Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 8. Berlin, 1776.

Bild:
<< vorherige Seite

IV. Abs. Das Leben der Frucht.
haupt die harten von den noch so weichen verändern las-
sen, und die allerhärtesten von dem zärtesten Brei Ein-
drükke bekommen. So graben sich nicht nur die Schlag-
adern (k) der harten Gehirnhaut an der Hirnschale da-
durch Furchen aus, daß sie durch ihr Klopfen die Kraft
der Nahrung, so die Knochen ausdehnt, überwältigen,
sondern sie lassen auch nicht dieselben an der Stelle wach-
sen, wo sie durch das Klopfen Widerstand thun. Eben
so hinterläßt auch der Spindelnerve an der Schulter
seine Spur, und es gräbt sich an dem Halswirbel die
Wirbelbeinschlagader einen tiefen Kanal aus, um wel-
chen sie sich herumbiegt: das Gehirn drükket von seinen
Darmwindungen deutliche Merkmale in dem Stirnkno-
chen ein, und das verlängerte Mark bezeichnet endlich
seinen Ausgang aus dem keilförmigen Fortsazze mit ei-
ner sehr glatten Rinne. Dieses ereugnet sich zwar nicht
an der Frucht, da die Spuren die Grösse von erwachse-
nen Gefässen an sich haben, und an der Frucht noch
nicht zu sehen sind. Doch es erhellet überhaupt, daß,
so oft eine starke Nahrung zu irgend einem Theile durch
grosse und nährende Schlagadern hingeführet wird, daß
alsdenn die benachbarten Theile, in denen sich die näh-
rende Theile langsamer und schwächer bewegen, und in
kleinen Gefässen zugeführet werden, der stärkern Gewalt
nachgeben, und die Figur von demjenigen Theile an sich
nehmen, welcher grössere und stärkere Gewalt hat.

Auch Muskeln verwandeln sich, vermöge der Pres-
sung in Sehnen, indem ohne alle Ausnahme, die Seite
eines Muskels zur Sehne wird, an welche sich ein an-
derer starker Muskel anschließt; gemeiniglich bezeichnen
sich beide Muskeln mit einer sehnigen Oberfläche, wenn

beide,
(k) [Spaltenumbruch] L. X. p. 116. der Eindrukk
für die Schläfenarterie in den Sei-
tenknochen TARIN osteogr. t. 8.
[Spaltenumbruch] f. 7. von den Gefässen war die
Hirnschale so dünne, und fast durch-
bort Idem praef. T. IX.

IV. Abſ. Das Leben der Frucht.
haupt die harten von den noch ſo weichen veraͤndern laſ-
ſen, und die allerhaͤrteſten von dem zaͤrteſten Brei Ein-
druͤkke bekommen. So graben ſich nicht nur die Schlag-
adern (k) der harten Gehirnhaut an der Hirnſchale da-
durch Furchen aus, daß ſie durch ihr Klopfen die Kraft
der Nahrung, ſo die Knochen ausdehnt, uͤberwaͤltigen,
ſondern ſie laſſen auch nicht dieſelben an der Stelle wach-
ſen, wo ſie durch das Klopfen Widerſtand thun. Eben
ſo hinterlaͤßt auch der Spindelnerve an der Schulter
ſeine Spur, und es graͤbt ſich an dem Halswirbel die
Wirbelbeinſchlagader einen tiefen Kanal aus, um wel-
chen ſie ſich herumbiegt: das Gehirn druͤkket von ſeinen
Darmwindungen deutliche Merkmale in dem Stirnkno-
chen ein, und das verlaͤngerte Mark bezeichnet endlich
ſeinen Ausgang aus dem keilfoͤrmigen Fortſazze mit ei-
ner ſehr glatten Rinne. Dieſes ereugnet ſich zwar nicht
an der Frucht, da die Spuren die Groͤſſe von erwachſe-
nen Gefaͤſſen an ſich haben, und an der Frucht noch
nicht zu ſehen ſind. Doch es erhellet uͤberhaupt, daß,
ſo oft eine ſtarke Nahrung zu irgend einem Theile durch
groſſe und naͤhrende Schlagadern hingefuͤhret wird, daß
alsdenn die benachbarten Theile, in denen ſich die naͤh-
rende Theile langſamer und ſchwaͤcher bewegen, und in
kleinen Gefaͤſſen zugefuͤhret werden, der ſtaͤrkern Gewalt
nachgeben, und die Figur von demjenigen Theile an ſich
nehmen, welcher groͤſſere und ſtaͤrkere Gewalt hat.

