blos die Gefässe derselben aus, an den Sehnen und endlich überall wo sie sich aussprizzen lassen.
Die Betrachtung von der Ursache dieses Zusammen- wachsens lehrte unserm Lehrer dasjenige, was hier fol- gen wird. Es drükkt das Blut der Aorte oder einer jeden andern grossen Schlagader, wenn dasselbe mitten durch die grosse Röhre, vermittelst der grossen Stärke des Herzens, getrieben wird, mit einer grössern Gewalt die Gefässe ihrer Häute, und insonderheit des äussern Fa- dengewebes zusammen; hingegen widerstehen diese Ge- fässe nur mit einer kleinern Kraft, da sie klein sind, und das Blut von den kleinen Schlagaderästen mit geringe- rer Geschwindigkeit empfangen. Das erste ist also, daß die gedrükkte Gefäßchens leer werden, und das nächste, daß sie zusammenwachsen.
Alle Gefässe, und selbst die sehr grossen verwachsen, wenn sie leer sind, ohne eben grosse Zwischenzeiten nöthig zu haben. Von den Nabelgefässen ist dieses bekannt (g); so wie von dem Schlagadergang (h), und man weiß die- ses ebenfalls von Schlagadern, welche bei Wunden durch eine Schnur gebunden worden. Doch man weiß auch dieses ebenfalls von dem allgemeinen Gallengange (i), von dem Gekrösdrüsengange (k), von dem Harngange (l), von den Speichelgängen (m), und von den Thränen- gängen.
Es ist nemlich diesen Gefässen allen gemein, daß der wenige Saft, welcher von ihrem Drukk noch übrig bleibt, ein polyposes Wesen an sich nimmt, wenn er Blut ge- wesen, und daß er zu einem Faserfleische, und zu einer Art von falscher Haut wird, dergleichen man an den Na-
bel-
(g)L. XX. p 16.
(h)p. 2 3.
(i)CAMERICENUS bei dem MATTHIOL. Epist. L. V. p. 323.
(k)BRUNNER pancreat. p. 162. tab. 7. g. g g.
(l)[Spaltenumbruch]P. v der BUSSCHE de cal- cul Leid. 1673 Phil. trans. n. 449. 331. 474. ALBRECHT obs. 12. RUYSCH thes. IX. n. 101.
(m)SPRINGFELD coalesc. part. p. 34. überhaupt ZELLER pulm. subsid. p. 12. u. s. w.
Leben u. Tod der Menſchen. XXX. B.
blos die Gefaͤſſe derſelben aus, an den Sehnen und endlich uͤberall wo ſie ſich ausſprizzen laſſen.
Die Betrachtung von der Urſache dieſes Zuſammen- wachſens lehrte unſerm Lehrer dasjenige, was hier fol- gen wird. Es druͤkkt das Blut der Aorte oder einer jeden andern groſſen Schlagader, wenn daſſelbe mitten durch die groſſe Roͤhre, vermittelſt der groſſen Staͤrke des Herzens, getrieben wird, mit einer groͤſſern Gewalt die Gefaͤſſe ihrer Haͤute, und inſonderheit des aͤuſſern Fa- dengewebes zuſammen; hingegen widerſtehen dieſe Ge- faͤſſe nur mit einer kleinern Kraft, da ſie klein ſind, und das Blut von den kleinen Schlagaderaͤſten mit geringe- rer Geſchwindigkeit empfangen. Das erſte iſt alſo, daß die gedruͤkkte Gefaͤßchens leer werden, und das naͤchſte, daß ſie zuſammenwachſen.
Alle Gefaͤſſe, und ſelbſt die ſehr groſſen verwachſen, wenn ſie leer ſind, ohne eben groſſe Zwiſchenzeiten noͤthig zu haben. Von den Nabelgefaͤſſen iſt dieſes bekannt (g); ſo wie von dem Schlagadergang (h), und man weiß die- ſes ebenfalls von Schlagadern, welche bei Wunden durch eine Schnur gebunden worden. Doch man weiß auch dieſes ebenfalls von dem allgemeinen Gallengange (i), von dem Gekroͤsdruͤſengange (k), von dem Harngange (l), von den Speichelgaͤngen (m), und von den Thraͤnen- gaͤngen.
