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Hampe, Karl: Deutsche Kaisergeschichte in der Zeit der Salier und Staufer. Leipzig, 1909.

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§ 10. Die Anfänge Friedrichs I. (1152-1157).
hundert geruht hatten, wahrzunehmen. So erwarb er Burgund
dem Reiche gewissermaßen zum zweiten Male. Lockend öffnete
sich ihm von dort ein neuer Alpenweg nach Oberitalien, und die
Zahl der kriegerischen Kräfte, die dem Herrscher namentlich in den
ebenso verwaltungskundigen, wie kampfesfrohen Reichsministerialen
zur Verfügung stand, schwoll erheblich an durch den Zuwachs der
Tausende von neuen burgundischen Vasallen seiner Gemahlin.

Aber das deutsche Königtum war ja damals noch keineswegs
ausschließlich angewiesen auf seine unmittelbare Hausmacht; noch
hatte es die in alle Territorien eingreifenden Regalien nicht grundsätzlich
aus der Hand gegeben, es gehörte nur zum Rechte die Persönlichkeit!
Wie verständnisvoll und energisch Friedrich auch hier seine Königs-
pflicht erfüllte, bewies schon in diesen Jahren die Befreiung der
Mainschiffahrt von unrechtmäßigen Zöllen (1155).1) Auch das Königs-
gericht wurde durch seine strenge und gerechte Handhabung wieder
zu einer geachteten und gefürchteten Macht im Reiche; selbst die
angesehensten Fürsten bekamen es zu fühlen, daß eine Verletzung
der Reichskriegspflicht ebenso unnachsichtig bestraft wurde, wie der
Friedensbruch. An die Bestrebungen Heinrichs IV. anknüpfend,
hatte Friedrich, wie es scheint2), schon bald nach seiner Erhebung
ein allgemeines Landfriedensgesetz erlassen, welches die Normen
aufstellte, die freilich erst durch einzelne beschworene Provinzial-
frieden tatsächlich Geltung erlangten, aber immerhin den Keim einer
neuen Reichsgesetzgebung bildeten. Die Wirkung solcher Bestrebungen,
gesteigert durch den Ausgleich mit den Welfen, war bald genug zu
spüren; nach allem Elend der letzten Zeiten konnte ein Annalist
schon zum Jahre 1157 vermerken: "Fülle des Friedens".

Das bedeutsamste Moment für die Neukräftigung des deut-
schen Königtums war indes, daß es gelang, die alte, von Otto
d. Gr. gelegte, aber schon halb zerstörte Regierungsgrundlage zum
großen Teile wiederherzustellen: die enge Verbindung von Krone
und Episkopat.3) Friedrichs Rechtssinn begegnete sich hier mit der
Zeitströmung. Die Worte, die ihm ein späterer Chronist in den
Mund legt: den Zugeständnissen der früheren Kaiser bezüglich der
Bischofseinsetzungen werde er Rechnung tragen, da sie es so ge-
wollt hätten; den Rechtsbestand aber, den er noch vorgefunden,

1) Für die energische Wahrnahme der Regalien durch Friedrich vgl. im
übrigen R. Scholz, Beitr. z. Gesch. d. Hoheitsrechte d. deutschen Könige z.
Zeit d. ersten Staufer. 1896.
2) Vgl. über die Streitfrage Simonsfeld, Jahrb. S. 59 ff., 674 ff.
3) Über Friedrichs Stellung zur deutschen Kirche vgl. das gründliche,
aber in einigen Auffassungen etwas zu künstliche Buch von Wolfram, F. I.
u. d. Wormser Konkordat 1883. Dazu Hauck, F. Barb. als Kirchenpolitiker,
Lpz. Rektoratsrede 1898; D. Schäfer, Z. Beurt. des Worms. Konk. S. 60 ff.

§ 10. Die Anfänge Friedrichs I. (1152‒1157).
hundert geruht hatten, wahrzunehmen. So erwarb er Burgund
dem Reiche gewissermaßen zum zweiten Male. Lockend öffnete
sich ihm von dort ein neuer Alpenweg nach Oberitalien, und die
Zahl der kriegerischen Kräfte, die dem Herrscher namentlich in den
ebenso verwaltungskundigen, wie kampfesfrohen Reichsministerialen
zur Verfügung stand, schwoll erheblich an durch den Zuwachs der
Tausende von neuen burgundischen Vasallen seiner Gemahlin.

Aber das deutsche Königtum war ja damals noch keineswegs
ausschließlich angewiesen auf seine unmittelbare Hausmacht; noch
hatte es die in alle Territorien eingreifenden Regalien nicht grundsätzlich
aus der Hand gegeben, es gehörte nur zum Rechte die Persönlichkeit!
Wie verständnisvoll und energisch Friedrich auch hier seine Königs-
pflicht erfüllte, bewies schon in diesen Jahren die Befreiung der
Mainschiffahrt von unrechtmäßigen Zöllen (1155).1) Auch das Königs-
gericht wurde durch seine strenge und gerechte Handhabung wieder
zu einer geachteten und gefürchteten Macht im Reiche; selbst die
angesehensten Fürsten bekamen es zu fühlen, daß eine Verletzung
der Reichskriegspflicht ebenso unnachsichtig bestraft wurde, wie der
Friedensbruch. An die Bestrebungen Heinrichs IV. anknüpfend,
hatte Friedrich, wie es scheint2), schon bald nach seiner Erhebung
ein allgemeines Landfriedensgesetz erlassen, welches die Normen
aufstellte, die freilich erst durch einzelne beschworene Provinzial-
frieden tatsächlich Geltung erlangten, aber immerhin den Keim einer
neuen Reichsgesetzgebung bildeten. Die Wirkung solcher Bestrebungen,
gesteigert durch den Ausgleich mit den Welfen, war bald genug zu
spüren; nach allem Elend der letzten Zeiten konnte ein Annalist
schon zum Jahre 1157 vermerken: „Fülle des Friedens“.

