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Hampe, Karl: Deutsche Kaisergeschichte in der Zeit der Salier und Staufer. Leipzig, 1909.

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I. Die Zeit der Salier.
Mathilde, die Tochter König Heinrichs I. von England, in der
Peterskirche mit dem kaiserlichen Diadem schmücken (1117).

Nach dem Tode Paschalis' II. (1118) verschärften sich trotz
der maßvollen Gesinnung des zum Nachfolger erwählten Gelasius II.
(1118-19) die Gegensätze noch mehr. Denn der Kaiser erhob
jetzt nach erneuter Ablehnung seiner Forderungen den portugisi-
schen Erzbischof Burdinus von Braga zum Gegenpapst, -- ein aus-
sichtsloser Versuch zur Wiederbelebung des allgemein verhaßten
Schismas, der denn auch schon nach drei Jahren mit der Ge-
fangennahme des Burdinus scheiterte. Und auf der anderen
Seite war Gelasius, der sich bald aus dem Streit der römischen
Adelsfaktionen heraus nach Südfrankreich, dem Hauptlager der
Gregorianer, rettete, durch keinen Eid mehr wie sein Vorgänger
gehemmt, in aller Form den Bann über den Kaiser auszusprechen.
Ohne daß sich ein Ende absehen ließ, setzte sich diesseits
und jenseits der Alpen trotz wachsender Kampfesmüdigkeit der
Streit fort.

Als dann nach Gelasius' frühem Tode der extreme Südfranzose
Erzbischof Guido von Vienne als Kalixt II. zum Papst erwählt
wurde, schien eine Versöhnung noch mehr in die Ferne gerückt.
Aber dem hohen burgundischen Adel entsprossen, verwandt mit
Saliern und Capetingern, weit entfernt von der mönchischen Enge
seiner Vorgänger, vielmehr von staatsmännischem Geiste erfüllt,
schätzte Kalixt das Friedensbedürfnis der durch den langen Kampf
zerrütteten Kirche sehr hoch ein und begann ernstlich nach einem
mit den kanonischen Forderungen verträglichen Ausgleich zu streben.
Der Kaiser aber, der aufs neue mit den deutschen Fürsten Fühlung
gewonnen hatte, trug deren Friedenswünschen gern Rechnung, wenn
nur die Reichsehre gewahrt blieb. Und der Weg, auf dem dies
ehrliche Streben von beiden Seiten sich begegnen konnte, war nun
schon seit einer Reihe von Jahren durch Publizisten beider Parteien
klar vorgezeichnet. Italienische Schriftsteller und noch mehr viel-
leicht Franzosen mit ihrer Gabe logischer Präzision, wie etwa Ivo
von Chartres, hatten durch ihre Denkarbeit das Problem begrifflich
geklärt, die geistliche und weltliche Seite der Investitur, Übertragung
des kirchlichen Amtes und Belehnung mit den Regalien scharf von-
einander geschieden und eine deutlichere äußerliche Sonderung an-
gebahnt, indem Ring und Stab für die kirchliche Einweisung vor-
behalten, für die weltliche Investitur aber das Symbol des Szepters
vorgeschlagen wurde. Heinrich selbst hatte schon früh (1109) in
seinen Verhandlungen mit der Kurie derartige Gedankengänge auf-
genommen, und auch der Lösungsversuch von 1111 hatte zu
weiteren Erörterungen in gleicher Richtung angeregt. Jetzt traten

I. Die Zeit der Salier.
Mathilde, die Tochter König Heinrichs I. von England, in der
Peterskirche mit dem kaiserlichen Diadem schmücken (1117).

Nach dem Tode Paschalis' II. (1118) verschärften sich trotz
der maßvollen Gesinnung des zum Nachfolger erwählten Gelasius II.
(1118‒19) die Gegensätze noch mehr. Denn der Kaiser erhob
jetzt nach erneuter Ablehnung seiner Forderungen den portugisi-
schen Erzbischof Burdinus von Braga zum Gegenpapst, — ein aus-
sichtsloser Versuch zur Wiederbelebung des allgemein verhaßten
Schismas, der denn auch schon nach drei Jahren mit der Ge-
fangennahme des Burdinus scheiterte. Und auf der anderen
Seite war Gelasius, der sich bald aus dem Streit der römischen
Adelsfaktionen heraus nach Südfrankreich, dem Hauptlager der
Gregorianer, rettete, durch keinen Eid mehr wie sein Vorgänger
gehemmt, in aller Form den Bann über den Kaiser auszusprechen.
Ohne daß sich ein Ende absehen ließ, setzte sich diesseits
und jenseits der Alpen trotz wachsender Kampfesmüdigkeit der
Streit fort.

