so gewollt. Herr Bayle hat viele Schwierig-
keiten gegen die Güte Gottes in Ansehung des
Bösen/ so in der Welt ist/ gemacht; die er nicht
würde gemacht haben/ wenn er erkannt/ daß
GOtt vermöge dieser Warheit/ die er doch sonst

hoch-


ten beſtimmet und demſelben in
der Schoͤpffung mittheilet?

Erlaͤuterung.

Unter dem Weſen ſtellen wir uns dasjenige vor/
wodurch eine Sache das iſt/ was ſie iſt/ und wel-
ches folglich ſie von allen uͤbrigen Dingen unter-
ſcheidet. Es kan alſo nicht gewaͤhlet noch ge-
macht werden: es gruͤndet ſich in dem Satz des
Widerſpruchs/ daß eine Sache unmoͤglich zu-
gleich ſeyn und nicht ſeyn koͤnne. Das Weſen
eines Dinges hat ſeine innerliche Beſtimmung
und Nohtwendigkeit und iſt ein ſo fern der Idee
nach/ die davon in dem goͤttlichen Verſtande iſt/
ewig. Dieſes iſt unter dem bekannte canone
metaphyſico: eſſentiæ rerum ſunt æternæ
laͤngſt
gelehret worden. Die Eigenſchafften der Dinge/
die Faͤhigkeiten/ die Kraͤffte und dergl. ſind hierin
gegruͤndet. Wer dieſes leugnen wil/ muß ſagen/
daß die Weſen der Dinge willkuͤhrlich und folg-
lich ein jegliches allerley ſeyn und allerley Eigen-
ſchafften annehmen koͤnne und daraus muͤſſen viele
ungereimte und gefaͤhrliche Lehren flieſſen. Es
wuͤrde folgen/ daß Recht koͤnte Unrecht/ Finſter-
niß Licht und 3 mahl 3 fuͤnf ſeyn/ wenn es GOtt
ſo gewollt. Herr Bayle hat viele Schwierig-
keiten gegen die Guͤte Gottes in Anſehung des
Boͤſen/ ſo in der Welt iſt/ gemacht; die er nicht
wuͤrde gemacht haben/ wenn er erkannt/ daß
GOtt vermoͤge dieſer Warheit/ die er doch ſonſt

hoch-
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[14/0066] ten beſtimmet und demſelben in der Schoͤpffung mittheilet? Erlaͤuterung. Unter dem Weſen ſtellen wir uns dasjenige vor/ wodurch eine Sache das iſt/ was ſie iſt/ und wel- ches folglich ſie von allen uͤbrigen Dingen unter- ſcheidet. Es kan alſo nicht gewaͤhlet noch ge- macht werden: es gruͤndet ſich in dem Satz des Widerſpruchs/ daß eine Sache unmoͤglich zu- gleich ſeyn und nicht ſeyn koͤnne. Das Weſen eines Dinges hat ſeine innerliche Beſtimmung und Nohtwendigkeit und iſt ein ſo fern der Idee nach/ die davon in dem goͤttlichen Verſtande iſt/ ewig. Dieſes iſt unter dem bekannte canone metaphyſico: eſſentiæ rerum ſunt æternæ laͤngſt gelehret worden. Die Eigenſchafften der Dinge/ die Faͤhigkeiten/ die Kraͤffte und dergl. ſind hierin gegruͤndet. Wer dieſes leugnen wil/ muß ſagen/ daß die Weſen der Dinge willkuͤhrlich und folg- lich ein jegliches allerley ſeyn und allerley Eigen- ſchafften annehmen koͤnne und daraus muͤſſen viele ungereimte und gefaͤhrliche Lehren flieſſen. Es wuͤrde folgen/ daß Recht koͤnte Unrecht/ Finſter- niß Licht und 3 mahl 3 fuͤnf ſeyn/ wenn es GOtt ſo gewollt. Herr Bayle hat viele Schwierig- keiten gegen die Guͤte Gottes in Anſehung des Boͤſen/ ſo in der Welt iſt/ gemacht; die er nicht wuͤrde gemacht haben/ wenn er erkannt/ daß GOtt vermoͤge dieſer Warheit/ die er doch ſonſt hoch-

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Zitationshilfe: Hanssen, Petrus: Achtzig erläuterte Grund-Fragen. Lübeck u. a., 1731, S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hanssen_grundfragen_1731/66>, abgerufen am 25.11.2024.