Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 8. Berlin, 1776.

Bild:
<< vorherige Seite

I. Abs. Das Wachsen des Körpers.
Bahn bringen (k), und in der That dabei mehr Schwü-
rigkeiten zu machen hätten.

Einzelne Knochen, z. E. das Hüftbein von zwo El-
len (l), dergleichen man zu Lucern verwahret, und die
Knochen, von welchen wir geredet haben, mögen vielleicht
von einem andern Thiere gewesen seyn, man findet von
dergleichen in Europa viele Exempel, und so gar in der
Nachbarschaft von Göttingen, davon Holmann eine
artige und verbesserte Beschreibung gegeben.

Es erlaubet nemlich die Standhaftigkeit der Natur
nicht, daß man so starke Verirrungen von der gewöhn-
lichen Menschengrösse für wahr ansehen kann, und es
zeiget dieselbe so gar an den alten Mumien, und an dem
Fleischesser (m) der grossen Pyramide, daß die Egyptier
keinesweges länger als wir gewesen. Doch es war auch
derjenige Mensch, welcher vor der Versteinerung der tie-
fen orningischen Steinbrüche, unter einem ganzen Berge
verschüttet worden, und dessen in Stein abgedrükktes
Skelet Scheuchzer abmahlen lassen, gar nicht grösser
als unser gewöhnliches Maaß (n). Wären wir endlich
kleiner geworden, so hätte zugleich die ganze Natur mit
uns abnehmen müssen, und davon finden wir doch keine
Spuren vor uns. Für Menschen von zwanzig Fuß hät-
ten nicht einmal Elephanten zu Lastthieren dienen können;
es wäre das Pferd, welches die Natur so augenscheinlich
dazu gemacht hat, daß es dem Menschen seinen Rükken
darbieten soll, und der Ochs für ihn unnüzze Thiere ge-
wesen: so hätten sich auch Riesen nicht leicht ihr Brodt
erwerben können, denn es hätte sich das Gewichte von
neun Fuß hohen Riesen zu unserem Gewichte verhalten

wie
(k) [Spaltenumbruch] Le CAT. algem. mag. T. VI.
(l) PLEMP in CABRO p. 17.
(m) NORDEN Itin. Aegypt.
p.
75. 80.
(n) [Spaltenumbruch] DERHAM Physico theol.
p. 292. & in homine ante diluv.
SCHEUCHZERI.
H. Phisiol. 8 B. H h h

I. Abſ. Das Wachſen des Koͤrpers.
Bahn bringen (k), und in der That dabei mehr Schwuͤ-
rigkeiten zu machen haͤtten.

Einzelne Knochen, z. E. das Huͤftbein von zwo El-
len (l), dergleichen man zu Lucern verwahret, und die
Knochen, von welchen wir geredet haben, moͤgen vielleicht
von einem andern Thiere geweſen ſeyn, man findet von
dergleichen in Europa viele Exempel, und ſo gar in der
Nachbarſchaft von Goͤttingen, davon Holmann eine
artige und verbeſſerte Beſchreibung gegeben.

Es erlaubet nemlich die Standhaftigkeit der Natur
nicht, daß man ſo ſtarke Verirrungen von der gewoͤhn-
lichen Menſchengroͤſſe fuͤr wahr anſehen kann, und es
zeiget dieſelbe ſo gar an den alten Mumien, und an dem
Fleiſcheſſer (m) der groſſen Pyramide, daß die Egyptier
keinesweges laͤnger als wir geweſen. Doch es war auch
derjenige Menſch, welcher vor der Verſteinerung der tie-
fen orningiſchen Steinbruͤche, unter einem ganzen Berge
verſchuͤttet worden, und deſſen in Stein abgedruͤkktes
Skelet Scheuchzer abmahlen laſſen, gar nicht groͤſſer
als unſer gewoͤhnliches Maaß (n). Waͤren wir endlich
kleiner geworden, ſo haͤtte zugleich die ganze Natur mit
uns abnehmen muͤſſen, und davon finden wir doch keine
Spuren vor uns. Fuͤr Menſchen von zwanzig Fuß haͤt-
ten nicht einmal Elephanten zu Laſtthieren dienen koͤnnen;
es waͤre das Pferd, welches die Natur ſo augenſcheinlich
dazu gemacht hat, daß es dem Menſchen ſeinen Ruͤkken
darbieten ſoll, und der Ochs fuͤr ihn unnuͤzze Thiere ge-
weſen: ſo haͤtten ſich auch Rieſen nicht leicht ihr Brodt
erwerben koͤnnen, denn es haͤtte ſich das Gewichte von
neun Fuß hohen Rieſen zu unſerem Gewichte verhalten

