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Hampe, Karl: Deutsche Kaisergeschichte in der Zeit der Salier und Staufer. Leipzig, 1909.

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II. Die Zeit der Staufer.
die weltlichen Reichsfürsten und sogar noch einige Bischöfe treu zu
den Staufern, als die päpstliche Sache durch den plötzlichen Tod
des Gegenkönigs (Febr. 1247) einen empfindlichen Schlag erlitt. Denn
damit traten nicht nur die thüringischen Lande in die staufische
Einflußsphäre1), sondern es hielt schwer genug, einen neuen päpst-
lichen Thronkandidaten zu finden. Graf Wilhelm von Holland2),
der sich endlich dazu bereit erklärte und ähnlich wie der Land-
graf auf Geheiß des Papstes fast ausschließlich von den geistlichen
Fürsten des Rheinlandes gewählt ward (Okt. 1247), ein ritterlicher
und mutvoller junger Herr, aber nicht einmal Reichsfürst, ent-
täuschte die Hoffnungen der Kurie und vermochte seinen Geltungs-
bereich nur wenig über die niederrheinischen Gebiete auszudehnen.

Diese beiden schwächlichen Gegenkönige reichten in der Tat
nicht einmal an die Schulterhöhe eines geistlichen Fürsten wie des
Erzbischofs Siegfried III. von Mainz heran, auf dessen bekanntem
Grabmal sie in zwergenhafter Erscheinung dargestellt sind, wie sie
aus seiner Hand die Krone empfangen. Und eben deshalb gelang
es der Kurie trotz der verzweifeltsten Anstrengungen schließlich
doch nicht, solange Friedrich II. lebte, die staufische Herrschaft
diesseits der Alpen zu stürzen. Die Vorgänge in Deutschland be-
hielten nur sekundäre Bedeutung neben dem gewaltigen Ringen auf
dem italienischen Kriegsschauplatze, wo schon allein die Persön-
lichkeit des Kaisers die Aufmerksamkeit Europas bannte.

Hier ward nun alles noch wilder und grandioser! Was Wun-
der, wenn der zum Teil mit teuflischen Mitteln geführte Vernich-
tungsangriff auf der andern Seite maßlose Leidenschaften entflammte,
und in dem fieberhaften Drange nach Selbstbehauptung, Macht-
steigerung, Zerschmetterung des Gegners allmählich alle edleren
Gefühle erstickten.

Für diese letzten Kampfesjahre ist etwa ein Ezzelin von Romano3)
die charakteristische Figur, der bei einer gewissen Wesensverwandtschaft
mit Friedrich II. aus dessen unendlich reicherer und verwickelterer Natur
nur eine einzige Richtung, das rücksichtslose Machtstreben und Durchsetzen
der eignen Persönlichkeit, in verblüffender Einseitigkeit zum Kolossalen ge-
steigert hat. Als veronesischer Landadliger in den Fraktionskämpfen seiner
Standesgenossen emporgekommen, aber erst durch die Verbindung mit der
Volkspartei zu wirklichem Einfluß gestiegen, war er aus persönlichen Gründen
vom Lombardenbunde abgeschwenkt und hatte den Anschluß an den Kaiser

1) Der erbberechtigte Sohn des Markgrafen Heinrich von Meißen,
Albrecht, war mit des Kaisers Töchterlein Margarethe verlobt.
2) Vgl. über ihn die Arbeiten von Hintze u. Hasse, beide 1885.
3) Über ihn ein reiches Material in dem älteren Werke von Verci, Storia
degli Ecelini 1779. Neuere Darstellungen seines Lebens können sämtlich nicht
befriedigen. Eine Biographie wird demnächst von einem meiner Schüler, F.
Stieve, erscheinen

II. Die Zeit der Staufer.
die weltlichen Reichsfürsten und sogar noch einige Bischöfe treu zu
den Staufern, als die päpstliche Sache durch den plötzlichen Tod
des Gegenkönigs (Febr. 1247) einen empfindlichen Schlag erlitt. Denn
damit traten nicht nur die thüringischen Lande in die staufische
Einflußsphäre1), sondern es hielt schwer genug, einen neuen päpst-
lichen Thronkandidaten zu finden. Graf Wilhelm von Holland2),
der sich endlich dazu bereit erklärte und ähnlich wie der Land-
graf auf Geheiß des Papstes fast ausschließlich von den geistlichen
Fürsten des Rheinlandes gewählt ward (Okt. 1247), ein ritterlicher
und mutvoller junger Herr, aber nicht einmal Reichsfürst, ent-
täuschte die Hoffnungen der Kurie und vermochte seinen Geltungs-
bereich nur wenig über die niederrheinischen Gebiete auszudehnen.

Diese beiden schwächlichen Gegenkönige reichten in der Tat
nicht einmal an die Schulterhöhe eines geistlichen Fürsten wie des
Erzbischofs Siegfried III. von Mainz heran, auf dessen bekanntem
Grabmal sie in zwergenhafter Erscheinung dargestellt sind, wie sie
aus seiner Hand die Krone empfangen. Und eben deshalb gelang
es der Kurie trotz der verzweifeltsten Anstrengungen schließlich
doch nicht, solange Friedrich II. lebte, die staufische Herrschaft
diesseits der Alpen zu stürzen. Die Vorgänge in Deutschland be-
hielten nur sekundäre Bedeutung neben dem gewaltigen Ringen auf
dem italienischen Kriegsschauplatze, wo schon allein die Persön-
lichkeit des Kaisers die Aufmerksamkeit Europas bannte.

