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Hanssen, Petrus: Achtzig erläuterte Grund-Fragen. Lübeck u. a., 1731.

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Vorrede.
lassen. Das Vermögen, die Widersprecher
zu straffen, gehöretzu denen Eigenschaften eines
rechtschaffenen Bischofs. Tit. I. 9. So hat auch
derjenige, welcher Lehren prediget, die durch
ein öffentliches Ansehen in der Kirchen ange-
nommen, wo nicht mehr, doch eben so viel
Recht, dieselbe zu verthädigen, als ein anderer
hat, sie anzufeinden. Die Pflicht, so man
der Warheit für sich schuldig, erheischet die-
ses: und das Amt verdoppelt diese Verbind-
lichkeit. So kan ich auch nicht absehen, war-
um öffentliche Lehrer schuldig seyn sollten, al-
lerley Schmähungen, ob wären sie falsche Leh-
rer und Sünden-Evangelisten, von unarti-
gen Leuten, die an ihrem Gehirn verwundet,
über sich ergehen zu lassen, wenn sie so lehren,
wie sie in ihrem Hertzen glauben: und so glau-
ben, wie sie aus dem geschriebenen Wort un-
terrichtet und nach demselben zu glauben ge-
zwungen werden. Jn Dingen, die das Er-
känntnüß angehen, steht es nicht in eigener
Wahl und Willkühr, eines jeden Meynung
beyzupflichten. Uberdem sieht die Einfalt
dem Lästerer tief ins Maul: wenn der eine
lästert und beschuldiget, und der andere
schweigt, so glaubt der dritte, daß es mit der
Beschuldigung seine Richtigkeit habe. Auch

die-
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Vorrede.
laſſen. Das Vermoͤgen, die Widerſprecher
zu ſtraffen, gehoͤretzu denen Eigenſchaften eines
rechtſchaffenen Biſchofs. Tit. I. 9. So hat auch
derjenige, welcher Lehren prediget, die durch
ein oͤffentliches Anſehen in der Kirchen ange-
nommen, wo nicht mehr, doch eben ſo viel
Recht, dieſelbe zu verthaͤdigen, als ein anderer
hat, ſie anzufeinden. Die Pflicht, ſo man
der Warheit fuͤr ſich ſchuldig, erheiſchet die-
ſes: und das Amt verdoppelt dieſe Verbind-
lichkeit. So kan ich auch nicht abſehen, war-
um oͤffentliche Lehrer ſchuldig ſeyn ſollten, al-
lerley Schmaͤhungen, ob waͤren ſie falſche Leh-
rer und Suͤnden-Evangeliſten, von unarti-
gen Leuten, die an ihrem Gehirn verwundet,
uͤber ſich ergehen zu laſſen, wenn ſie ſo lehren,
wie ſie in ihrem Hertzen glauben: und ſo glau-
ben, wie ſie aus dem geſchriebenen Wort un-
terrichtet und nach demſelben zu glauben ge-
zwungen werden. Jn Dingen, die das Er-
kaͤnntnuͤß angehen, ſteht es nicht in eigener
Wahl und Willkuͤhr, eines jeden Meynung
beyzupflichten. Uberdem ſieht die Einfalt
dem Laͤſterer tief ins Maul: wenn der eine
laͤſtert und beſchuldiget, und der andere
ſchweigt, ſo glaubt der dritte, daß es mit der
Beſchuldigung ſeine Richtigkeit habe. Auch

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[21/0033] Vorrede. laſſen. Das Vermoͤgen, die Widerſprecher zu ſtraffen, gehoͤretzu denen Eigenſchaften eines rechtſchaffenen Biſchofs. Tit. I. 9. So hat auch derjenige, welcher Lehren prediget, die durch ein oͤffentliches Anſehen in der Kirchen ange- nommen, wo nicht mehr, doch eben ſo viel Recht, dieſelbe zu verthaͤdigen, als ein anderer hat, ſie anzufeinden. Die Pflicht, ſo man der Warheit fuͤr ſich ſchuldig, erheiſchet die- ſes: und das Amt verdoppelt dieſe Verbind- lichkeit. So kan ich auch nicht abſehen, war- um oͤffentliche Lehrer ſchuldig ſeyn ſollten, al- lerley Schmaͤhungen, ob waͤren ſie falſche Leh- rer und Suͤnden-Evangeliſten, von unarti- gen Leuten, die an ihrem Gehirn verwundet, uͤber ſich ergehen zu laſſen, wenn ſie ſo lehren, wie ſie in ihrem Hertzen glauben: und ſo glau- ben, wie ſie aus dem geſchriebenen Wort un- terrichtet und nach demſelben zu glauben ge- zwungen werden. Jn Dingen, die das Er- kaͤnntnuͤß angehen, ſteht es nicht in eigener Wahl und Willkuͤhr, eines jeden Meynung beyzupflichten. Uberdem ſieht die Einfalt dem Laͤſterer tief ins Maul: wenn der eine laͤſtert und beſchuldiget, und der andere ſchweigt, ſo glaubt der dritte, daß es mit der Beſchuldigung ſeine Richtigkeit habe. Auch die- b 3

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Zitationshilfe: Hanssen, Petrus: Achtzig erläuterte Grund-Fragen. Lübeck u. a., 1731, S. 21. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hanssen_grundfragen_1731/33>, abgerufen am 28.03.2024.