Schlagader beziehen, so an einem grössern oder kleinern Stükke blind ist.
Es wird also eine einfache, und an ihrem Ende freye Schlagader ausgestrekkt, und länger gemacht, sie stösset zugleich alle diejenige Theile mit sich fort, welche mit der Schlagader in Verbindung stehen, das Faden- gewebe, die Muskeln, die Knochen selbst, und das ganze Glied. Jn ihrer nächstfolgenden Erweiterung ziehet sie sich indessen wieder zurükke.
Da wir aber annehmen, daß der Widerstand, kleiner als das Eindringen ist, so wird sich eine Schlagader mehr ausdehnen, als zusammenziehen, und also länger dadurch werden. Auf diese Art kann man sich vorstel- len, daß sich durch einen schlechten Stos alle ausdäm- pfende Flokken, und Schlagaderflokken in eine freye Hö- lung des Körpers, so wie die Haare hinein schmiegen, indem in allen diesen das kegelende keinen Drukk leidet, und nichts, in eins fortlaufendes hat, welches getrieben zu werden nöthig hatte, um selbst fortgestossen zu werden.
So wachsen auch diese Theile, die Haare, die Kopf- haare, die Nägel sehr geschwinde.
Es ist dieses nirgends augenscheinlicher, als an den Gefässen der Adermembran wahrzunehmen, welche spä- ter als die Bekleidung des Eyerdotters entsteht, und welches eben diejenige ist, welche man für die Harnhaut gehalten. Die Schlagadern dieser Membran machen ein Nezz, welches in so fern blind ist, indem es einen Sakk ausmacht, dessen freyes Ende blind ist.
Jch habe also diese Membran in der hundert und zwei und vierzigsten Stunde (l) sechs und zwanzig Hun- derttheile, in der hundert sechs und sechszigsten Stunde bereits sechs und sechzig eben solcher Theile, in der hun- dert und neunzigsten Stunde gegen hundert und funf- zig gros befunden. Solchergestalt hatten sich innerhalb
vier
(l) Jn den neuern Anmerkungen.
Die Frucht. XXIX. B.
Schlagader beziehen, ſo an einem groͤſſern oder kleinern Stuͤkke blind iſt.
Es wird alſo eine einfache, und an ihrem Ende freye Schlagader ausgeſtrekkt, und laͤnger gemacht, ſie ſtoͤſſet zugleich alle diejenige Theile mit ſich fort, welche mit der Schlagader in Verbindung ſtehen, das Faden- gewebe, die Muskeln, die Knochen ſelbſt, und das ganze Glied. Jn ihrer naͤchſtfolgenden Erweiterung ziehet ſie ſich indeſſen wieder zuruͤkke.
Da wir aber annehmen, daß der Widerſtand, kleiner als das Eindringen iſt, ſo wird ſich eine Schlagader mehr ausdehnen, als zuſammenziehen, und alſo laͤnger dadurch werden. Auf dieſe Art kann man ſich vorſtel- len, daß ſich durch einen ſchlechten Stos alle ausdaͤm- pfende Flokken, und Schlagaderflokken in eine freye Hoͤ- lung des Koͤrpers, ſo wie die Haare hinein ſchmiegen, indem in allen dieſen das kegelende keinen Drukk leidet, und nichts, in eins fortlaufendes hat, welches getrieben zu werden noͤthig hatte, um ſelbſt fortgeſtoſſen zu werden.
So wachſen auch dieſe Theile, die Haare, die Kopf- haare, die Naͤgel ſehr geſchwinde.
Es iſt dieſes nirgends augenſcheinlicher, als an den Gefaͤſſen der Adermembran wahrzunehmen, welche ſpaͤ- ter als die Bekleidung des Eyerdotters entſteht, und welches eben diejenige iſt, welche man fuͤr die Harnhaut gehalten. Die Schlagadern dieſer Membran machen ein Nezz, welches in ſo fern blind iſt, indem es einen Sakk ausmacht, deſſen freyes Ende blind iſt.
