ret nämlich das Wachsen zu derjenigen Zeit auf, wenn sich alle Knochenansäzze der langen Knochen an dem menschlichen Körper in dünne und knorplige Rinden ver- wandelt haben, indessen daß noch die übrige Länge (d) knochig ist. Gemeiniglich fällt dieses in das zwanzigste Jahr ein.
Vielleicht habe ich die Erlaubniß, hier eine Muth- massung vorzutragen. Es ist nämlich kein Zweifel, daß nicht während der Erweiterung der Schlagadern, das vom Herzen angetriebene Blut die Gliedmassen länger machen sollte. Es kömmt hier aber noch eine andere Ursache mit hinzu.
Die Knochen wachsen von dem Stosse ihrer Schlag- ader, welche den einen Ast in die Höhe, und den an- dern herab wirft (e).
Um unsern Vortrag so einfach als möglich zu ma- chen, so wollen wir bei der Hüfte stehen bleiben. Es strekkt sich die klopfende Schlagader in die Höhe und niederwärts aus, und sie stößt auf die Knorpelrinde loß; sie bewegt sich einer Seits gegen die Knochenpfanne, und andrer Seits gegen den Schienknochen. Diese Rinde springt elastisch zurükke, wegen des Widerstandes der Pfanne, und wird dünner, sie springt kurz darauf, wenn die Schlagader zur Ruhe kömmt, wieder zurükke, und dehnt sich aus. Es vermindern sich aber alle Glied- massen auf eine kegelförmige Art gegen die Zeen zu. Es drükkt daher die elastische Kraft des obern Hüftenknor- pels die Hüfte wieder hernieder, und stösset sie gegen den Schienknochen, um die ganze Kette der übrigen Kno- chen des Schenkels auszudehnen. Es widersteht das Schienbein der Fuswurzel, oder Mittelfuß, wiewohl schwä- cher, indem die Hüfte eine grössere Schlagader, und
der
(d)[Spaltenumbruch]MONRO of the bones p. 38. &c.
(e)[Spaltenumbruch]Form. des os p. 256.
H. Phisiol. 8. B. G g g
I. Abſ. Das Wachſen des Koͤrpers.
ret naͤmlich das Wachſen zu derjenigen Zeit auf, wenn ſich alle Knochenanſaͤzze der langen Knochen an dem menſchlichen Koͤrper in duͤnne und knorplige Rinden ver- wandelt haben, indeſſen daß noch die uͤbrige Laͤnge (d) knochig iſt. Gemeiniglich faͤllt dieſes in das zwanzigſte Jahr ein.
Vielleicht habe ich die Erlaubniß, hier eine Muth- maſſung vorzutragen. Es iſt naͤmlich kein Zweifel, daß nicht waͤhrend der Erweiterung der Schlagadern, das vom Herzen angetriebene Blut die Gliedmaſſen laͤnger machen ſollte. Es koͤmmt hier aber noch eine andere Urſache mit hinzu.
Die Knochen wachſen von dem Stoſſe ihrer Schlag- ader, welche den einen Aſt in die Hoͤhe, und den an- dern herab wirft (e).
Um unſern Vortrag ſo einfach als moͤglich zu ma- chen, ſo wollen wir bei der Huͤfte ſtehen bleiben. Es ſtrekkt ſich die klopfende Schlagader in die Hoͤhe und niederwaͤrts aus, und ſie ſtoͤßt auf die Knorpelrinde loß; ſie bewegt ſich einer Seits gegen die Knochenpfanne, und andrer Seits gegen den Schienknochen. Dieſe Rinde ſpringt elaſtiſch zuruͤkke, wegen des Widerſtandes der Pfanne, und wird duͤnner, ſie ſpringt kurz darauf, wenn die Schlagader zur Ruhe koͤmmt, wieder zuruͤkke, und dehnt ſich aus. Es vermindern ſich aber alle Glied- maſſen auf eine kegelfoͤrmige Art gegen die Zeen zu. Es druͤkkt daher die elaſtiſche Kraft des obern Huͤftenknor- pels die Huͤfte wieder hernieder, und ſtoͤſſet ſie gegen den Schienknochen, um die ganze Kette der uͤbrigen Kno- chen des Schenkels auszudehnen. Es widerſteht das Schienbein der Fuswurzel, oder Mittelfuß, wiewohl ſchwaͤ- cher, indem die Huͤfte eine groͤſſere Schlagader, und
der
(d)[Spaltenumbruch]MONRO of the bones p. 38. &c.
(e)[Spaltenumbruch]Form. des os p. 256.
H. Phiſiol. 8. B. G g g
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[831[833]/0885]
I. Abſ. Das Wachſen des Koͤrpers.
ret naͤmlich das Wachſen zu derjenigen Zeit auf, wenn
ſich alle Knochenanſaͤzze der langen Knochen an dem
menſchlichen Koͤrper in duͤnne und knorplige Rinden ver-
wandelt haben, indeſſen daß noch die uͤbrige Laͤnge (d)
knochig iſt. Gemeiniglich faͤllt dieſes in das zwanzigſte
Jahr ein.
Vielleicht habe ich die Erlaubniß, hier eine Muth-
maſſung vorzutragen. Es iſt naͤmlich kein Zweifel, daß
nicht waͤhrend der Erweiterung der Schlagadern, das
vom Herzen angetriebene Blut die Gliedmaſſen laͤnger
machen ſollte. Es koͤmmt hier aber noch eine andere
Urſache mit hinzu.
Die Knochen wachſen von dem Stoſſe ihrer Schlag-
ader, welche den einen Aſt in die Hoͤhe, und den an-
dern herab wirft (e).
Um unſern Vortrag ſo einfach als moͤglich zu ma-
chen, ſo wollen wir bei der Huͤfte ſtehen bleiben. Es
ſtrekkt ſich die klopfende Schlagader in die Hoͤhe und
niederwaͤrts aus, und ſie ſtoͤßt auf die Knorpelrinde loß;
ſie bewegt ſich einer Seits gegen die Knochenpfanne, und
andrer Seits gegen den Schienknochen. Dieſe Rinde
ſpringt elaſtiſch zuruͤkke, wegen des Widerſtandes der
Pfanne, und wird duͤnner, ſie ſpringt kurz darauf, wenn
die Schlagader zur Ruhe koͤmmt, wieder zuruͤkke, und
dehnt ſich aus. Es vermindern ſich aber alle Glied-
maſſen auf eine kegelfoͤrmige Art gegen die Zeen zu. Es
druͤkkt daher die elaſtiſche Kraft des obern Huͤftenknor-
pels die Huͤfte wieder hernieder, und ſtoͤſſet ſie gegen den
Schienknochen, um die ganze Kette der uͤbrigen Kno-
chen des Schenkels auszudehnen. Es widerſteht das
Schienbein der Fuswurzel, oder Mittelfuß, wiewohl ſchwaͤ-
cher, indem die Huͤfte eine groͤſſere Schlagader, und
der
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38. &c.
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Form. des os p. 256.
H. Phiſiol. 8. B. G g g
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 8. Berlin, 1776, S. 831[833]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende08_1776/885>, abgerufen am 22.11.2024.
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