Es iſt nemlich dieſen Gefaͤſſen allen gemein, daß der wenige Saft, welcher von ihrem Drukk noch uͤbrig bleibt, ein polypoſes Weſen an ſich nimmt, wenn er Blut ge- weſen, und daß er zu einem Faſerfleiſche, und zu einer Art von falſcher Haut wird, dergleichen man an den Na-
bel-
(g)L. XX. p 16.
(h)p. 2 3.
(i)CAMERICENUS bei dem MATTHIOL. Epiſt. L. V. p. 323.
(k)BRUNNER pancreat. p. 162. tab. 7. g. g g.
(l)[Spaltenumbruch]P. v der BUSSCHE de cal- cul Leid. 1673 Phil. tranſ. n. 449. 331. 474. ALBRECHT obſ. 12. RUYSCH theſ. IX. n. 101.
(m)SPRINGFELD coaleſc. part. p. 34. uͤberhaupt ZELLER pulm. ſubſid. p. 12. u. ſ. w.
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[822[824]/0876]
Leben u. Tod der Menſchen. XXX. B.
blos die Gefaͤſſe derſelben aus, an den Sehnen und
endlich uͤberall wo ſie ſich ausſprizzen laſſen.
Die Betrachtung von der Urſache dieſes Zuſammen-
wachſens lehrte unſerm Lehrer dasjenige, was hier fol-
gen wird. Es druͤkkt das Blut der Aorte oder einer
jeden andern groſſen Schlagader, wenn daſſelbe mitten
durch die groſſe Roͤhre, vermittelſt der groſſen Staͤrke des
Herzens, getrieben wird, mit einer groͤſſern Gewalt die
Gefaͤſſe ihrer Haͤute, und inſonderheit des aͤuſſern Fa-
dengewebes zuſammen; hingegen widerſtehen dieſe Ge-
faͤſſe nur mit einer kleinern Kraft, da ſie klein ſind, und
das Blut von den kleinen Schlagaderaͤſten mit geringe-
rer Geſchwindigkeit empfangen. Das erſte iſt alſo, daß
die gedruͤkkte Gefaͤßchens leer werden, und das naͤchſte,
daß ſie zuſammenwachſen.
Alle Gefaͤſſe, und ſelbſt die ſehr groſſen verwachſen,
wenn ſie leer ſind, ohne eben groſſe Zwiſchenzeiten noͤthig
zu haben. Von den Nabelgefaͤſſen iſt dieſes bekannt (g);
ſo wie von dem Schlagadergang (h), und man weiß die-
ſes ebenfalls von Schlagadern, welche bei Wunden durch
eine Schnur gebunden worden. Doch man weiß auch
dieſes ebenfalls von dem allgemeinen Gallengange (i),
von dem Gekroͤsdruͤſengange (k), von dem Harngange (l),
von den Speichelgaͤngen (m), und von den Thraͤnen-
gaͤngen.
Es iſt nemlich dieſen Gefaͤſſen allen gemein, daß der
wenige Saft, welcher von ihrem Drukk noch uͤbrig bleibt,
ein polypoſes Weſen an ſich nimmt, wenn er Blut ge-
weſen, und daß er zu einem Faſerfleiſche, und zu einer
Art von falſcher Haut wird, dergleichen man an den Na-
bel-
(g) L. XX. p 16.
(h) p. 2 3.
(i) CAMERICENUS bei dem
MATTHIOL. Epiſt. L. V. p. 323.
(k) BRUNNER pancreat. p. 162.
tab. 7. g. g g.
(l)
P. v der BUSSCHE de cal-
cul Leid. 1673 Phil. tranſ. n. 449.
331. 474. ALBRECHT obſ. 12.
RUYSCH theſ. IX. n. 101.
(m) SPRINGFELD coaleſc.
part. p. 34. uͤberhaupt ZELLER
pulm. ſubſid. p. 12. u. ſ. w.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 8. Berlin, 1776, S. 822[824]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende08_1776/876>, abgerufen am 22.11.2024.
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