Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 8. Berlin, 1776.

Bild:
<< vorherige Seite
V. Abs. Die Geburt.

Ungemein selten ist es, den Kuchen ohne Blut her-
aus zu ziehen, und daß weiter nichts als Salzwasser dar-
auf folgen sollte (h).

Nachdem der Kuchen herausgezogen worden, so ste-
het der Mund der Gebärmutter weit offen (i) und macht
mit der Scheide eine, in einem Stükke fortgehende Röhre
aus.

Jch habe gesehen, daß dieser Mund die Breite von
zween Zollen, und von meiner eigenen Hand hatte.

Wider die plözzliche Zufälle hat man noch bisher
kein Mittel erfinden können: in Holland (k) schnüret
man mit einem dazu verfertigten Gürtel den Unterleib
der Kindbetterinn feste (l), um diejenige Ursache des To-
des dadurch abzuwenden, welches eben diejenige ist, wel-
che den traurigen Erfolg des Brustschnittes beschleuniget;
man glaubt nämlich, daß das Blut, welches die schnü-
rende Kraft der Gebärmutter, von den untern Gliedern
zurükke leitet, und in die obern Schlagadern hineintreibt,
nunmehr von diesem Drukke, fast in einem einzigen Au-
genblikke befreyet werde, und Kraft der Ableitung in
die untere Gefässe mit seiner ganzen Macht herabstürze,
und durch dieselbe stromweise ausfliesse.

Diese tödtliche Revulsion hält schon die fast horizon-
tale Lage im Bette selbst auf, indem selbige das Blut nicht
sehr in die untern Theile herabzieht. Andere geben den
Rath (m), den Leib und die Gebärmuter mit den Hän-
den zusammen zu drükken, um dadurch die Bemühung
der Gebärmutter, sich zusammen zu ziehen, zu erleichtern.

Es
(h) [Spaltenumbruch] TITSING diana 737.
(i) RUYSCH advers. II. n. 10.
p. 31. DIONIS p. 54. Art. de faire
les raports p. 445. THIERRY
bis
auf vier Zoll weit Conf. p. 431.
(k) BOERHAAVE praelat. ad
n. 686. &c. GORTER van Sluy-
thand.
(l) Wegen einer andern Ursache,
[Spaltenumbruch] und um eine zierliche Statur zu
erhalten MAURICEAU p. 376. 377.
er will aber ein weiches Band, und
nur in den ersten 15 Tagen tragen
lassen. La MOTTEL. V. c. 9.
not. &
lobt es nicht, und hält es
für eine gefährliche Hülfe.
(m) Journ. des Savans ann.
1722. m. Aug.
V. Abſ. Die Geburt.

Ungemein ſelten iſt es, den Kuchen ohne Blut her-
aus zu ziehen, und daß weiter nichts als Salzwaſſer dar-
auf folgen ſollte (h).

Nachdem der Kuchen herausgezogen worden, ſo ſte-
het der Mund der Gebaͤrmutter weit offen (i) und macht
mit der Scheide eine, in einem Stuͤkke fortgehende Roͤhre
aus.

Jch habe geſehen, daß dieſer Mund die Breite von
zween Zollen, und von meiner eigenen Hand hatte.

Wider die ploͤzzliche Zufaͤlle hat man noch bisher
kein Mittel erfinden koͤnnen: in Holland (k) ſchnuͤret
man mit einem dazu verfertigten Guͤrtel den Unterleib
der Kindbetterinn feſte (l), um diejenige Urſache des To-
des dadurch abzuwenden, welches eben diejenige iſt, wel-
che den traurigen Erfolg des Bruſtſchnittes beſchleuniget;
man glaubt naͤmlich, daß das Blut, welches die ſchnuͤ-
rende Kraft der Gebaͤrmutter, von den untern Gliedern
zuruͤkke leitet, und in die obern Schlagadern hineintreibt,
nunmehr von dieſem Drukke, faſt in einem einzigen Au-
genblikke befreyet werde, und Kraft der Ableitung in
die untere Gefaͤſſe mit ſeiner ganzen Macht herabſtuͤrze,
und durch dieſelbe ſtromweiſe ausflieſſe.

