Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 8. Berlin, 1776.

Bild:
<< vorherige Seite

IV. Abs. Das Leben der Frucht.
Lager verdrengt, dasjenige aber, was leimartig ist, zie-
het seine Grundstoffe näher an einander, diese greifen
fester in einander, da sie sich in einer grössern Oberfläche
berühren: und folglich wird davon die Schlagader dich-
ter gemacht. Am geschwindesten werden diese Verän-
derung die Schlagadern neben dem Herzen des Hühn-
chens erfahren, sie werden sich in ein festes undurchsich-
tiges Wesen verwandeln (f), indessen daß im übrigen
Körperchen die Schlagadern fast so dünne, als die Schlag-
adern sind. Man könnte hierinnen noch weiter gehen,
und glauben, daß die zwischen den halbaufgelösten Grund-
stoffen entstandene Grübchen, da wo selbige nach der
Oefnung einer Schlagader hingekehrt sind, und wo der
Anfall des Blutes die Grundstoffe zerstükket, weiter sind,
und nach der Art eines Kegels in den engen Grund zu-
sammen laufen; daß sich aber in diesen Grübchen, als
an einem, von der Achse der Schlagader mehr abgele-
genen Orte, welcher daher mehr Ruhe geniesset, die
Nahrung leichter ansezzt, und endlich dahin, als nach
dem Ende des, von dem Perpendikel führenden radii,
von der Seitenkraft hingetrieben wird.

Doch es wird nicht blos die Wand der Schlagader
zusammen gedrükkt, sondern auch die kleinen Hölungen
in dem herumliegenden Fadengewebe ausgedrükket, es
wird sich der flüßigere Theil von dem dikkern scheiden,
und in die Blutäderchen eingesogen werden; was aber
ziemlich dikke ist, wird sich einander näher kommen, und
ebenfalls berühren, und folglich wird dasselbe zugleich mit
der Schlagader feste werden. Und so wird sich der
Schleim in das Fadengewebe verwandeln.

Diese Würksamkeit wird sich bis auf die Muskelfa-
ser, und auf die membranöse Gewebe, ja so gar bis auf
die Knochen aller Orte erstrekken: und so wird das gal-

lert-
(f) Form. du poulet. II. p. 194.
H. Phisiol. 8. B. H h

IV. Abſ. Das Leben der Frucht.
Lager verdrengt, dasjenige aber, was leimartig iſt, zie-
het ſeine Grundſtoffe naͤher an einander, dieſe greifen
feſter in einander, da ſie ſich in einer groͤſſern Oberflaͤche
beruͤhren: und folglich wird davon die Schlagader dich-
ter gemacht. Am geſchwindeſten werden dieſe Veraͤn-
derung die Schlagadern neben dem Herzen des Huͤhn-
chens erfahren, ſie werden ſich in ein feſtes undurchſich-
tiges Weſen verwandeln (f), indeſſen daß im uͤbrigen
Koͤrperchen die Schlagadern faſt ſo duͤnne, als die Schlag-
adern ſind. Man koͤnnte hierinnen noch weiter gehen,
und glauben, daß die zwiſchen den halbaufgeloͤſten Grund-
ſtoffen entſtandene Gruͤbchen, da wo ſelbige nach der
Oefnung einer Schlagader hingekehrt ſind, und wo der
Anfall des Blutes die Grundſtoffe zerſtuͤkket, weiter ſind,
und nach der Art eines Kegels in den engen Grund zu-
ſammen laufen; daß ſich aber in dieſen Gruͤbchen, als
an einem, von der Achſe der Schlagader mehr abgele-
genen Orte, welcher daher mehr Ruhe genieſſet, die
Nahrung leichter anſezzt, und endlich dahin, als nach
dem Ende des, von dem Perpendikel fuͤhrenden radii,
von der Seitenkraft hingetrieben wird.

Doch es wird nicht blos die Wand der Schlagader
zuſammen gedruͤkkt, ſondern auch die kleinen Hoͤlungen
in dem herumliegenden Fadengewebe ausgedruͤkket, es
wird ſich der fluͤßigere Theil von dem dikkern ſcheiden,
und in die Blutaͤderchen eingeſogen werden; was aber
ziemlich dikke iſt, wird ſich einander naͤher kommen, und
ebenfalls beruͤhren, und folglich wird daſſelbe zugleich mit
der Schlagader feſte werden. Und ſo wird ſich der
Schleim in das Fadengewebe verwandeln.

Dieſe Wuͤrkſamkeit wird ſich bis auf die Muskelfa-
ſer, und auf die membranoͤſe Gewebe, ja ſo gar bis auf
die Knochen aller Orte erſtrekken: und ſo wird das gal-

