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Hampe, Karl: Deutsche Kaisergeschichte in der Zeit der Salier und Staufer. Leipzig, 1909.

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sachlichen und dynastischen Zwecke sogar durch seine Abdan-
kung zugunsten seines Sohnes Konrad zu erkaufen bereit war, und
im französischen Adel hatte sich ebendamals (Ende 1246) eine be-
drohliche, den Einfluß der kaiserlichen Manifeste verratende Be-
wegung gegen die gerichtlichen und steuerlichen Anmaßungen der
Kirche erhoben.

Schon war der Kaiser mit seinen Truppen im Begriff, von
Turin aus die Alpen zu übersteigen, als der Abfall des wichtigen
Parma den Papst aus seiner Beklemmung befreite; durch einen
kühnen Handstreich geriet die von Friedrich in schädlichem Miß-
trauen ihrer Befestigungen beraubte Stadt in die Hände der päpst-
lichen Außenpartei (Juni 1247), die nun von ringsher ansehnliche
päpstlich-lombardische Truppenmassen heranzog und sich in Ver-
teidigungszustand setzte. Indem nun auch der Kaiser in Gemein-
schaft mit Enzio und Ezzelin bedeutende Heereskörper um die
Stadt legte, wurde die Belagerung gleichsam zu einer großen Kraft-
probe, auf deren Ausgang die Welt mit Spannung wartete. Nach
langen Monaten schien endlich die Aushungerung der Belagerten
in naher Aussicht zu stehen, als eine böse Nachlässigkeit auf Seiten
der Kaiserlichen die mühsamen Erfolge in furchtbare Niederlage
wandelte. Während einer kurzen Abwesenheit Friedrichs auf der
Jagd wurde die schlechtbewachte hölzerne Lagerstadt, der man in
voreiliger Vorwegnahme des Sieges den Namen Vittoria gegeben
hatte, von den ausbrechenden Feinden überrumpelt und verbrannt,
das Heer unter schweren Verlusten zersprengt, Thaddäus von
Suessa getötet, Krone und Reichssiegel erbeutet (Febr. 1248). Der
rückkehrende Kaiser entkam nur mit genauer Not nach Cremona,
um mit bewunderungswürdiger Schwungkraft schon nach drei Tagen
von da mit rasch gesammelten Truppen aufs neue vorzudringen.
Konnte aber auch die Einschließung in weiterem Umkreise fortge-
führt, und der wichtige Apenninübergang behauptet werden, so hatten
die Belagerten doch Luft und Kraft zu fernerer Behauptung ge-
wonnen, und das schlimmste waren die Fernwirkungen des mora-
lischen Eindrucks. Unmittelbar machten sie sich vor allem in der
Romagna geltend, die nach dem Abfall Ravennas (Mai 1248) so
gut wie ganz den Kaiserlichen verloren ging, während auch im
übrigen Mittelitalien die Schwierigkeit der Behauptung wuchs. Mittel-
bar waren sie wohl allenthalben in Europa zu spüren, und man
kann sagen, sie haben fortgedauert bis in unsere Tage! Denn bis
in die neuesten Darstellungen hinein1) behauptet sich unausrott-

1) So etwa in Davidsohns Gesch. v. Florenz II, 1, dem ich in den die
allgemeine Geschichte dieser Zeit betreffenden Abschnitten auch sonst mehrfach
nicht zuzustimmen vermag.

II. Die Zeit der Staufer.
sachlichen und dynastischen Zwecke sogar durch seine Abdan-
kung zugunsten seines Sohnes Konrad zu erkaufen bereit war, und
im französischen Adel hatte sich ebendamals (Ende 1246) eine be-
drohliche, den Einfluß der kaiserlichen Manifeste verratende Be-
wegung gegen die gerichtlichen und steuerlichen Anmaßungen der
Kirche erhoben.