Dieſe toͤdtliche Revulſion haͤlt ſchon die faſt horizon-
tale Lage im Bette ſelbſt auf, indem ſelbige das Blut nicht
ſehr in die untern Theile herabzieht. Andere geben den
Rath (m), den Leib und die Gebaͤrmuter mit den Haͤn-
den zuſammen zu druͤkken, um dadurch die Bemuͤhung
der Gebaͤrmutter, ſich zuſammen zu ziehen, zu erleichtern.

Es
(h) [Spaltenumbruch] TITSING diana 737.
(i) RUYSCH adverſ. II. n. 10.
p. 31. DIONIS p. 54. Art. de faire
les raports p. 445. THIERRY
bis
auf vier Zoll weit Conf. p. 431.
(k) BOERHAAVE prælat. ad
n. 686. &c. GORTER van Sluy-
thand.
(l) Wegen einer andern Urſache,
[Spaltenumbruch] und um eine zierliche Statur zu
erhalten MAURICEAU p. 376. 377.
er will aber ein weiches Band, und
nur in den erſten 15 Tagen tragen
laſſen. La MOTTEL. V. c. 9.
not. &
lobt es nicht, und haͤlt es
fuͤr eine gefaͤhrliche Huͤlfe.
(m) Journ. des Savans ann.
1722. m. Aug.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <pb facs="#f0803" n="749[751]"/>
              <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">V.</hi> Ab&#x017F;. Die Geburt.</hi> </fw><lb/>
              <p>Ungemein &#x017F;elten i&#x017F;t es, den Kuchen ohne Blut her-<lb/>
aus zu ziehen, und daß weiter nichts als Salzwa&#x017F;&#x017F;er dar-<lb/>
auf folgen &#x017F;ollte <note place="foot" n="(h)"><cb/><hi rendition="#aq">TITSING diana</hi> 737.</note>.</p><lb/>
              <p>Nachdem der Kuchen herausgezogen worden, &#x017F;o &#x017F;te-<lb/>
het der Mund der Geba&#x0364;rmutter weit offen <note place="foot" n="(i)"><hi rendition="#aq">RUYSCH adver&#x017F;. II. n. 10.<lb/>
p. 31. DIONIS p. 54. Art. de faire<lb/>
les raports p. 445. THIERRY</hi> bis<lb/>
auf vier Zoll weit <hi rendition="#aq">Conf. p.</hi> 431.</note> und macht<lb/>
mit der Scheide eine, in einem Stu&#x0364;kke fortgehende Ro&#x0364;hre<lb/>
aus.</p><lb/>
              <p>Jch habe ge&#x017F;ehen, daß die&#x017F;er Mund die Breite von<lb/>
zween Zollen, und von meiner eigenen Hand hatte.</p><lb/>
              <p>Wider die plo&#x0364;zzliche Zufa&#x0364;lle hat man noch bisher<lb/>
kein Mittel erfinden ko&#x0364;nnen: in Holland <note place="foot" n="(k)"><hi rendition="#aq">BOERHAAVE prælat. ad<lb/>
n. 686. &amp;c. GORTER van Sluy-<lb/>
thand.</hi></note> &#x017F;chnu&#x0364;ret<lb/>
man mit einem dazu verfertigten Gu&#x0364;rtel den Unterleib<lb/>
der Kindbetterinn fe&#x017F;te <note place="foot" n="(l)">Wegen einer andern Ur&#x017F;ache,<lb/><cb/>
und um eine zierliche Statur zu<lb/>
erhalten <hi rendition="#aq">MAURICEAU p.</hi> 376. 377.<lb/>
er will aber ein weiches Band, und<lb/>
nur in den er&#x017F;ten 15 Tagen tragen<lb/>
la&#x017F;&#x017F;en. <hi rendition="#aq">La <hi rendition="#g">MOTTEL.</hi> V. c. 9.<lb/>
not. &amp;</hi> lobt es nicht, und ha&#x0364;lt es<lb/>
fu&#x0364;r eine gefa&#x0364;hrliche Hu&#x0364;lfe.</note>, um diejenige Ur&#x017F;ache des To-<lb/>
des dadurch abzuwenden, welches eben diejenige i&#x017F;t, wel-<lb/>
che den traurigen Erfolg des Bru&#x017F;t&#x017F;chnittes be&#x017F;chleuniget;<lb/>
man glaubt na&#x0364;mlich, daß das Blut, welches die &#x017F;chnu&#x0364;-<lb/>
rende Kraft der Geba&#x0364;rmutter, von den untern Gliedern<lb/>
zuru&#x0364;kke leitet, und in die obern Schlagadern hineintreibt,<lb/>
nunmehr von die&#x017F;em Drukke, fa&#x017F;t in einem einzigen Au-<lb/>
