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Hampe, Karl: Deutsche Kaisergeschichte in der Zeit der Salier und Staufer. Leipzig, 1909.

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§ 10. Die Anfänge Friedrichs I. (1152-1157).
kämpfte starke Laiengewalten gemahnen seine Anfänge an die
Heinrichs I. Wie dieser in Bayern geradezu eine landesherrliche
Gewalt hatte dulden müssen, so gestand Friedrich seinem Vetter
Heinrich dem Löwen jetzt seine weitgehenden Hoheitsansprüche
über seine transalbingischen Slawenlande samt der Bischofsinvestitur
zu und erkannte insbesondere auch sein Recht auf das bayrische
Herzogtum an (1154). In mühevollen weiteren Unterhandlungen
mit dem dadurch hart betroffenen Babenberger Heinrich hat er
dann endlich einen beiderseits befriedigenden Ausgleich erzielt
(1156). Durch gänzliche Abtrennung von Österreich wurde Bayern
abermals verkleinert und dadurch vollends zu einem innerdeutschen
Territorium. Trotz dieser Einbuße blieb die nun vom Reiche an-
erkannte Machtstellung des Welfen gewaltig genug und für die
Krone in der Folgezeit nur dadurch erträglich, daß Kaiser und
Herzog bald völlig getrennte Wege nach Südwest und Nordost
einschlugen und sich daher eine Weile freundvetterlich fördern
konnten, Heinrich durch Teilnahme an den Romzügen, Friedrich
durch gelegentlichen Druck auf die geistlichen und weltlichen Großen
Sachsens, von denen Albrecht der Bär sich eben damals in dem
neuerworbenen Slawengebiet seiner Mark Brandenburg eine landes-
herrliche Stellung schuf, ähnlich derjenigen Heinrichs d. L. in
Transalbingien.

Auch in Bayern galt es die andern Bewerber um das Herzog-
tum abzufinden. Herzog Welf VI. war schon früher (1152) da-
durch gewonnen, daß Friedrich ihm, anknüpfend an die von Lothar
begründeten italienischen Ansprüche des Welfenhauses, Tuszien,
Spoleto und das mathildische Gut zugestanden hatte. Der Baben-
berger Heinrich wurde erst jetzt nach längerem Streben zufrieden-
gestellt, indem ihm für das neugeschaffene Herzogtum Österreich
ganz einzigartige Vergünstigungen verbrieft wurden, die auch hier,
wie auf dem gesamten östlichen Kolonialboden des Reiches die
Entwicklung zur Landesherrschaft beförderten. 1)

1) Der dynastische Anspruch auf das Herzogtum wurde in weitestem
Umfange sichergestellt durch Mitbelehnung von Heinrichs Gemahlin, weibliche
Erbfolge und Verfügungsrecht bei erbenlosem Tode; die herzogliche Regierungs-
gewalt gestärkt durch den Ausschluß jedes fremden Gerichts; endlich die Ab-
hängigkeit vom Reiche gelockert durch Beschränkung der Leistungen: der
kriegerischen Beihilfe auf die Österreich benachbarten Gebiete und der Hof-
tagspflicht auf die Tage in Bayern. Die verfassungsgeschichtlich so überaus
wichtige Urkunde Friedrichs v. 17. Sept. 1156, das sog. "privilegium minus"
vgl. M. G. Const. I, 220 und bei Erben. Seine Echtheit ist dargetan durch
die Untersuchungen von Wattenbach, Ficker u. Huber. Der Versuch von
Erben, D. Privilegium F. I. f. d. Herz. Öst. (1902), spätere Interpolationen
Herzog Friedrichs d. Streitbaren aus der Zeit von 1243/44 in der Urkunde
nachzuweisen, hat nur zu noch sicherer Erkenntnis ihrer völligen Echtheit ge-

§ 10. Die Anfänge Friedrichs I. (1152‒1157).
kämpfte starke Laiengewalten gemahnen seine Anfänge an die
Heinrichs I. Wie dieser in Bayern geradezu eine landesherrliche
Gewalt hatte dulden müssen, so gestand Friedrich seinem Vetter
Heinrich dem Löwen jetzt seine weitgehenden Hoheitsansprüche
über seine transalbingischen Slawenlande samt der Bischofsinvestitur
zu und erkannte insbesondere auch sein Recht auf das bayrische
Herzogtum an (1154). In mühevollen weiteren Unterhandlungen
mit dem dadurch hart betroffenen Babenberger Heinrich hat er
dann endlich einen beiderseits befriedigenden Ausgleich erzielt
(1156). Durch gänzliche Abtrennung von Österreich wurde Bayern
abermals verkleinert und dadurch vollends zu einem innerdeutschen
Territorium. Trotz dieser Einbuße blieb die nun vom Reiche an-
erkannte Machtstellung des Welfen gewaltig genug und für die
Krone in der Folgezeit nur dadurch erträglich, daß Kaiser und
Herzog bald völlig getrennte Wege nach Südwest und Nordost
einschlugen und sich daher eine Weile freundvetterlich fördern
konnten, Heinrich durch Teilnahme an den Romzügen, Friedrich
durch gelegentlichen Druck auf die geistlichen und weltlichen Großen
Sachsens, von denen Albrecht der Bär sich eben damals in dem
neuerworbenen Slawengebiet seiner Mark Brandenburg eine landes-
herrliche Stellung schuf, ähnlich derjenigen Heinrichs d. L. in
Transalbingien.