Das bedeutsamste Moment für die Neukräftigung des deut-
schen Königtums war indes, daß es gelang, die alte, von Otto
d. Gr. gelegte, aber schon halb zerstörte Regierungsgrundlage zum
großen Teile wiederherzustellen: die enge Verbindung von Krone
und Episkopat.3) Friedrichs Rechtssinn begegnete sich hier mit der
Zeitströmung. Die Worte, die ihm ein späterer Chronist in den
Mund legt: den Zugeständnissen der früheren Kaiser bezüglich der
Bischofseinsetzungen werde er Rechnung tragen, da sie es so ge-
wollt hätten; den Rechtsbestand aber, den er noch vorgefunden,

1) Für die energische Wahrnahme der Regalien durch Friedrich vgl. im
übrigen R. Scholz, Beitr. z. Gesch. d. Hoheitsrechte d. deutschen Könige z.
Zeit d. ersten Staufer. 1896.
2) Vgl. über die Streitfrage Simonsfeld, Jahrb. S. 59 ff., 674 ff.
3) Über Friedrichs Stellung zur deutschen Kirche vgl. das gründliche,
aber in einigen Auffassungen etwas zu künstliche Buch von Wolfram, F. I.
u. d. Wormser Konkordat 1883. Dazu Hauck, F. Barb. als Kirchenpolitiker,
Lpz. Rektoratsrede 1898; D. Schäfer, Z. Beurt. des Worms. Konk. S. 60 ff.
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[119/0127] § 10. Die Anfänge Friedrichs I. (1152‒1157). hundert geruht hatten, wahrzunehmen. So erwarb er Burgund dem Reiche gewissermaßen zum zweiten Male. Lockend öffnete sich ihm von dort ein neuer Alpenweg nach Oberitalien, und die Zahl der kriegerischen Kräfte, die dem Herrscher namentlich in den ebenso verwaltungskundigen, wie kampfesfrohen Reichsministerialen zur Verfügung stand, schwoll erheblich an durch den Zuwachs der Tausende von neuen burgundischen Vasallen seiner Gemahlin. Aber das deutsche Königtum war ja damals noch keineswegs ausschließlich angewiesen auf seine unmittelbare Hausmacht; noch hatte es die in alle Territorien eingreifenden Regalien nicht grundsätzlich aus der Hand gegeben, es gehörte nur zum Rechte die Persönlichkeit! Wie verständnisvoll und energisch Friedrich auch hier seine Königs- pflicht erfüllte, bewies schon in diesen Jahren die Befreiung der Mainschiffahrt von unrechtmäßigen Zöllen (1155). 1) Auch das Königs- gericht wurde durch seine strenge und gerechte Handhabung wieder zu einer geachteten und gefürchteten Macht im Reiche; selbst die angesehensten Fürsten bekamen es zu fühlen, daß eine Verletzung der Reichskriegspflicht ebenso unnachsichtig bestraft wurde, wie der Friedensbruch. An die Bestrebungen Heinrichs IV. anknüpfend, hatte Friedrich, wie es scheint 2), schon bald nach seiner Erhebung ein allgemeines Landfriedensgesetz erlassen, welches die Normen aufstellte, die freilich erst durch einzelne beschworene Provinzial- frieden tatsächlich Geltung erlangten, aber immerhin den Keim einer neuen Reichsgesetzgebung bildeten. Die Wirkung solcher Bestrebungen, gesteigert durch den Ausgleich mit den Welfen, war bald genug zu spüren; nach allem Elend der letzten Zeiten konnte ein Annalist schon zum Jahre 1157 vermerken: „Fülle des Friedens“. Das bedeutsamste Moment für die Neukräftigung des deut- schen Königtums war indes, daß es gelang, die alte, von Otto d. Gr. gelegte, aber schon halb zerstörte Regierungsgrundlage zum großen Teile wiederherzustellen: die enge Verbindung von Krone und Episkopat. 3) Friedrichs Rechtssinn begegnete sich hier mit der Zeitströmung. Die Worte, die ihm ein späterer Chronist in den Mund legt: den Zugeständnissen der früheren Kaiser bezüglich der Bischofseinsetzungen werde er Rechnung tragen, da sie es so ge- wollt hätten; den Rechtsbestand aber, den er noch vorgefunden, 1) Für die energische Wahrnahme der Regalien durch Friedrich vgl. im übrigen R. Scholz, Beitr. z. Gesch. d. Hoheitsrechte d. deutschen Könige z. Zeit d. ersten Staufer. 1896. 2) Vgl. über die Streitfrage Simonsfeld, Jahrb. S. 59 ff., 674 ff. 3) Über Friedrichs Stellung zur deutschen Kirche vgl. das gründliche, aber in einigen Auffassungen etwas zu künstliche Buch von Wolfram, F. I. u. d. Wormser Konkordat 1883. Dazu Hauck, F. Barb. als Kirchenpolitiker, Lpz. Rektoratsrede 1898; D. Schäfer, Z. Beurt. des Worms. Konk. S. 60 ff.

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Zitationshilfe: Hampe, Karl: Deutsche Kaisergeschichte in der Zeit der Salier und Staufer. Leipzig, 1909, S. 119. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hampe_kaisergeschichte_1909/127>, abgerufen am 28.11.2024.