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Hanssen, Petrus: Achtzig erläuterte Grund-Fragen. Lübeck u. a., 1731.

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und was dergleichen generalia mehr sind/ wird
man weder für sich eine Einsicht in den tieffen
Grund von dem Gebote der Liebe erlangen/
noch auch mercken können/ daß der/ welcher sie mit
theilet/ solche müsse gehabt haben. J. C. Dippel
hat überall keinen Begriff von der Natur des
moralischen Guten und denen Merckmahlen/ wor-
nach man selbiges beurtheilen muß. Der Di-
scurs
von einer absurden Strenge des göttl. Ge-
setzes gibt solches deutlich zu erkennen. Dem. Evang.
p. 344. sq.
Das andere anlangend/ ob vielleicht
die Gründe/ so uns zur Gottseligkeit treiben sollen/
durch die Lehre von der Rechtfertigung geschwä-
chet werden/ so scheint J. C. Dippel hierauf fürnem-
lich sein Augenmerck zu richten. Nach seiner Mey-
nung soll sich die lasterhaffte Welt hinter diesel-
be verstecken und solche zum Deckel der Boßheit
machen. Jn wie weit diese Beschuldigung gegrün-
det/ solches wird sich aus nachfolgenden beurthei-
len lassen. Aller Wehrt der Bewegungs-Gründe/
die unsern sinn zur Gottseligkeit neigen/ bestehet dar-
in/ daß sie vermögend/ ein Gefühl der Verbind-
lichkeit/ GOtt zu lieben/ in der Seelen zu erwecken.
(quaest. 63.) Die Liebe gegen GOtt wird durch Be-
griffe von seinen Vollenkommenheiten/ in sofern
solche einen Einfluß in unsere Seligkeit haben in
uns gezeuget. (quaest. 60.) Jn der Erlösung aber/
welche durch das Mitler-Amt seines Sohnes ge-
schehen/ hat er diese Vollenkommenheiten/ inson-
dern aber die Liebe herrlich kund gemacht (Erläut.
quaest. 62.) conf. Rom. V. 8. Eph. V. 2. 1 Joh.

IV.
L



und was dergleichen generalia mehr ſind/ wird
man weder fuͤr ſich eine Einſicht in den tieffen
Grund von dem Gebote der Liebe erlangen/
noch auch mercken koͤnnen/ daß der/ welcher ſie mit
theilet/ ſolche muͤſſe gehabt haben. J. C. Dippel
hat uͤberall keinen Begriff von der Natur des
moraliſchen Guten und denen Merckmahlen/ wor-
nach man ſelbiges beurtheilen muß. Der Di-
ſcurs
von einer abſurden Strenge des goͤttl. Ge-
ſetzes gibt ſolches deutlich zu erkennen. Dem. Evang.
p. 344. ſq.
Das andere anlangend/ ob vielleicht
die Gruͤnde/ ſo uns zur Gottſeligkeit treiben ſollen/
durch die Lehre von der Rechtfertigung geſchwaͤ-
chet werden/ ſo ſcheint J. C. Dippel hierauf fuͤrnem-
lich ſein Augenmerck zu richten. Nach ſeiner Mey-
nung ſoll ſich die laſterhaffte Welt hinter dieſel-
be verſtecken und ſolche zum Deckel der Boßheit
machen. Jn wie weit dieſe Beſchuldigung gegruͤn-
det/ ſolches wird ſich aus nachfolgenden beurthei-
len laſſen. Aller Wehrt der Bewegungs-Gruͤnde/
die unſern ſinn zur Gottſeligkeit neigen/ beſtehet dar-
in/ daß ſie vermoͤgend/ ein Gefuͤhl der Verbind-
lichkeit/ GOtt zu lieben/ in der Seelen zu erwecken.
(quæſt. 63.) Die Liebe gegen GOtt wird durch Be-
griffe von ſeinen Vollenkommenheiten/ in ſofern
ſolche einen Einfluß in unſere Seligkeit haben in
uns gezeuget. (quæſt. 60.) Jn der Erloͤſung aber/
welche durch das Mitler-Amt ſeines Sohnes ge-
ſchehen/ hat er dieſe Vollenkommenheiten/ inſon-
dern aber die Liebe herrlich kund gemacht (Erlaͤut.
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IV.
L
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[161/0213] und was dergleichen generalia mehr ſind/ wird man weder fuͤr ſich eine Einſicht in den tieffen Grund von dem Gebote der Liebe erlangen/ noch auch mercken koͤnnen/ daß der/ welcher ſie mit theilet/ ſolche muͤſſe gehabt haben. J. C. Dippel hat uͤberall keinen Begriff von der Natur des moraliſchen Guten und denen Merckmahlen/ wor- nach man ſelbiges beurtheilen muß. Der Di- ſcurs von einer abſurden Strenge des goͤttl. Ge- ſetzes gibt ſolches deutlich zu erkennen. Dem. Evang. p. 344. ſq. Das andere anlangend/ ob vielleicht die Gruͤnde/ ſo uns zur Gottſeligkeit treiben ſollen/ durch die Lehre von der Rechtfertigung geſchwaͤ- chet werden/ ſo ſcheint J. C. Dippel hierauf fuͤrnem- lich ſein Augenmerck zu richten. Nach ſeiner Mey- nung ſoll ſich die laſterhaffte Welt hinter dieſel- be verſtecken und ſolche zum Deckel der Boßheit machen. Jn wie weit dieſe Beſchuldigung gegruͤn- det/ ſolches wird ſich aus nachfolgenden beurthei- len laſſen. Aller Wehrt der Bewegungs-Gruͤnde/ die unſern ſinn zur Gottſeligkeit neigen/ beſtehet dar- in/ daß ſie vermoͤgend/ ein Gefuͤhl der Verbind- lichkeit/ GOtt zu lieben/ in der Seelen zu erwecken. (quæſt. 63.) Die Liebe gegen GOtt wird durch Be- griffe von ſeinen Vollenkommenheiten/ in ſofern ſolche einen Einfluß in unſere Seligkeit haben in uns gezeuget. (quæſt. 60.) Jn der Erloͤſung aber/ welche durch das Mitler-Amt ſeines Sohnes ge- ſchehen/ hat er dieſe Vollenkommenheiten/ inſon- dern aber die Liebe herrlich kund gemacht (Erlaͤut. quæſt. 62.) conf. Rom. V. 8. Eph. V. 2. 1 Joh. IV. L

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Zitationshilfe: Hanssen, Petrus: Achtzig erläuterte Grund-Fragen. Lübeck u. a., 1731, S. 161. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hanssen_grundfragen_1731/213>, abgerufen am 07.05.2024.