Auch Muskeln verwandeln ſich, vermoͤge der Preſ-
ſung in Sehnen, indem ohne alle Ausnahme, die Seite
eines Muskels zur Sehne wird, an welche ſich ein an-
derer ſtarker Muskel anſchließt; gemeiniglich bezeichnen
ſich beide Muskeln mit einer ſehnigen Oberflaͤche, wenn

beide,
(k) [Spaltenumbruch] L. X. p. 116. der Eindrukk
fuͤr die Schlaͤfenarterie in den Sei-
tenknochen TARIN oſteogr. t. 8.
[Spaltenumbruch] f. 7. von den Gefaͤſſen war die
Hirnſchale ſo duͤnne, und faſt durch-
bort Idem praef. T. IX.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0561" n="507[509]"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">IV.</hi> Ab&#x017F;. Das Leben der Frucht.</hi></fw><lb/>
haupt die harten von den noch &#x017F;o weichen vera&#x0364;ndern la&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en, und die allerha&#x0364;rte&#x017F;ten von dem za&#x0364;rte&#x017F;ten Brei Ein-<lb/>
dru&#x0364;kke bekommen. So graben &#x017F;ich nicht nur die Schlag-<lb/>
adern <note place="foot" n="(k)"><cb/><hi rendition="#aq">L. X. p.</hi> 116. der Eindrukk<lb/>
fu&#x0364;r die Schla&#x0364;fenarterie in den Sei-<lb/>
tenknochen <hi rendition="#aq">TARIN o&#x017F;teogr. t.</hi> 8.<lb/><cb/> <hi rendition="#aq">f.</hi> 7. von den Gefa&#x0364;&#x017F;&#x017F;en war die<lb/>
Hirn&#x017F;chale &#x017F;o du&#x0364;nne, und fa&#x017F;t durch-<lb/>
bort <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Idem</hi> praef. T. IX.</hi></note> der harten Gehirnhaut an der Hirn&#x017F;chale da-<lb/>
durch Furchen aus, daß &#x017F;ie durch ihr Klopfen die Kraft<lb/>
der Nahrung, &#x017F;o die Knochen ausdehnt, u&#x0364;berwa&#x0364;ltigen,<lb/>
&#x017F;ondern &#x017F;ie la&#x017F;&#x017F;en auch nicht die&#x017F;elben an der Stelle wach-<lb/>
&#x017F;en, wo &#x017F;ie durch das Klopfen Wider&#x017F;tand thun. Eben<lb/>
&#x017F;o hinterla&#x0364;ßt auch der Spindelnerve an der Schulter<lb/>
&#x017F;eine Spur, und es gra&#x0364;bt &#x017F;ich an dem Halswirbel die<lb/>
Wirbelbein&#x017F;chlagader einen tiefen Kanal aus, um wel-<lb/>
chen &#x017F;ie &#x017F;ich herumbiegt: das Gehirn dru&#x0364;kket von &#x017F;einen<lb/>
Darmwindungen deutliche Merkmale in dem Stirnkno-<lb/>
chen ein, und das verla&#x0364;ngerte Mark bezeichnet endlich<lb/>
&#x017F;einen Ausgang aus dem keilfo&#x0364;rmigen Fort&#x017F;azze mit ei-<lb/>
ner &#x017F;ehr glatten Rinne. Die&#x017F;es ereugnet &#x017F;ich zwar nicht<lb/>
an der Frucht, da die Spuren die Gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;e von erwach&#x017F;e-<lb/>
nen Gefa&#x0364;&#x017F;&#x017F;en an &#x017F;ich haben, und an der Frucht noch<lb/>
nicht zu &#x017F;ehen &#x017F;ind. Doch es erhellet u&#x0364;berhaupt, daß,<lb/>
&#x017F;o oft eine &#x017F;tarke Nahrung zu irgend einem Theile durch<lb/>
gro&#x017F;&#x017F;e und na&#x0364;hrende Schlagadern hingefu&#x0364;hret wird, daß<lb/>
alsdenn die benachbarten Theile, in denen &#x017F;ich die na&#x0364;h-<lb/>
rende Theile lang&#x017F;amer und &#x017F;chwa&#x0364;cher bewegen, und in<lb/>