Jch habe alſo dieſe Membran in der hundert und zwei und vierzigſten Stunde (l) ſechs und zwanzig Hun- derttheile, in der hundert ſechs und ſechszigſten Stunde bereits ſechs und ſechzig eben ſolcher Theile, in der hun- dert und neunzigſten Stunde gegen hundert und funf- zig gros befunden. Solchergeſtalt hatten ſich innerhalb
vier
(l) Jn den neuern Anmerkungen.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0530"n="476[478]"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Die Frucht. <hirendition="#aq">XXIX.</hi> B.</hi></fw><lb/>
Schlagader beziehen, ſo an einem groͤſſern oder kleinern<lb/>
Stuͤkke blind iſt.</p><lb/><p>Es wird alſo eine einfache, und an ihrem Ende<lb/>
freye Schlagader ausgeſtrekkt, und laͤnger gemacht, ſie<lb/>ſtoͤſſet zugleich alle diejenige Theile mit ſich fort, welche<lb/>
mit der Schlagader in Verbindung ſtehen, das Faden-<lb/>
gewebe, die Muskeln, die Knochen ſelbſt, und das ganze<lb/>
Glied. Jn ihrer naͤchſtfolgenden Erweiterung ziehet ſie<lb/>ſich indeſſen wieder zuruͤkke.</p><lb/><p>Da wir aber annehmen, daß der Widerſtand, kleiner<lb/>
als das Eindringen iſt, ſo wird ſich eine Schlagader<lb/>
mehr ausdehnen, als zuſammenziehen, und alſo laͤnger<lb/>
dadurch werden. Auf dieſe Art kann man ſich vorſtel-<lb/>
len, daß ſich durch einen ſchlechten Stos alle ausdaͤm-<lb/>
pfende Flokken, und Schlagaderflokken in eine freye Hoͤ-<lb/>
lung des Koͤrpers, ſo wie die Haare hinein ſchmiegen,<lb/>
indem in allen dieſen das kegelende keinen Drukk leidet,<lb/>
und nichts, in eins fortlaufendes hat, welches getrieben<lb/>
zu werden noͤthig hatte, um ſelbſt fortgeſtoſſen zu werden.</p><lb/><p>So wachſen auch dieſe Theile, die Haare, die Kopf-<lb/>
haare, die Naͤgel ſehr geſchwinde.</p><lb/><p>Es iſt dieſes nirgends augenſcheinlicher, als an den<lb/>
Gefaͤſſen der Adermembran wahrzunehmen, welche ſpaͤ-<lb/>
ter als die Bekleidung des Eyerdotters entſteht, und<lb/>
welches eben diejenige iſt, welche man fuͤr die Harnhaut<lb/>
gehalten. Die Schlagadern dieſer Membran machen<lb/>
ein Nezz, welches in ſo fern blind iſt, indem es einen<lb/>
Sakk ausmacht, deſſen freyes Ende blind iſt.</p><lb/><p>Jch habe alſo dieſe Membran in der hundert und<lb/>
zwei und vierzigſten Stunde <noteplace="foot"n="(l)">Jn den neuern Anmerkungen.</note>ſechs und zwanzig Hun-<lb/>
derttheile, in der hundert ſechs und ſechszigſten Stunde<lb/>
bereits ſechs und ſechzig eben ſolcher Theile, in der hun-<lb/>
dert und neunzigſten Stunde gegen hundert und funf-<lb/>
zig gros befunden. Solchergeſtalt hatten ſich innerhalb<lb/><fwplace="bottom"type="catch">vier</fw><lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[476[478]/0530]
Die Frucht. XXIX. B.
Schlagader beziehen, ſo an einem groͤſſern oder kleinern
Stuͤkke blind iſt.
Es wird alſo eine einfache, und an ihrem Ende
freye Schlagader ausgeſtrekkt, und laͤnger gemacht, ſie
ſtoͤſſet zugleich alle diejenige Theile mit ſich fort, welche
mit der Schlagader in Verbindung ſtehen, das Faden-
gewebe, die Muskeln, die Knochen ſelbſt, und das ganze
Glied. Jn ihrer naͤchſtfolgenden Erweiterung ziehet ſie
ſich indeſſen wieder zuruͤkke.
Da wir aber annehmen, daß der Widerſtand, kleiner
als das Eindringen iſt, ſo wird ſich eine Schlagader
mehr ausdehnen, als zuſammenziehen, und alſo laͤnger
dadurch werden. Auf dieſe Art kann man ſich vorſtel-
len, daß ſich durch einen ſchlechten Stos alle ausdaͤm-
pfende Flokken, und Schlagaderflokken in eine freye Hoͤ-
lung des Koͤrpers, ſo wie die Haare hinein ſchmiegen,
indem in allen dieſen das kegelende keinen Drukk leidet,
und nichts, in eins fortlaufendes hat, welches getrieben
zu werden noͤthig hatte, um ſelbſt fortgeſtoſſen zu werden.
So wachſen auch dieſe Theile, die Haare, die Kopf-
haare, die Naͤgel ſehr geſchwinde.
Es iſt dieſes nirgends augenſcheinlicher, als an den
Gefaͤſſen der Adermembran wahrzunehmen, welche ſpaͤ-
ter als die Bekleidung des Eyerdotters entſteht, und
welches eben diejenige iſt, welche man fuͤr die Harnhaut
gehalten. Die Schlagadern dieſer Membran machen
ein Nezz, welches in ſo fern blind iſt, indem es einen
Sakk ausmacht, deſſen freyes Ende blind iſt.
Jch habe alſo dieſe Membran in der hundert und
zwei und vierzigſten Stunde (l) ſechs und zwanzig Hun-
derttheile, in der hundert ſechs und ſechszigſten Stunde
bereits ſechs und ſechzig eben ſolcher Theile, in der hun-
dert und neunzigſten Stunde gegen hundert und funf-
zig gros befunden. Solchergeſtalt hatten ſich innerhalb
vier
(l) Jn den neuern Anmerkungen.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 8. Berlin, 1776, S. 476[478]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende08_1776/530>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.