Auch in Bayern galt es die andern Bewerber um das Herzog-
tum abzufinden. Herzog Welf VI. war schon früher (1152) da-
durch gewonnen, daß Friedrich ihm, anknüpfend an die von Lothar
begründeten italienischen Ansprüche des Welfenhauses, Tuszien,
Spoleto und das mathildische Gut zugestanden hatte. Der Baben-
berger Heinrich wurde erst jetzt nach längerem Streben zufrieden-
gestellt, indem ihm für das neugeschaffene Herzogtum Österreich
ganz einzigartige Vergünstigungen verbrieft wurden, die auch hier,
wie auf dem gesamten östlichen Kolonialboden des Reiches die
Entwicklung zur Landesherrschaft beförderten. 1)

1) Der dynastische Anspruch auf das Herzogtum wurde in weitestem
Umfange sichergestellt durch Mitbelehnung von Heinrichs Gemahlin, weibliche
Erbfolge und Verfügungsrecht bei erbenlosem Tode; die herzogliche Regierungs-
gewalt gestärkt durch den Ausschluß jedes fremden Gerichts; endlich die Ab-
hängigkeit vom Reiche gelockert durch Beschränkung der Leistungen: der
kriegerischen Beihilfe auf die Österreich benachbarten Gebiete und der Hof-
tagspflicht auf die Tage in Bayern. Die verfassungsgeschichtlich so überaus
wichtige Urkunde Friedrichs v. 17. Sept. 1156, das sog. „privilegium minus“
vgl. M. G. Const. I, 220 und bei Erben. Seine Echtheit ist dargetan durch
die Untersuchungen von Wattenbach, Ficker u. Huber. Der Versuch von
Erben, D. Privilegium F. I. f. d. Herz. Öst. (1902), spätere Interpolationen
Herzog Friedrichs d. Streitbaren aus der Zeit von 1243/44 in der Urkunde
nachzuweisen, hat nur zu noch sicherer Erkenntnis ihrer völligen Echtheit ge-
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[117/0125] § 10. Die Anfänge Friedrichs I. (1152‒1157). kämpfte starke Laiengewalten gemahnen seine Anfänge an die Heinrichs I. Wie dieser in Bayern geradezu eine landesherrliche Gewalt hatte dulden müssen, so gestand Friedrich seinem Vetter Heinrich dem Löwen jetzt seine weitgehenden Hoheitsansprüche über seine transalbingischen Slawenlande samt der Bischofsinvestitur zu und erkannte insbesondere auch sein Recht auf das bayrische Herzogtum an (1154). In mühevollen weiteren Unterhandlungen mit dem dadurch hart betroffenen Babenberger Heinrich hat er dann endlich einen beiderseits befriedigenden Ausgleich erzielt (1156). Durch gänzliche Abtrennung von Österreich wurde Bayern abermals verkleinert und dadurch vollends zu einem innerdeutschen Territorium. Trotz dieser Einbuße blieb die nun vom Reiche an- erkannte Machtstellung des Welfen gewaltig genug und für die Krone in der Folgezeit nur dadurch erträglich, daß Kaiser und Herzog bald völlig getrennte Wege nach Südwest und Nordost einschlugen und sich daher eine Weile freundvetterlich fördern konnten, Heinrich durch Teilnahme an den Romzügen, Friedrich durch gelegentlichen Druck auf die geistlichen und weltlichen Großen Sachsens, von denen Albrecht der Bär sich eben damals in dem neuerworbenen Slawengebiet seiner Mark Brandenburg eine landes- herrliche Stellung schuf, ähnlich derjenigen Heinrichs d. L. in Transalbingien. Auch in Bayern galt es die andern Bewerber um das Herzog- tum abzufinden. Herzog Welf VI. war schon früher (1152) da- durch gewonnen, daß Friedrich ihm, anknüpfend an die von Lothar begründeten italienischen Ansprüche des Welfenhauses, Tuszien, Spoleto und das mathildische Gut zugestanden hatte. Der Baben- berger Heinrich wurde erst jetzt nach längerem Streben zufrieden- gestellt, indem ihm für das neugeschaffene Herzogtum Österreich ganz einzigartige Vergünstigungen verbrieft wurden, die auch hier, wie auf dem gesamten östlichen Kolonialboden des Reiches die Entwicklung zur Landesherrschaft beförderten. 1) 1) Der dynastische Anspruch auf das Herzogtum wurde in weitestem Umfange sichergestellt durch Mitbelehnung von Heinrichs Gemahlin, weibliche Erbfolge und Verfügungsrecht bei erbenlosem Tode; die herzogliche Regierungs- gewalt gestärkt durch den Ausschluß jedes fremden Gerichts; endlich die Ab- hängigkeit vom Reiche gelockert durch Beschränkung der Leistungen: der kriegerischen Beihilfe auf die Österreich benachbarten Gebiete und der Hof- tagspflicht auf die Tage in Bayern. Die verfassungsgeschichtlich so überaus wichtige Urkunde Friedrichs v. 17. Sept. 1156, das sog. „privilegium minus“ vgl. M. G. Const. I, 220 und bei Erben. Seine Echtheit ist dargetan durch die Untersuchungen von Wattenbach, Ficker u. Huber. Der Versuch von Erben, D. Privilegium F. I. f. d. Herz. Öst. (1902), spätere Interpolationen Herzog Friedrichs d. Streitbaren aus der Zeit von 1243/44 in der Urkunde nachzuweisen, hat nur zu noch sicherer Erkenntnis ihrer völligen Echtheit ge-

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Zitationshilfe: Hampe, Karl: Deutsche Kaisergeschichte in der Zeit der Salier und Staufer. Leipzig, 1909, S. 117. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hampe_kaisergeschichte_1909/125>, abgerufen am 02.05.2024.