ser (g) und rechter Winkel (h) sogleich nach der Geburt seyn soll; es scheinen mir aber beide Cänäle fast den Au- genblick ihren stumpfen Winkel wieder herzustellen.
§. 15. Die Milch.
Wir haben bereits von der Erzeugung der Milch ge- redet, welche bereits in einer schwangern Frauensperson zu entstehen anfängt, bei einer Kindbetterin aber über- flüßig aus den Brüsten quillt, nachdem die Frucht weg- geschaft worden, und die Nahrungsmilch, welche bisher die Mutter ihrer Frucht mittheilte, nunmehr zu einer Vollblütigkeit geworden.
Diesen Chilus versteht das kleine Kind, vermöge des Unterrichtes von der Natur selbst, und nach dem Exempel der Thiere einzusaugen (a). Es ergreift nämlich die Warze mit seinen kleinen Lippen, durch das Reizen nö- thiget es dieselbe sich zu erheben; es drückt diese, sich he- bende Warze zusammen; und auf solche Art fließt das- jenige was sich hinter den Lippen befindet, in den Mund; und die Kräfte des Niederschluckens leiten endlich diese Milch in den Magen hinab. Hierauf läßt das Kind die Warze wieder los: und es schießt in denjenigen Theil derselben, welchen das Kind mit dem Munde gefaßt hatte, welcher aber jetzt ausgeleert worden, und weniger Widerstand thut, aus der Brust der Mutter eine über- flüßig vorräthige Milch nach, welche ebenfalls von denen aufs ueue zusammengedrükkten Lippen in den Mund des Kindes ausgepresset wird. Auf solche Art lernt das Kind für das erste Bedürfniß seines Lebens zu sorgen; nicht weil dasselbe nach der Erklärung des gegenwärtigen Zeit- alters, seine Muskeln durch häufigen Gebrauch anzu-
wen-
(g)[Spaltenumbruch]LEVRET p. 301.
(h)Ibid. p. 27.
(a)[Spaltenumbruch]L. VIII. p. 296.
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V. Abſ. Die Geburt.
ſer (g) und rechter Winkel (h) ſogleich nach der Geburt ſeyn ſoll; es ſcheinen mir aber beide Caͤnaͤle faſt den Au- genblick ihren ſtumpfen Winkel wieder herzuſtellen.
§. 15. Die Milch.
Wir haben bereits von der Erzeugung der Milch ge- redet, welche bereits in einer ſchwangern Frauensperſon zu entſtehen anfaͤngt, bei einer Kindbetterin aber uͤber- fluͤßig aus den Bruͤſten quillt, nachdem die Frucht weg- geſchaft worden, und die Nahrungsmilch, welche bisher die Mutter ihrer Frucht mittheilte, nunmehr zu einer Vollbluͤtigkeit geworden.
Dieſen Chilus verſteht das kleine Kind, vermoͤge des Unterrichtes von der Natur ſelbſt, und nach dem Exempel der Thiere einzuſaugen (a). Es ergreift naͤmlich die Warze mit ſeinen kleinen Lippen, durch das Reizen noͤ- thiget es dieſelbe ſich zu erheben; es druͤckt dieſe, ſich he- bende Warze zuſammen; und auf ſolche Art fließt das- jenige was ſich hinter den Lippen befindet, in den Mund; und die Kraͤfte des Niederſchluckens leiten endlich dieſe Milch in den Magen hinab. Hierauf laͤßt das Kind die Warze wieder los: und es ſchießt in denjenigen Theil derſelben, welchen das Kind mit dem Munde gefaßt hatte, welcher aber jetzt ausgeleert worden, und weniger Widerſtand thut, aus der Bruſt der Mutter eine uͤber- fluͤßig vorraͤthige Milch nach, welche ebenfalls von denen aufs ueue zuſammengedruͤkkten Lippen in den Mund des Kindes ausgepreſſet wird. Auf ſolche Art lernt das Kind fuͤr das erſte Beduͤrfniß ſeines Lebens zu ſorgen; nicht weil daſſelbe nach der Erklaͤrung des gegenwaͤrtigen Zeit- alters, ſeine Muskeln durch haͤufigen Gebrauch anzu-
wen-
(g)[Spaltenumbruch]LEVRET p. 301.
(h)Ibid. p. 27.
(a)[Spaltenumbruch]L. VIII. p. 296.
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[757[759]/0811]
V. Abſ. Die Geburt.
ſer (g) und rechter Winkel (h) ſogleich nach der Geburt
ſeyn ſoll; es ſcheinen mir aber beide Caͤnaͤle faſt den Au-
genblick ihren ſtumpfen Winkel wieder herzuſtellen.
§. 15.
Die Milch.
Wir haben bereits von der Erzeugung der Milch ge-
redet, welche bereits in einer ſchwangern Frauensperſon
zu entſtehen anfaͤngt, bei einer Kindbetterin aber uͤber-
fluͤßig aus den Bruͤſten quillt, nachdem die Frucht weg-
geſchaft worden, und die Nahrungsmilch, welche bisher
die Mutter ihrer Frucht mittheilte, nunmehr zu einer
Vollbluͤtigkeit geworden.
Dieſen Chilus verſteht das kleine Kind, vermoͤge des
Unterrichtes von der Natur ſelbſt, und nach dem Exempel
der Thiere einzuſaugen (a). Es ergreift naͤmlich die
Warze mit ſeinen kleinen Lippen, durch das Reizen noͤ-
thiget es dieſelbe ſich zu erheben; es druͤckt dieſe, ſich he-
bende Warze zuſammen; und auf ſolche Art fließt das-
jenige was ſich hinter den Lippen befindet, in den Mund;
und die Kraͤfte des Niederſchluckens leiten endlich dieſe
Milch in den Magen hinab. Hierauf laͤßt das Kind
die Warze wieder los: und es ſchießt in denjenigen Theil
derſelben, welchen das Kind mit dem Munde gefaßt
hatte, welcher aber jetzt ausgeleert worden, und weniger
Widerſtand thut, aus der Bruſt der Mutter eine uͤber-
fluͤßig vorraͤthige Milch nach, welche ebenfalls von denen
aufs ueue zuſammengedruͤkkten Lippen in den Mund des
Kindes ausgepreſſet wird. Auf ſolche Art lernt das Kind
fuͤr das erſte Beduͤrfniß ſeines Lebens zu ſorgen; nicht
weil daſſelbe nach der Erklaͤrung des gegenwaͤrtigen Zeit-
alters, ſeine Muskeln durch haͤufigen Gebrauch anzu-
wen-
(g)
LEVRET p. 301.
(h) Ibid. p. 27.
(a)
L. VIII. p. 296.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 8. Berlin, 1776, S. 757[759]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende08_1776/811>, abgerufen am 22.11.2024.
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