genblikke befreyet werde, und Kraft der Ableitung in<lb/>
die untere Gefa&#x0364;&#x017F;&#x017F;e mit &#x017F;einer ganzen Macht herab&#x017F;tu&#x0364;rze,<lb/>
und durch die&#x017F;elbe &#x017F;tromwei&#x017F;e ausflie&#x017F;&#x017F;e.</p><lb/>
              <p>Die&#x017F;e to&#x0364;dtliche Revul&#x017F;ion ha&#x0364;lt &#x017F;chon die fa&#x017F;t horizon-<lb/>
tale Lage im Bette &#x017F;elb&#x017F;t auf, indem &#x017F;elbige das Blut nicht<lb/>
&#x017F;ehr in die untern Theile herabzieht. Andere geben den<lb/>
Rath <note place="foot" n="(m)"><hi rendition="#aq">Journ. des Savans ann.<lb/>
1722. m. Aug.</hi></note>, den Leib und die Geba&#x0364;rmuter mit den Ha&#x0364;n-<lb/>
den zu&#x017F;ammen zu dru&#x0364;kken, um dadurch die Bemu&#x0364;hung<lb/>
der Geba&#x0364;rmutter, &#x017F;ich zu&#x017F;ammen zu ziehen, zu erleichtern.</p><lb/>
              <fw place="bottom" type="catch">Es</fw><lb/>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[749[751]/0803] V. Abſ. Die Geburt. Ungemein ſelten iſt es, den Kuchen ohne Blut her- aus zu ziehen, und daß weiter nichts als Salzwaſſer dar- auf folgen ſollte (h). Nachdem der Kuchen herausgezogen worden, ſo ſte- het der Mund der Gebaͤrmutter weit offen (i) und macht mit der Scheide eine, in einem Stuͤkke fortgehende Roͤhre aus. Jch habe geſehen, daß dieſer Mund die Breite von zween Zollen, und von meiner eigenen Hand hatte. Wider die ploͤzzliche Zufaͤlle hat man noch bisher kein Mittel erfinden koͤnnen: in Holland (k) ſchnuͤret man mit einem dazu verfertigten Guͤrtel den Unterleib der Kindbetterinn feſte (l), um diejenige Urſache des To- des dadurch abzuwenden, welches eben diejenige iſt, wel- che den traurigen Erfolg des Bruſtſchnittes beſchleuniget; man glaubt naͤmlich, daß das Blut, welches die ſchnuͤ- rende Kraft der Gebaͤrmutter, von den untern Gliedern zuruͤkke leitet, und in die obern Schlagadern hineintreibt, nunmehr von dieſem Drukke, faſt in einem einzigen Au- genblikke befreyet werde, und Kraft der Ableitung in die untere Gefaͤſſe mit ſeiner ganzen Macht herabſtuͤrze, und durch dieſelbe ſtromweiſe ausflieſſe. Dieſe toͤdtliche Revulſion haͤlt ſchon die faſt horizon- tale Lage im Bette ſelbſt auf, indem ſelbige das Blut nicht ſehr in die untern Theile herabzieht. Andere geben den Rath (m), den Leib und die Gebaͤrmuter mit den Haͤn- den zuſammen zu druͤkken, um dadurch die Bemuͤhung der Gebaͤrmutter, ſich zuſammen zu ziehen, zu erleichtern. Es (h) TITSING diana 737. (i) RUYSCH adverſ. II. n. 10. p. 31. DIONIS p. 54. Art. de faire les raports p. 445. THIERRY bis auf vier Zoll weit Conf. p. 431. (k) BOERHAAVE prælat. ad n. 686. &c. GORTER van Sluy- thand. (l) Wegen einer andern Urſache, und um eine zierliche Statur zu erhalten MAURICEAU p. 376. 377. er will aber ein weiches Band, und nur in den erſten 15 Tagen tragen laſſen. La MOTTEL. V. c. 9. not. & lobt es nicht, und haͤlt es fuͤr eine gefaͤhrliche Huͤlfe. (m) Journ. des Savans ann. 1722. m. Aug.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende08_1776
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende08_1776/803
Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 8. Berlin, 1776, S. 749[751]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende08_1776/803>, abgerufen am 22.07.2024.