Hier ward nun alles noch wilder und grandioser! Was Wun-
der, wenn der zum Teil mit teuflischen Mitteln geführte Vernich-
tungsangriff auf der andern Seite maßlose Leidenschaften entflammte,
und in dem fieberhaften Drange nach Selbstbehauptung, Macht-
steigerung, Zerschmetterung des Gegners allmählich alle edleren
Gefühle erstickten.

Für diese letzten Kampfesjahre ist etwa ein Ezzelin von Romano3)
die charakteristische Figur, der bei einer gewissen Wesensverwandtschaft
mit Friedrich II. aus dessen unendlich reicherer und verwickelterer Natur
nur eine einzige Richtung, das rücksichtslose Machtstreben und Durchsetzen
der eignen Persönlichkeit, in verblüffender Einseitigkeit zum Kolossalen ge-
steigert hat. Als veronesischer Landadliger in den Fraktionskämpfen seiner
Standesgenossen emporgekommen, aber erst durch die Verbindung mit der
Volkspartei zu wirklichem Einfluß gestiegen, war er aus persönlichen Gründen
vom Lombardenbunde abgeschwenkt und hatte den Anschluß an den Kaiser

1) Der erbberechtigte Sohn des Markgrafen Heinrich von Meißen,
Albrecht, war mit des Kaisers Töchterlein Margarethe verlobt.
2) Vgl. über ihn die Arbeiten von Hintze u. Hasse, beide 1885.
3) Über ihn ein reiches Material in dem älteren Werke von Verci, Storia
degli Ecelini 1779. Neuere Darstellungen seines Lebens können sämtlich nicht
befriedigen. Eine Biographie wird demnächst von einem meiner Schüler, F.
Stieve, erscheinen
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[250/0258] II. Die Zeit der Staufer. die weltlichen Reichsfürsten und sogar noch einige Bischöfe treu zu den Staufern, als die päpstliche Sache durch den plötzlichen Tod des Gegenkönigs (Febr. 1247) einen empfindlichen Schlag erlitt. Denn damit traten nicht nur die thüringischen Lande in die staufische Einflußsphäre 1), sondern es hielt schwer genug, einen neuen päpst- lichen Thronkandidaten zu finden. Graf Wilhelm von Holland 2), der sich endlich dazu bereit erklärte und ähnlich wie der Land- graf auf Geheiß des Papstes fast ausschließlich von den geistlichen Fürsten des Rheinlandes gewählt ward (Okt. 1247), ein ritterlicher und mutvoller junger Herr, aber nicht einmal Reichsfürst, ent- täuschte die Hoffnungen der Kurie und vermochte seinen Geltungs- bereich nur wenig über die niederrheinischen Gebiete auszudehnen. Diese beiden schwächlichen Gegenkönige reichten in der Tat nicht einmal an die Schulterhöhe eines geistlichen Fürsten wie des Erzbischofs Siegfried III. von Mainz heran, auf dessen bekanntem Grabmal sie in zwergenhafter Erscheinung dargestellt sind, wie sie aus seiner Hand die Krone empfangen. Und eben deshalb gelang es der Kurie trotz der verzweifeltsten Anstrengungen schließlich doch nicht, solange Friedrich II. lebte, die staufische Herrschaft diesseits der Alpen zu stürzen. Die Vorgänge in Deutschland be- hielten nur sekundäre Bedeutung neben dem gewaltigen Ringen auf dem italienischen Kriegsschauplatze, wo schon allein die Persön- lichkeit des Kaisers die Aufmerksamkeit Europas bannte. Hier ward nun alles noch wilder und grandioser! Was Wun- der, wenn der zum Teil mit teuflischen Mitteln geführte Vernich- tungsangriff auf der andern Seite maßlose Leidenschaften entflammte, und in dem fieberhaften Drange nach Selbstbehauptung, Macht- steigerung, Zerschmetterung des Gegners allmählich alle edleren Gefühle erstickten. Für diese letzten Kampfesjahre ist etwa ein Ezzelin von Romano 3) die charakteristische Figur, der bei einer gewissen Wesensverwandtschaft mit Friedrich II. aus dessen unendlich reicherer und verwickelterer Natur nur eine einzige Richtung, das rücksichtslose Machtstreben und Durchsetzen der eignen Persönlichkeit, in verblüffender Einseitigkeit zum Kolossalen ge- steigert hat. Als veronesischer Landadliger in den Fraktionskämpfen seiner Standesgenossen emporgekommen, aber erst durch die Verbindung mit der Volkspartei zu wirklichem Einfluß gestiegen, war er aus persönlichen Gründen vom Lombardenbunde abgeschwenkt und hatte den Anschluß an den Kaiser 1) Der erbberechtigte Sohn des Markgrafen Heinrich von Meißen, Albrecht, war mit des Kaisers Töchterlein Margarethe verlobt. 2) Vgl. über ihn die Arbeiten von Hintze u. Hasse, beide 1885. 3) Über ihn ein reiches Material in dem älteren Werke von Verci, Storia degli Ecelini 1779. Neuere Darstellungen seines Lebens können sämtlich nicht befriedigen. Eine Biographie wird demnächst von einem meiner Schüler, F. Stieve, erscheinen

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Zitationshilfe: Hampe, Karl: Deutsche Kaisergeschichte in der Zeit der Salier und Staufer. Leipzig, 1909, S. 250. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hampe_kaisergeschichte_1909/258>, abgerufen am 25.11.2024.