kleinen Gefa&#x0364;&#x017F;&#x017F;en zugefu&#x0364;hret werden, der &#x017F;ta&#x0364;rkern Gewalt<lb/>
nachgeben, und die Figur von demjenigen Theile an &#x017F;ich<lb/>
nehmen, welcher gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;ere und &#x017F;ta&#x0364;rkere Gewalt hat.</p><lb/>
              <p>Auch Muskeln verwandeln &#x017F;ich, vermo&#x0364;ge der Pre&#x017F;-<lb/>
&#x017F;ung in Sehnen, indem ohne alle Ausnahme, die Seite<lb/>
eines Muskels zur Sehne wird, an welche &#x017F;ich ein an-<lb/>
derer &#x017F;tarker Muskel an&#x017F;chließt; gemeiniglich bezeichnen<lb/>
&#x017F;ich beide Muskeln mit einer &#x017F;ehnigen Oberfla&#x0364;che, wenn<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">beide,</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[507[509]/0561] IV. Abſ. Das Leben der Frucht. haupt die harten von den noch ſo weichen veraͤndern laſ- ſen, und die allerhaͤrteſten von dem zaͤrteſten Brei Ein- druͤkke bekommen. So graben ſich nicht nur die Schlag- adern (k) der harten Gehirnhaut an der Hirnſchale da- durch Furchen aus, daß ſie durch ihr Klopfen die Kraft der Nahrung, ſo die Knochen ausdehnt, uͤberwaͤltigen, ſondern ſie laſſen auch nicht dieſelben an der Stelle wach- ſen, wo ſie durch das Klopfen Widerſtand thun. Eben ſo hinterlaͤßt auch der Spindelnerve an der Schulter ſeine Spur, und es graͤbt ſich an dem Halswirbel die Wirbelbeinſchlagader einen tiefen Kanal aus, um wel- chen ſie ſich herumbiegt: das Gehirn druͤkket von ſeinen Darmwindungen deutliche Merkmale in dem Stirnkno- chen ein, und das verlaͤngerte Mark bezeichnet endlich ſeinen Ausgang aus dem keilfoͤrmigen Fortſazze mit ei- ner ſehr glatten Rinne. Dieſes ereugnet ſich zwar nicht an der Frucht, da die Spuren die Groͤſſe von erwachſe- nen Gefaͤſſen an ſich haben, und an der Frucht noch nicht zu ſehen ſind. Doch es erhellet uͤberhaupt, daß, ſo oft eine ſtarke Nahrung zu irgend einem Theile durch groſſe und naͤhrende Schlagadern hingefuͤhret wird, daß alsdenn die benachbarten Theile, in denen ſich die naͤh- rende Theile langſamer und ſchwaͤcher bewegen, und in kleinen Gefaͤſſen zugefuͤhret werden, der ſtaͤrkern Gewalt nachgeben, und die Figur von demjenigen Theile an ſich nehmen, welcher groͤſſere und ſtaͤrkere Gewalt hat. Auch Muskeln verwandeln ſich, vermoͤge der Preſ- ſung in Sehnen, indem ohne alle Ausnahme, die Seite eines Muskels zur Sehne wird, an welche ſich ein an- derer ſtarker Muskel anſchließt; gemeiniglich bezeichnen ſich beide Muskeln mit einer ſehnigen Oberflaͤche, wenn beide, (k) L. X. p. 116. der Eindrukk fuͤr die Schlaͤfenarterie in den Sei- tenknochen TARIN oſteogr. t. 8. f. 7. von den Gefaͤſſen war die Hirnſchale ſo duͤnne, und faſt durch- bort Idem praef. T. IX.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende08_1776
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende08_1776/561
Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 8. Berlin, 1776, S. 507[509]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende08_1776/561>, abgerufen am 23.11.2024.