wie
(k) [Spaltenumbruch] Le CAT. algem. mag. T. VI.
(l) PLEMP in CABRO p. 17.
(m) NORDEN Itin. Aegypt.
p.
75. 80.
(n) [Spaltenumbruch] DERHAM Phyſico theol.
p. 292. & in homine ante diluv.
SCHEUCHZERI.
H. Phiſiol. 8 B. H h h
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0901" n="847[849]"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">I.</hi> Ab&#x017F;. Das Wach&#x017F;en des Ko&#x0364;rpers.</hi></fw><lb/>
Bahn bringen <note place="foot" n="(k)"><cb/><hi rendition="#aq">Le CAT. algem. mag. T. VI.</hi></note>, und in der That dabei mehr Schwu&#x0364;-<lb/>
rigkeiten zu machen ha&#x0364;tten.</p><lb/>
              <p>Einzelne Knochen, z. E. das Hu&#x0364;ftbein von zwo El-<lb/>
len <note place="foot" n="(l)"><hi rendition="#aq">PLEMP in CABRO p.</hi> 17.</note>, dergleichen man zu Lucern verwahret, und die<lb/>
Knochen, von welchen wir geredet haben, mo&#x0364;gen vielleicht<lb/>
von einem andern Thiere gewe&#x017F;en &#x017F;eyn, man findet von<lb/>
dergleichen in Europa viele Exempel, und &#x017F;o gar in der<lb/>
Nachbar&#x017F;chaft von Go&#x0364;ttingen, davon <hi rendition="#fr">Holmann</hi> eine<lb/>
artige und verbe&#x017F;&#x017F;erte Be&#x017F;chreibung gegeben.</p><lb/>
              <p>Es erlaubet nemlich die Standhaftigkeit der Natur<lb/>
nicht, daß man &#x017F;o &#x017F;tarke Verirrungen von der gewo&#x0364;hn-<lb/>
lichen Men&#x017F;chengro&#x0364;&#x017F;&#x017F;e fu&#x0364;r wahr an&#x017F;ehen kann, und es<lb/>
zeiget die&#x017F;elbe &#x017F;o gar an den alten Mumien, und an dem<lb/>
Flei&#x017F;che&#x017F;&#x017F;er <note place="foot" n="(m)"><hi rendition="#aq">NORDEN Itin. Aegypt.<lb/>
p.</hi> 75. 80.</note> der gro&#x017F;&#x017F;en Pyramide, daß die Egyptier<lb/>
keinesweges la&#x0364;nger als wir gewe&#x017F;en. Doch es war auch<lb/>
derjenige Men&#x017F;ch, welcher vor der Ver&#x017F;teinerung der tie-<lb/>
fen orningi&#x017F;chen Steinbru&#x0364;che, unter einem ganzen Berge<lb/>
ver&#x017F;chu&#x0364;ttet worden, und de&#x017F;&#x017F;en in Stein abgedru&#x0364;kktes<lb/>
Skelet <hi rendition="#fr">Scheuchzer</hi> abmahlen la&#x017F;&#x017F;en, gar nicht gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;er<lb/>
als un&#x017F;er gewo&#x0364;hnliches Maaß <note place="foot" n="(n)"><cb/><hi rendition="#aq">DERHAM Phy&#x017F;ico theol.<lb/>
p. 292. &amp; in homine ante diluv.<lb/>
SCHEUCHZERI.</hi></note>. Wa&#x0364;ren wir endlich<lb/>
kleiner geworden, &#x017F;o ha&#x0364;tte zugleich die ganze Natur mit<lb/>
uns abnehmen mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en, und davon finden wir doch keine<lb/>
Spuren vor uns. Fu&#x0364;r Men&#x017F;chen von zwanzig Fuß ha&#x0364;t-<lb/>
ten nicht einmal Elephanten zu La&#x017F;tthieren dienen ko&#x0364;nnen;<lb/>
es wa&#x0364;re das Pferd, welches die Natur &#x017F;o augen&#x017F;cheinlich<lb/>