Als dann nach Gelasius' frühem Tode der extreme Südfranzose
Erzbischof Guido von Vienne als Kalixt II. zum Papst erwählt
wurde, schien eine Versöhnung noch mehr in die Ferne gerückt.
Aber dem hohen burgundischen Adel entsprossen, verwandt mit
Saliern und Capetingern, weit entfernt von der mönchischen Enge
seiner Vorgänger, vielmehr von staatsmännischem Geiste erfüllt,
schätzte Kalixt das Friedensbedürfnis der durch den langen Kampf
zerrütteten Kirche sehr hoch ein und begann ernstlich nach einem
mit den kanonischen Forderungen verträglichen Ausgleich zu streben.
Der Kaiser aber, der aufs neue mit den deutschen Fürsten Fühlung
gewonnen hatte, trug deren Friedenswünschen gern Rechnung, wenn
nur die Reichsehre gewahrt blieb. Und der Weg, auf dem dies
ehrliche Streben von beiden Seiten sich begegnen konnte, war nun
schon seit einer Reihe von Jahren durch Publizisten beider Parteien
klar vorgezeichnet. Italienische Schriftsteller und noch mehr viel-
leicht Franzosen mit ihrer Gabe logischer Präzision, wie etwa Ivo
von Chartres, hatten durch ihre Denkarbeit das Problem begrifflich
geklärt, die geistliche und weltliche Seite der Investitur, Übertragung
des kirchlichen Amtes und Belehnung mit den Regalien scharf von-
einander geschieden und eine deutlichere äußerliche Sonderung an-
gebahnt, indem Ring und Stab für die kirchliche Einweisung vor-
behalten, für die weltliche Investitur aber das Symbol des Szepters
vorgeschlagen wurde. Heinrich selbst hatte schon früh (1109) in
seinen Verhandlungen mit der Kurie derartige Gedankengänge auf-
genommen, und auch der Lösungsversuch von 1111 hatte zu
weiteren Erörterungen in gleicher Richtung angeregt. Jetzt traten

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[78/0086] I. Die Zeit der Salier. Mathilde, die Tochter König Heinrichs I. von England, in der Peterskirche mit dem kaiserlichen Diadem schmücken (1117). Nach dem Tode Paschalis' II. (1118) verschärften sich trotz der maßvollen Gesinnung des zum Nachfolger erwählten Gelasius II. (1118‒19) die Gegensätze noch mehr. Denn der Kaiser erhob jetzt nach erneuter Ablehnung seiner Forderungen den portugisi- schen Erzbischof Burdinus von Braga zum Gegenpapst, — ein aus- sichtsloser Versuch zur Wiederbelebung des allgemein verhaßten Schismas, der denn auch schon nach drei Jahren mit der Ge- fangennahme des Burdinus scheiterte. Und auf der anderen Seite war Gelasius, der sich bald aus dem Streit der römischen Adelsfaktionen heraus nach Südfrankreich, dem Hauptlager der Gregorianer, rettete, durch keinen Eid mehr wie sein Vorgänger gehemmt, in aller Form den Bann über den Kaiser auszusprechen. Ohne daß sich ein Ende absehen ließ, setzte sich diesseits und jenseits der Alpen trotz wachsender Kampfesmüdigkeit der Streit fort. Als dann nach Gelasius' frühem Tode der extreme Südfranzose Erzbischof Guido von Vienne als Kalixt II. zum Papst erwählt wurde, schien eine Versöhnung noch mehr in die Ferne gerückt. Aber dem hohen burgundischen Adel entsprossen, verwandt mit Saliern und Capetingern, weit entfernt von der mönchischen Enge seiner Vorgänger, vielmehr von staatsmännischem Geiste erfüllt, schätzte Kalixt das Friedensbedürfnis der durch den langen Kampf zerrütteten Kirche sehr hoch ein und begann ernstlich nach einem mit den kanonischen Forderungen verträglichen Ausgleich zu streben. Der Kaiser aber, der aufs neue mit den deutschen Fürsten Fühlung gewonnen hatte, trug deren Friedenswünschen gern Rechnung, wenn nur die Reichsehre gewahrt blieb. Und der Weg, auf dem dies ehrliche Streben von beiden Seiten sich begegnen konnte, war nun schon seit einer Reihe von Jahren durch Publizisten beider Parteien klar vorgezeichnet. Italienische Schriftsteller und noch mehr viel- leicht Franzosen mit ihrer Gabe logischer Präzision, wie etwa Ivo von Chartres, hatten durch ihre Denkarbeit das Problem begrifflich geklärt, die geistliche und weltliche Seite der Investitur, Übertragung des kirchlichen Amtes und Belehnung mit den Regalien scharf von- einander geschieden und eine deutlichere äußerliche Sonderung an- gebahnt, indem Ring und Stab für die kirchliche Einweisung vor- behalten, für die weltliche Investitur aber das Symbol des Szepters vorgeschlagen wurde. Heinrich selbst hatte schon früh (1109) in seinen Verhandlungen mit der Kurie derartige Gedankengänge auf- genommen, und auch der Lösungsversuch von 1111 hatte zu weiteren Erörterungen in gleicher Richtung angeregt. Jetzt traten

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Zitationshilfe: Hampe, Karl: Deutsche Kaisergeschichte in der Zeit der Salier und Staufer. Leipzig, 1909, S. 78. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hampe_kaisergeschichte_1909/86>, abgerufen am 25.11.2024.