Schon war der Kaiser mit seinen Truppen im Begriff, von
Turin aus die Alpen zu übersteigen, als der Abfall des wichtigen
Parma den Papst aus seiner Beklemmung befreite; durch einen
kühnen Handstreich geriet die von Friedrich in schädlichem Miß-
trauen ihrer Befestigungen beraubte Stadt in die Hände der päpst-
lichen Außenpartei (Juni 1247), die nun von ringsher ansehnliche
päpstlich-lombardische Truppenmassen heranzog und sich in Ver-
teidigungszustand setzte. Indem nun auch der Kaiser in Gemein-
schaft mit Enzio und Ezzelin bedeutende Heereskörper um die
Stadt legte, wurde die Belagerung gleichsam zu einer großen Kraft-
probe, auf deren Ausgang die Welt mit Spannung wartete. Nach
langen Monaten schien endlich die Aushungerung der Belagerten
in naher Aussicht zu stehen, als eine böse Nachlässigkeit auf Seiten
der Kaiserlichen die mühsamen Erfolge in furchtbare Niederlage
wandelte. Während einer kurzen Abwesenheit Friedrichs auf der
Jagd wurde die schlechtbewachte hölzerne Lagerstadt, der man in
voreiliger Vorwegnahme des Sieges den Namen Vittoria gegeben
hatte, von den ausbrechenden Feinden überrumpelt und verbrannt,
das Heer unter schweren Verlusten zersprengt, Thaddäus von
Suessa getötet, Krone und Reichssiegel erbeutet (Febr. 1248). Der
rückkehrende Kaiser entkam nur mit genauer Not nach Cremona,
um mit bewunderungswürdiger Schwungkraft schon nach drei Tagen
von da mit rasch gesammelten Truppen aufs neue vorzudringen.
Konnte aber auch die Einschließung in weiterem Umkreise fortge-
führt, und der wichtige Apenninübergang behauptet werden, so hatten
die Belagerten doch Luft und Kraft zu fernerer Behauptung ge-
wonnen, und das schlimmste waren die Fernwirkungen des mora-
lischen Eindrucks. Unmittelbar machten sie sich vor allem in der
Romagna geltend, die nach dem Abfall Ravennas (Mai 1248) so
gut wie ganz den Kaiserlichen verloren ging, während auch im
übrigen Mittelitalien die Schwierigkeit der Behauptung wuchs. Mittel-
bar waren sie wohl allenthalben in Europa zu spüren, und man
kann sagen, sie haben fortgedauert bis in unsere Tage! Denn bis
in die neuesten Darstellungen hinein1) behauptet sich unausrott-

1) So etwa in Davidsohns Gesch. v. Florenz II, 1, dem ich in den die
allgemeine Geschichte dieser Zeit betreffenden Abschnitten auch sonst mehrfach
nicht zuzustimmen vermag.
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[252/0260] II. Die Zeit der Staufer. sachlichen und dynastischen Zwecke sogar durch seine Abdan- kung zugunsten seines Sohnes Konrad zu erkaufen bereit war, und im französischen Adel hatte sich ebendamals (Ende 1246) eine be- drohliche, den Einfluß der kaiserlichen Manifeste verratende Be- wegung gegen die gerichtlichen und steuerlichen Anmaßungen der Kirche erhoben. Schon war der Kaiser mit seinen Truppen im Begriff, von Turin aus die Alpen zu übersteigen, als der Abfall des wichtigen Parma den Papst aus seiner Beklemmung befreite; durch einen kühnen Handstreich geriet die von Friedrich in schädlichem Miß- trauen ihrer Befestigungen beraubte Stadt in die Hände der päpst- lichen Außenpartei (Juni 1247), die nun von ringsher ansehnliche päpstlich-lombardische Truppenmassen heranzog und sich in Ver- teidigungszustand setzte. Indem nun auch der Kaiser in Gemein- schaft mit Enzio und Ezzelin bedeutende Heereskörper um die Stadt legte, wurde die Belagerung gleichsam zu einer großen Kraft- probe, auf deren Ausgang die Welt mit Spannung wartete. Nach langen Monaten schien endlich die Aushungerung der Belagerten in naher Aussicht zu stehen, als eine böse Nachlässigkeit auf Seiten der Kaiserlichen die mühsamen Erfolge in furchtbare Niederlage wandelte. Während einer kurzen Abwesenheit Friedrichs auf der Jagd wurde die schlechtbewachte hölzerne Lagerstadt, der man in voreiliger Vorwegnahme des Sieges den Namen Vittoria gegeben hatte, von den ausbrechenden Feinden überrumpelt und verbrannt, das Heer unter schweren Verlusten zersprengt, Thaddäus von Suessa getötet, Krone und Reichssiegel erbeutet (Febr. 1248). Der rückkehrende Kaiser entkam nur mit genauer Not nach Cremona, um mit bewunderungswürdiger Schwungkraft schon nach drei Tagen von da mit rasch gesammelten Truppen aufs neue vorzudringen. Konnte aber auch die Einschließung in weiterem Umkreise fortge- führt, und der wichtige Apenninübergang behauptet werden, so hatten die Belagerten doch Luft und Kraft zu fernerer Behauptung ge- wonnen, und das schlimmste waren die Fernwirkungen des mora- lischen Eindrucks. Unmittelbar machten sie sich vor allem in der Romagna geltend, die nach dem Abfall Ravennas (Mai 1248) so gut wie ganz den Kaiserlichen verloren ging, während auch im übrigen Mittelitalien die Schwierigkeit der Behauptung wuchs. Mittel- bar waren sie wohl allenthalben in Europa zu spüren, und man kann sagen, sie haben fortgedauert bis in unsere Tage! Denn bis in die neuesten Darstellungen hinein 1) behauptet sich unausrott- 1) So etwa in Davidsohns Gesch. v. Florenz II, 1, dem ich in den die allgemeine Geschichte dieser Zeit betreffenden Abschnitten auch sonst mehrfach nicht zuzustimmen vermag.

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Zitationshilfe: Hampe, Karl: Deutsche Kaisergeschichte in der Zeit der Salier und Staufer. Leipzig, 1909, S. 252. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hampe_kaisergeschichte_1909/260>, abgerufen am 25.11.2024.