dazu gemacht hat, daß es dem Men&#x017F;chen &#x017F;einen Ru&#x0364;kken<lb/>
darbieten &#x017F;oll, und der Ochs fu&#x0364;r ihn unnu&#x0364;zze Thiere ge-<lb/>
we&#x017F;en: &#x017F;o ha&#x0364;tten &#x017F;ich auch Rie&#x017F;en nicht leicht ihr Brodt<lb/>
erwerben ko&#x0364;nnen, denn es ha&#x0364;tte &#x017F;ich das Gewichte von<lb/>
neun Fuß hohen Rie&#x017F;en zu un&#x017F;erem Gewichte verhalten<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">wie</fw><lb/>
<fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#fr">H. Phi&#x017F;iol. 8 B.</hi> H h h</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[847[849]/0901] I. Abſ. Das Wachſen des Koͤrpers. Bahn bringen (k), und in der That dabei mehr Schwuͤ- rigkeiten zu machen haͤtten. Einzelne Knochen, z. E. das Huͤftbein von zwo El- len (l), dergleichen man zu Lucern verwahret, und die Knochen, von welchen wir geredet haben, moͤgen vielleicht von einem andern Thiere geweſen ſeyn, man findet von dergleichen in Europa viele Exempel, und ſo gar in der Nachbarſchaft von Goͤttingen, davon Holmann eine artige und verbeſſerte Beſchreibung gegeben. Es erlaubet nemlich die Standhaftigkeit der Natur nicht, daß man ſo ſtarke Verirrungen von der gewoͤhn- lichen Menſchengroͤſſe fuͤr wahr anſehen kann, und es zeiget dieſelbe ſo gar an den alten Mumien, und an dem Fleiſcheſſer (m) der groſſen Pyramide, daß die Egyptier keinesweges laͤnger als wir geweſen. Doch es war auch derjenige Menſch, welcher vor der Verſteinerung der tie- fen orningiſchen Steinbruͤche, unter einem ganzen Berge verſchuͤttet worden, und deſſen in Stein abgedruͤkktes Skelet Scheuchzer abmahlen laſſen, gar nicht groͤſſer als unſer gewoͤhnliches Maaß (n). Waͤren wir endlich kleiner geworden, ſo haͤtte zugleich die ganze Natur mit uns abnehmen muͤſſen, und davon finden wir doch keine Spuren vor uns. Fuͤr Menſchen von zwanzig Fuß haͤt- ten nicht einmal Elephanten zu Laſtthieren dienen koͤnnen; es waͤre das Pferd, welches die Natur ſo augenſcheinlich dazu gemacht hat, daß es dem Menſchen ſeinen Ruͤkken darbieten ſoll, und der Ochs fuͤr ihn unnuͤzze Thiere ge- weſen: ſo haͤtten ſich auch Rieſen nicht leicht ihr Brodt erwerben koͤnnen, denn es haͤtte ſich das Gewichte von neun Fuß hohen Rieſen zu unſerem Gewichte verhalten wie (k) Le CAT. algem. mag. T. VI. (l) PLEMP in CABRO p. 17. (m) NORDEN Itin. Aegypt. p. 75. 80. (n) DERHAM Phyſico theol. p. 292. & in homine ante diluv. SCHEUCHZERI. H. Phiſiol. 8 B. H h h

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende08_1776
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende08_1776/901
Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 8. Berlin, 1776, S. 847[849]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende08_1776/901>, abgerufen am 19.05.2024.