lert-
(f) Form. du poulet. II. p. 194.
H. Phiſiol. 8. B. H h
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0533" n="479[481]"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">IV.</hi> Ab&#x017F;. Das Leben der Frucht.</hi></fw><lb/>
Lager verdrengt, dasjenige aber, was leimartig i&#x017F;t, zie-<lb/>
het &#x017F;eine Grund&#x017F;toffe na&#x0364;her an einander, die&#x017F;e greifen<lb/>
fe&#x017F;ter in einander, da &#x017F;ie &#x017F;ich in einer gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;ern Oberfla&#x0364;che<lb/>
beru&#x0364;hren: und folglich wird davon die Schlagader dich-<lb/>
ter gemacht. Am ge&#x017F;chwinde&#x017F;ten werden die&#x017F;e Vera&#x0364;n-<lb/>
derung die Schlagadern neben dem Herzen des Hu&#x0364;hn-<lb/>
chens erfahren, &#x017F;ie werden &#x017F;ich in ein fe&#x017F;tes undurch&#x017F;ich-<lb/>
tiges We&#x017F;en verwandeln <note place="foot" n="(f)"><hi rendition="#aq">Form. du poulet. II. p.</hi> 194.</note>, inde&#x017F;&#x017F;en daß im u&#x0364;brigen<lb/>
Ko&#x0364;rperchen die Schlagadern fa&#x017F;t &#x017F;o du&#x0364;nne, als die Schlag-<lb/>
adern &#x017F;ind. Man ko&#x0364;nnte hierinnen noch weiter gehen,<lb/>
und glauben, daß die zwi&#x017F;chen den halbaufgelo&#x0364;&#x017F;ten Grund-<lb/>
&#x017F;toffen ent&#x017F;tandene Gru&#x0364;bchen, da wo &#x017F;elbige nach der<lb/>
Oefnung einer Schlagader hingekehrt &#x017F;ind, und wo der<lb/>
Anfall des Blutes die Grund&#x017F;toffe zer&#x017F;tu&#x0364;kket, weiter &#x017F;ind,<lb/>
und nach der Art eines Kegels in den engen Grund zu-<lb/>
&#x017F;ammen laufen; daß &#x017F;ich aber in die&#x017F;en Gru&#x0364;bchen, als<lb/>
an einem, von der Ach&#x017F;e der Schlagader mehr abgele-<lb/>
genen Orte, welcher daher mehr Ruhe genie&#x017F;&#x017F;et, die<lb/>
Nahrung leichter an&#x017F;ezzt, und endlich dahin, als nach<lb/>
dem Ende des, von dem Perpendikel fu&#x0364;hrenden <hi rendition="#aq">radii,</hi><lb/>
von der Seitenkraft hingetrieben wird.</p><lb/>
              <p>Doch es wird nicht blos die Wand der Schlagader<lb/>
zu&#x017F;ammen gedru&#x0364;kkt, &#x017F;ondern auch die kleinen Ho&#x0364;lungen<lb/>
in dem herumliegenden Fadengewebe ausgedru&#x0364;kket, es<lb/>
wird &#x017F;ich der flu&#x0364;ßigere Theil von dem dikkern &#x017F;cheiden,<lb/>
und in die Bluta&#x0364;derchen einge&#x017F;ogen werden; was aber<lb/>
ziemlich dikke i&#x017F;t, wird &#x017F;ich einander na&#x0364;her kommen, und<lb/>
ebenfalls beru&#x0364;hren, und folglich wird da&#x017F;&#x017F;elbe zugleich mit<lb/>
der Schlagader fe&#x017F;te werden. Und &#x017F;o wird &#x017F;ich der<lb/>
Schleim in das Fadengewebe verwandeln.</p><lb/>
              <p>Die&#x017F;e Wu&#x0364;rk&#x017F;amkeit wird &#x017F;ich bis auf die Muskelfa-<lb/>
&#x017F;er, und auf die membrano&#x0364;&#x017F;e Gewebe, ja &#x017F;o gar bis auf<lb/>
die Knochen aller Orte er&#x017F;trekken: und &#x017F;o wird das gal-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">lert-</fw><lb/>
<fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#fr">H. Phi&#x017F;iol. 8. B.</hi> H h</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[479[481]/0533] IV. Abſ. Das Leben der Frucht. Lager verdrengt, dasjenige aber, was leimartig iſt, zie- het ſeine Grundſtoffe naͤher an einander, dieſe greifen feſter in einander, da ſie ſich in einer groͤſſern Oberflaͤche beruͤhren: und folglich wird davon die Schlagader dich- ter gemacht. Am geſchwindeſten werden dieſe Veraͤn- derung die Schlagadern neben dem Herzen des Huͤhn- chens erfahren, ſie werden ſich in ein feſtes undurchſich- tiges Weſen verwandeln (f), indeſſen daß im uͤbrigen Koͤrperchen die Schlagadern faſt ſo duͤnne, als die Schlag- adern ſind. Man koͤnnte hierinnen noch weiter gehen, und glauben, daß die zwiſchen den halbaufgeloͤſten Grund- ſtoffen entſtandene Gruͤbchen, da wo ſelbige nach der Oefnung einer Schlagader hingekehrt ſind, und wo der Anfall des Blutes die Grundſtoffe zerſtuͤkket, weiter ſind, und nach der Art eines Kegels in den engen Grund zu- ſammen laufen; daß ſich aber in dieſen Gruͤbchen, als an einem, von der Achſe der Schlagader mehr abgele- genen Orte, welcher daher mehr Ruhe genieſſet, die Nahrung leichter anſezzt, und endlich dahin, als nach dem Ende des, von dem Perpendikel fuͤhrenden radii, von der Seitenkraft hingetrieben wird. Doch es wird nicht blos die Wand der Schlagader zuſammen gedruͤkkt, ſondern auch die kleinen Hoͤlungen in dem herumliegenden Fadengewebe ausgedruͤkket, es wird ſich der fluͤßigere Theil von dem dikkern ſcheiden, und in die Blutaͤderchen eingeſogen werden; was aber ziemlich dikke iſt, wird ſich einander naͤher kommen, und ebenfalls beruͤhren, und folglich wird daſſelbe zugleich mit der Schlagader feſte werden. Und ſo wird ſich der Schleim in das Fadengewebe verwandeln. Dieſe Wuͤrkſamkeit wird ſich bis auf die Muskelfa- ſer, und auf die membranoͤſe Gewebe, ja ſo gar bis auf die Knochen aller Orte erſtrekken: und ſo wird das gal- lert- (f) Form. du poulet. II. p. 194. H. Phiſiol. 8. B. H h

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende08_1776
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende08_1776/533
Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 8. Berlin, 1776, S. 479[481]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende08_1776/533>, abgerufen am 23.11.2024.